Mainzer Republik
Als Mainzer Republik wird der kurzlebige Freistaat bezeichnet, der von März bis Juli 1793 unter dem Schutz der französischen Revolutionstruppen auf dem Gebiet des heutigen Rheinhessen und der Pfalz bestand und der das erste, auf bürgerlich-demokratischen Grundsätzen beruhende Staatswesen auf deutschem Boden gewesen ist.
Table of contents |
1.1 Vorgeschichte
2 Literatur1.2 Die deutschen Jakobiner 1.3 Die Gründung der Republik 1.4 Das Ende des Freistaats 3 Weblinks |
Geschichte der Mainzer Republik
Vorgeschichte
Zu Beginn des 1. Koalitionskrieges versuchten preußische und österreichische Truppen unter Führung des Herzogs von Braunschweig die Revolution in Frankreich zu ersticken und König Ludwig XVI wieder in seine alten Rechte einzusetzen. Dieser Versuch scheiterte am 20. September 1792 in der Kanonade von Valmy. Die französische Revolutionsarmee ging zum Gegenangriff über, drang unter General Custine Ende September in die Pfalz ein und besetzte am 22. Oktober 1792 Mainz. Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal hatte die Stadt bereits verlassen.
Die deutschen Jakobiner
Bereits am Tag nach der Besetzung gründeten 20 Mainzer einen Jakobinerclub. Mit ihren später gegründeten Ablegern in Speyer und Worms warben die deutschen Jakobiner im Sinne der Aufklärung für die Ideale der Französischen Revolution von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Zu den Gründungsmitgliedern des Mainzer Clubs gehörte der Universitätsbibliothekar und Naturforscher Georg Forster, weitere Professoren und Studenten der Universität, aber auch Kaufleute und sogar Beamte des Kurstaats.
Custine versuchte die eroberten Gebiete zunächst mit Hilfe der alten kurmainzischen Verwaltung zu regieren, setzte aber bald revolutionsfreundliche Verwaltungen (Munizipalitäten) in den Städten Mainz, Speyer, Worms und Bingen sowie eine Allgemeine Administration für das gesamte Besatzungsgebiet ein. Dabei griff er auf die Jakobinerclubs zurück, deren Mitglieder in Städten und Dörfern nun massiv für die Gedanken der Revolution warben - mit Flugschriften, Plakaten, Proklamationen, aber auch spektakulären Propagandaktionen, wie der Errichtung von Freiheitsbäumen. Mitte Dezember 1792 ergab eine Umfrage in 40 Gemeinden, dass etwa drei Viertel der Bevölkerung eine Umgestaltung der Staatsordnung nach französischem Vorbild befürwortete.
Die Gründung der Republik
Bis zu diesem Zeitpunkt waren alle Entscheidungen der Bevölkerung im Besatzungsgebiet ohne äußeren Druck erfolgt. Dies änderte sich um die Jahreswende 1792/93. Aufgrund der Erfahrungen in den ebenfalls eroberten Gebieten der Österreichischen Niederlande, deren Bevölkerung wenig Bereitschaft zur Revolution zeigte, hatte der Konvent in Paris am 15. Dezember beschlossen, demokratische Ordnungen in den besetzten Territorien notfalls auch gegen den Willen der Bevölkerung zu etablieren.
Auch in Mainz erschienen daher Anfang 1793 Kommissare des Konvents. Sie sollten zusammen mit den deutschen Jakobinern die Wahlen zu den Munizipalitäten und zu einer verfassunggebenden Versammlung vorbereiten, forderten von allen Wählern aber bereits im Voraus, einen Eid auf die Grundsätze der Revolution zu leisten. Dieser Eid wurde in vielen Orten verweigert und es kam teilweise sogar zu Repressionen der Jakobiner gegen die Bevölkerung. Die Wahlen zum Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent am 24. Februar 1793 verliefen, an den Maßstäben der Zeit gemessen, dennoch halbwegs demokratisch. 130 Städte und Dörfer aus den Gebieten links des Rheins und südlich der Nahe sandten ihre Abgeordneten nach Mainz.
Das erste auf demokratischem Wege zustande gekommene Parlament der deutschen Geschichte trat am 17. März 1793 im Mainzer Deutschhaus (heute Sitz des Landtages von Rheinland-Pfalz) zusammen. Am folgenden Tag erging das
- Dekret des zu Mainz versammelten rheinisch-deutschen Nationalkonvents vom 18. März 1793, wodurch in dem Striche des Landes von Landau bis Bingen alle bisherigen angemaßten willkürlichen Gewalten abgeschafft werden.
- Der ganze Strich Landes von Landau bis Bingen, welcher Deputierte zu diesem Konvente schickt, soll von jetzt an einen freyen, unabhängigen, unzertrennlichen Staat ausmachen, der gemeinschaftlichen, auf Freiheit und Gleichheit gegründeten Gesetzen gehorcht.
- Der einzige rechtmäßige Souverän dieses Staats, nämlich das freie Volk, erklärt durch die Stimme seiner Stellvertreter allen Zusammenhang mit dem deutschen Kaiser und Reiche für aufgehoben.
Das Ende des Freistaats
Den Delegierten war bewusst, dass der neue Freistaat auf sich allein gestellt nicht lebensfähig war. Daher beschlossen sie schon am 23. März beim Konvent in Paris die Angliederung an Frankreich zu beantragen. Der Delegation, die zu diesem Zweck in die französische Hauptstadt entsandt wurde, gehörte auch Georg Forster an. Am 30. März nahm der Konvent den Antrag der Mainzer Deputierten einstimmig an. Praktische Auswirkungen hatte dieser Beschluss jedoch nicht mehr. Denn mittlerweile waren preußische Truppen auf das Gebiet des Freistaats vorgedrungen und hatten mit der Belagerung und Beschießung von Mainz begonnen. In den vier Monaten bis zur Kapitulation am 23. Juli beschränkte sich das Gebiet der Mainzer Republik also allein auf die Stadt.
Nach dem Abzug der Franzosen und der Besetzung durch die preußischen Truppen sahen sich die deutschen Jakobiner, sofern sie nicht geflohen waren, Misshandlungen und Inhaftierung ausgesetzt. Die so genannte Klubistenverfolgung endete erst 1795, als die französischen Revolutionstruppen erneut zum Rhein vorstießen und das gesamte linksrheinische Gebiet für 20 Jahre an Frankreich angegliedert wurde.
Literatur
Weblinks