Maßregelvollzug
Im Maßregelvollzug (auch forensische Psychiatrie/Forensik genannt) werden Straftäter nach § 63 und nach § 64 Strafgesetzbuch(StGB) untergebracht.Nach dem Strafgesetzbuch werden im Maßregelvollzug psychisch kranke oder suchtkranke Rechtsbrecher untergebracht, die als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig gelten. Immer mehr Rechtsbrecher werden auf unbegrenzte Zeit auch bei weniger schweren Delikten in die forensischen Psychiatrien eingewiesen. In der Vergangenheit konnten Betroffene wegen eines Diebstahls oder aufgrund des Delikts "Homosexualität", das zugleich die psychische Erkrankung des Betroffenen begründete, lebenslänglich freiheitsentziehend untergebrachte werden. Inzwischen gilt aber auch für den Maßregelvollzug der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§ 63 bezieht sich auf schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Straftäter, die aufgrund ihrer Erkrankung als für die Allgemeinheit gefährlich gelten und weil weitere Straftaten (zum Beispiel Sexualdelikte) zu erwarten sind. § 64 bezieht sich auf suchtkrankekranke Straftäter. Beide Gruppen werden im Maßregelvollzug in erster Linie als Patienten betrachtet.
Problematisch ist derzeit die Überbelegung in den Maßregelvollzugs-Einrichtungen, die in der Regel psychiatrischen Kliniken angegliedert sind. Es entsteht zeitweise der Eindruck, dass (da die Justizvollzugsanstalten ebenfalls überbelegt sind) die Maßregelvollzugsparagraphen 63 und 64 vermehrt ausgesprochen werden. Zudem werden die Aufenthalte immer länger, weil die Patienten wegen des öffentlichen Drucks und strengerer Gesetze seltener entlassen werden.
Viele forensische Patienten leiden unter schweren Persönlichkeitsstörungen, andere unter gut zu behandelnden psychischen Erkrankungen. Kliniken für forensische Psychiatrie sollen ein Höchstmaß an Sicherheit für die Bevölkerung und eine sinnvolle Therapie für die Patienten gewährleisten. Die Rechtsgrundlage für die ärztliche Behandlung des Betroffenen regelt das Betreuungsrecht.
Die Sicherheit wird je nach Ausprägung des Krankheitsbildes und der vorhandenen Gewaltbereitschaft durch technische Maßnahmen wie Sicherheitsschleusen, Überwachungskameras, Fenstervergitterung sowie Zäune berücksichtigt. Neue oder als besonders gefährlich eingestufte Patienten werden meist in extra gesicherten Bereichen untergebracht. Die größte Sicherheit kann jedoch durch eine erfolgreiche Therapie erreicht werden.
Die Maßregelvollzugs-Einrichtungen weisen immer wieder darauf hin, dass die Zahl der Entweichungen in letzter Zeit abgenommen habe und insbesondere die Straftaten durch aus dem Maßregelvollzug entwichene Straftäter statistisch kaum ins Gewicht fielen. Dennoch gibt es in den Gemeinden, in denen Maßregelvollzugs-Einrichtungen angesiedelt sind, massive Ängste und Vorbehalte der Bevölkerung.
Modellprojekte in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen beweisen seit Jahren, dass die Rückfallquote durch eine gezielte Nachbetreuung stark gesenkt wird. Als erste Bundesländer werden Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen nun flächendeckend forensische Ambulanzen an den Kliniken einrichten. So sollen Entlassungen beschleunigt werden, ohne das Risiko für die Bevölkerung zu erhöhen.
siehe auch Maßregel der Besserung und Sicherung, Forensik, Betreuungsrecht, Psychiatrie, Antipsychiatrie, Zwangsbehandlung, Psychologie