Maskulismus
Das Wort Maskulismus ist eine Analogbildung zu Feminismus, das von der "Neuen Männerbewegung" als Selbstbezeichnung verwendet wird. Gemeint ist damit vor allem eine Reaktion auf feministische Forderungen und Umsetzungen, durch die Vertreter der Bewegung eine Benachteiligung von Männern sehen. Im Gegensatz zum Feminismus begreift sich die Neue Männerbewegung nicht als theoretisches Konstrukt, sondern in erster Linie als eine Initiative mit dem Ziel, als fehlerhaft empfundene politische Maßnahmen auf der Grundlage des Rechtsstaatsprinzips zu korrigieren.Während der Maskulismus sich selbst als emanzipatorische Bewegung versteht, sehen seine Kritiker und Kritikerinnen darin eine Ansammlung reaktionärer Kräfte. Der kleinste gemeinsame Nenner dürfte sein, dass Maskulisten Interessen von Männern vertreten wollen, von denen sie glauben, dass sie in der bisherigen gesellschaftlichen Debatte zu kurz kommen.
Die Website http://www.maennerrat.de/ definiert Maskulist wie folgt:
- Anhänger, bzw. Vertreter des Maskulismus (Richtung der Männerbewegung, die von den Bedürfnissen der Männer ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen anstrebt.)
Die Neue Männerbewegung ist eine relativ junge soziale Bewegung, die Ende der 1990er Jahre zum Teil aus der Männerbewegung hervorgegangen ist. Im Gegensatz zu letzterer beschränkt sie sich nicht auf ein Herauslösen des Mannes aus seiner traditionellen Geschlechterrolle, sondern strebt im wesentlichen eine grundlegende Veränderung der Gleichstellungspolitik zugunsten der Männer an. Bestandteil der Neuen Männerbewegung ist eine mehr oder weniger fundierte Feminismuskritik. Aus der Sicht des Maskulismus wird der seit den 1980er Jahren stetig wachsende politische Einfluss des Feminismus kritisiert, der zum Teil zu einer Frauenförderung führe, die de facto auf Ungleichbehandlungen beruhe. Zugleich wird der Emanzipationsbewegung vorgeworfen, sich seit 1968 nur mit der Modernisierung des traditionellen Rollenbildes der Frau beschäftigt zu haben. Deswegen sei eine der Frauenemanzipation ebenbürtige Männeremanzipation weitgehend ausgeblieben. Maskulismus versteht sich insofern nicht als eine der Frauenbewegung diametral entgegengesetzte, anachronistisch-konservative Bewegung, wie ihm oft vorgeworfen wird. Vielmehr bildet die "Neue Männerbewegung" ein Sammelbecken für Angehörige verschiedener politischer Gesinnungen, die sich auf die Lösung männerspezifischer Probleme verständigt haben.
In den USA ist die "maskulistische Bewegung" etwa 15 Jahre älter als in Deutschland. Wurzeln des Maskulismus in Deutschland liegen u.a. in der "Väterbewegung".
Mitglieder der "Neuen Männerbewegung" thematisieren eine Reihe von Sachverhalten als problematisch. Als gemeinsamer Nenner wird dabei die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen aus Sicht der Maskulisten zugunsten der Frauen herausgestellt.
Einen Schwerpunkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Maskulisten stellt der Hinweis auf männliche Opfer häuslicher und sexueller Gewalt dar. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf Forschungsergebnisse, denen zufolge bei häuslicher Gewalt (jeweils inklusive der so genannten verbalen Gewalt) die Täterschaft in etwa gleichem Ausmaß zwischen Männern und Frauen verteilt sei. Umstritten ist hier allerdings, inwieweit verbale und körperliche Gewalt gleichgesetzt werden kann. Von Maskulisten wird angeführt, dass es in Deutschland bisher nur zwei Hilfsprojekte spezifisch für männliche Opfer häuslicher Gewalt gibt. Laut Gesetz stehen Männern wie Frauen die hunderte von öffentlichen Beratungs- und Kriseninterventionsstellen für Gewaltopfer offen, die in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern. Laut der Maskulisten werden aber männliche Gewaltopfer, insbesondere wenn sie Opfer von Frauengewalt werden, häufig nicht ernst genommen. Auch erfolge in diesen offenen Stellen vorwiegend eine Sensibilisierung auf die Frau als Opfer. So gibt es z.B. bei der Polizei ausschließlich eine Beauftragte für Frauen und Kinder die gerade bei häuslicher Gewalt aktiv wird. Auch das Gewaltschutzgesetz wurde unter dem Motto "Der Täter geht, die Geschlagene bleibt" eingeführt und meist muss, unabhängig davon wer die geschlagene Person in einem Streit war, der Mann die gemeinsame Wohnung verlassen.
Aus Sicht der Maskulisten wird insbesondere die Berichterstattung über häusliche Gewalt kritisiert, da dort vor allem Frauen als Opfer erscheinen. Häusliche Gewalt sei nur zu überwinden, wenn nicht länger ein Schwarzweißbild von bösen Männern, die brave Frauen prügeln, gezeichnet werde.
Ein spezielles Problem stellen aus maskulistischer Sicht Falschbezichtigungen bei Vergehen wie sexuellem Missbrauch und bei anderen Formen sexueller Gewalt dar.
Im Schulunterricht sollen aus Sicht der Maskulisten spezielle pädagogische Angebote für Jungen erarbeitet werden. Hauptverantwortlich für die Defizite von Jungen sind laut der Maskulisten die Beschränkung der Förderung auf Mädchen, sowie das überholte Bild der Rollenverteilung in Bezug auf Opfer und Täter. Teilweise werden Frauen von Maskulisten als heute noch zumeist den Hauptteil der Erziehungsarbeit tragende Mütter für soziale Defizite bei Jungen verantwortlich gemacht.
Nach Ansicht vieler Maskulisten ist es im politischen Bereich nicht hinnehmbar, Frauen stärker als Männer zu fördern. So wird kritisiert, dass es in Deutschland keinen Männerminister gibt. Teilweise wird die Abschaffung von Frauenbeauftragten zugunsten von paritätisch mit Frauen und Männern besetzten Gleichstellungsbüros gefordert. Dem liegt implizit die Annahme zugrunde, dass Männer und Frauen in der heutigen Gesellschaft gleichermaßen geschlechtsspezifische Probleme und Nachteile erfahren.
Aus Sicht auf die Analyse wird den Maskulisten vorgeworfen, tatsächlich existierende gesellschaftliche Benachteiligungen von Frauen zu ignorieren und zugleich Eingriffe in die jahrhundertelange männliche Vorherrschaft als Benachteiligung von Männern umzudefinieren. Es werde suggeriert, dass Frauen heute im Prinzip gleichgestellt seien, und dass Frauen und Männer heute im gleichen Maß geschlechtsspezifische Probleme hätten. Die laut den Kritikern vorhandene tatsächliche Ungleichheit der Geschlechter in Bezug auf den Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und auf gesellschaftliche Teilhabe werde ignoriert. In einigen Themenfeldern wird Maskulisten vorgehalten, naiv oder willentlich mit falschen Zahlen zu operieren, etwa wenn bei der Geschlechterverteilung im Bereich der Täterschaft bei häuslicher Gewalt körperliche und verbale Gewalt gleichgesetzt werden. Maskulistischen Schriften fehle eine wissenschaftlich tragfähige Basis.
Beklagt wird zudem die fehlende Auseinandersetzung der Maskulisten mit der eigenen Männerrolle und dem dazugehörenden Verhalten.
So kritisiert Hans-Joachim Lenz (Dozent für Männerarbeit), dass die Maskulisten es verpassen, ihre eigene Rolle als Männer in einer männerdominierten Gesellschaft und ihre eigenen Herrschaftsinteressen kritisch zu hinterfragen:
In Bezug auf die Zielsetzung des Maskulismus wird die fehlende Absetzung von reaktionären und frauenfeindlichen Mitgliedern bzw. deren Positionen kritisiert. Gerade auch von Autoren der traditionellen Männerbewegung wird im Maskulismus ein Versuch gesehen, unter dem Deckmantel "Gleichheitsgrundsatz" eine überkommene männliche Positionen auf Kosten von Frauen durchsetzen und die männliche Herrschaftsstruktur wiederherstellen zu wollen.
Entstehungsgeschichte
Ziele des Maskulismus
Lebenserwartung und Gesundheit
Thematisiert wird die um sieben Jahre geringere Lebenserwartung von Männern im Vergleich zu Frauen. Als Ursache dafür werden gesundheitliche Folgeschäden der Arbeit sowie tödliche Arbeitsunfälle gesehen, die aufgrund der ungleichen Geschlechterverteilung der Arbeit als "männerspezifisch" angesehen werden. Maskulisten fordern, dass Regierungen Männern stärker vermittelt sollen, dass sie nicht ihre Gesundheit oder ihr Leben beispielsweise in einem der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so bezeichneten "Todesberufe" aufs Spiel setzen müssen, nur um mit dem erzielten Einkommen Frauen zu unterhalten. Zudem soll das Gesundheitssystem stärker auf Männer zugeschnitten werden. Nach maskulistischer Darstellung liege der Wissensstand über den männlichen Körper im Vergleich zum Wissen über den weiblichen Körper um rund dreißig Jahre zurück. Zudem sei der medizinische Fokus auf das weibliche Geschlecht konzentriert. Gefordert wird teilweise ein Männerarzt, der analog zum Frauenarzt die Geschlechtsteile von der Jugend bis ins Alter regelmäßig betreut, untersucht und behandelt. Auch sei es notwendig, gezielt Beratungs- und Hilfsangebote für Männer zu entwickeln, etwa in Bezug auf Depressionen.Schutzmaßnahmen
Männer benötigen nach maskulistischer Auffassung dieselben Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen wie Frauen. Darunter verbirgt sich die Forderung nach der Abschaffung spezifisch auf Frauen ausgerichteter Sozialhilfeprogramme, sowie von Frauentaxis, Frauenparkplätze etc. Begründet wird dies mit der Zahl männlicher Opfer von Gewalttaten.Jungenarbeit
Organisationen, die von Frauen missbrauchte Jungen betreuen, haben nach maskulistischer Auffassung ebenso ein Anrecht auf staatliche Unterstützung wie das umgekehrt für Gruppen gilt, die sich von Männern missbrauchten Kindern widmen. Diffamierung
Ein zentrales Anliegen vieler Maskulisten ist die von ihnen so wahrgenommene sexistische Herabwürdigung von Männern in den Medien. Gemeint sind damit Slogans wie "Männer sind Schweine" (Titel eines Liedes der Ärzte), "Nur ein toter Mann ist ein guter Mann" (Buchtitel), "Ich bremse auch für Männer" (Autoaufkleber) oder Artikel über das männliche Geschlecht wie z.B.: "Jetzt auch Biologen: Der Mann ist ein Mangelwesen der Natur, sein Y-Chromosom verkümmert, der Mann ist dem Untergang geweiht" (Spiegel). Diese Formulierungen sind aus Sicht der Maskulisten diskriminierend (wie es bei analogen Formulierungen mit anderen Kollektivgruppen deutlich wird). Entsprechend wird das Recht auf Anerkennung als schützenswerte Rechtsperson und als Mensch für Aussagen über Männer eingefordert.Gleichheitsgrundsatz
Auf der Grundlage des Gleichheitsgrundsatzes der Verfassung fordern Maskulisten etwa einen für Frauen wie Männer geltenden Wehr- und Ersatzdienst. Die öffentliche Finanzierung von Institutionen, die nur von Frauen genutzt werden dürfen, wird abgelehnt (etwa universitäre Frauenbibliotheken, Zuschüsse für Frauenhäuser etc.). Scheidung und Sorgerecht
Da ein großer Teil der Maskulisten aus der Väterbewegung hervorging, wurden auch deren Anliegen in großen Teilen übernommen. Als Grundproblem wird genannt, dass viele Väter für ihre Kinder zwar Unterhalt zahlen müssen, die Mütter aber den Kontakt mit ihnen sabotierten. Grundsätzlich sollte nach Auffassung vieler Maskulisten Sorge- und Umgangsrecht bei beiden Eltern liegen, gleichgültig ob sie verheiratet, geschieden oder getrennt leben. Die gemeinsame Verantwortungsgemeinschaft für das gezeugte Leben könne nicht einseitig zerstört werden. Insbesondere uneheliche Väter müssten aus ihrer weitgehend rechtlosen Position befreit werden. Wissenschaftskritik
Kritisiert wird ferner, dass im akademischen Bereich Gender Studies einen feministischen Blickwinkel einnehmen würden. Hier sei entweder eine neutrale Perspektive oder eine gleichberechtige Darstellung von Frauen- wie Männerperspektive notwendig.Kritik an der Rollenverteilung
In der Neuen Männerbewegung sind zunehmend Strömungen vorhanden, die kritisieren, dass der Feminismus sich ausschließlich darum bemüht hat, für Frauen ein neues Rollenverständnis geschaffen zu haben, was zulasten der Rolle der Männer gegangen sei. Unter anderem sei von Feministen die Parole "Jeder Mann ist ein potentieller Vergewaltiger" erfunden und das Bild vom Mann als Täter und der Frau als Opfer verbreitet worden. Eine Veränderung zugunsten beider Geschlechter sei dadurch verbaut worden, so dass Männer "frauentypische" Berufe wie Grundschullehrer und Kindergartenerzieher nicht als attraktiv betrachten, noch dort gerne von der Gesellschaft oder manchen Müttern gesehen werden.Kritik am Maskulismus
Sowohl aus der Männerbewegung wie aus einer Perspektive der weiblichen Emanzipation heraus wird der Maskulismus heftig kritisiert. Grundlage ist in beiden Fällen die Aussage, dass der Maskulismus letztlich auf eine Revitalisierung traditioneller Geschlechterrollen hinzielt (Backlash). Kritisiert wird dabei sowohl die Analyse der Maskulisten als auch ihre Zielperspektive.
Ein wichtiger hier genannter Punkt ist eine identitätspolitische Geschlechterfixierung: aus biologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen werden von Maskulisten soziale Normen des Verhaltens von Männern und Frauen abgeleitet. Trotz der Betonung des Gleichheitsgrundsatzes wird oftmals von einer prinzipiellen Verschiedenheit von Männern und Frauen ausgegangen. Neuere Erkenntnis zur gesellschaftlichen Konstruktion der Geschlechterrollen ("doing gender") werden weitgehend ignoriert.Gesellschaftliche Relevanz
Bisher ist der Maskulismus eine weitgehend auf populäre Veröffentlichungen und das Internet beschränkte Bewegung. Im Rahmen eines allgemeinen gesellschaftlichen Backlash sowie aus einer konservativen Sicht auf das Geschlechterverhältnis werden einzelne -- gleichstellungs- und feminismuskritische -- Forderungen des Maskulismus aufgenommen, ohne sich jedoch explizit auf das von Maskulisten zu diesen Forderungen errichtete Gedankengebäude zu beziehen. Ein positives Beispiel dafür ist die Einführung für berufsinformierende Veranstaltungen für Jungen in Baden-Württemberg zur Zeit des Girlsday in neun verschieden Städten. Ein negatives Beispiel für eine gesellschaftliche Bezugnahme auf maskulistische Ideen ist die im Sommer 2003 durch Artikel im Feuilleton u.a. der FAZ initiierte Diskussion über Frauen in gesellschaftlichen Leitungsfunktionen.Maskulistische Literatur
Weblinks (zu maskulistischen Seiten)