Mächtigkeit
Dieser Artikel enthält mathematische Symbole. Diese werden in der Tabelle mit mathematischen Symbolen erläutert.In der Mathematik verwendet man den aus der Mengenlehre stammenden Begriff der Mächtigkeit oder Kardinalität, um den für endliche Mengen verwendeten Begriff der "Anzahl der Elemente einer Menge" auf unendliche Mengen zu verallgemeinern.
Für endliche Mengen setzt man die Mächtigkeit gleich der Anzahl der Elemente der Menge, das ist eine natürliche Zahl. Für unendliche Mengen benötigt man etwas Vorarbeit, um ihre Mächtigkeiten zu charakterisieren. Die im folgenden gemachten Definitionen und Folgerungen sind aber auch im Falle endlicher Mengen gültig.
Table of contents |
2 Kardinalzahlen 3 Höchstens gleichmächtig, mächtiger 4 Totale Ordnung der Mächtigkeiten 5 Mächtigkeit der Potenzmenge, Größte Mächtigkeit |
Man definiert zunächst den Begriff der Gleichmächtigkeit zweier Mengen A und B:
Gleichmächtigkeit, Mächtigkeit
Ist A gleichmächtig zu B, dann ist auch die Umkehrfunktion von f eine Bijektion, also ist auch B gleichmächtig zu A. Endliche Mengen sind genau dann gleichmächtig, wenn sie gleich viele Elemente haben.
Man nennt eine Menge, die gleichmächtig zur unendlichen Menge N der natürlichen Zahlen ist, eine abzählbare Menge.
Eine Menge A, die höchstens gleichmächtig zu N ist, heißt höchstens abzählbar. Oft jedoch wird abzählbar als höchstens abzählbar definiert, während eine Menge, die gleichmächtig zu N ist, abzählbar unendlich genannt wird. Dies macht die Formulierung vieler Beweise etwas einfacher. Wir wollen jedoch im Rahmen dieses Artikels die oben zuerst eingeführte Definition von abzählbar verwenden.
Da man leicht zeigen kann, dass die Gleichmächtigkeit von Mengen eine Äquivalenzrelation ist, ergibt die folgende Definition einen Sinn:
Kardinalzahlen
Aleph () ist der erste Buchstabe des hebräischen Alphabets, er wird mit einem Index verwendet, um Kardinalzahlen unendlicher Mengen zu benennen.
Liegt eine Menge A in der Äquivalenzklasse (= Kardinalzahl) alephi, dann sagt man, A hat die Mächtigkeit alephi. Man schreibt dann:
- .
Man kann sich nun fragen, ob alle unendlichen Mengen einander gleichmächtig sind - in dem Fall wären alle unendlichen Mengen abzählbar.
Es stellt sich jedoch heraus, dass es unendliche Mengen gibt, die nicht gleichmächtig zueinander sind, z.B. ist die Menge der natürlichen Zahlen nicht gleichmächtig zur Mengen der reellen Zahlen. Das kann man z.B. mit dem so genannten "Cantorschen Diagonalbeweis zeigen, siehe dazu den Artikel überabzählbar.
Weiter unten wird gezeigt, dass es unendlich viele verschiedene Kardinalzahlen gibt.
Indem man zeigt, dass jede Menge gleichmächtig zu einer Ordinalzahl ist (dies ist die Aussage des Wohlordnungssatzes), kann man jede Kardinalzahl mit der kleinsten ihr gleichmächtigen Ordinalzahl gleichsetzen.
Um die Mächtigkeiten ungleichmächtiger Mengen trotzdem noch vergleichen zu können, legt man fest, wann eine Menge B mächtiger als eine Menge A sein soll:
Da die natürlichen Zahlen eine Teilmenge der reellen Zahlen sind, gilt also:
Höchstens gleichmächtig, mächtiger
Offenbar gilt |A| < |B| genau dann, wenn |A| <= |B| aber nicht |A| = |B| ist.
Man kann zeigen, dass R gleichmächtig ist zur Potenzmenge von N.
Man kann zeigen, dass jede Menge, die höchstens abzählbar ist, entweder endlich oder gleichmächtig zu N ist. Außerdem kann man zeigen, dass jede unendliche Menge eine zu N gleichmächtige Teilmenge enthält.
Damit ist die Mächtigkeit von N die kleinste unendliche Kardinalzahl. Man bezeichnet sie mit aleph0:
- .
Unter Annahme der Kontinuumshypothese definiert man als die Kardinalzahl von R, die nächstgrößere nach .
In dem Fall gilt:
- .
Totale Ordnung der Mächtigkeiten
Bei naiver Betrachtung der Schreibweise könnte man vermuten, dass für Mengen A und B mit |A| <= |B| und |B| <= |A| stets |A| = |B| gilt. Dass das tatsächlich so ist, wird vom folgenden Satz ausgesagt:
- Cantor-Bernstein-Schröder-Theorem: Ist A höchstens gleichmächtig zu B und B höchstens gleichmächtig zu A, dann sind A und B gleichmächtig.
- Es gilt stets |A| = |A| (nimm die Identität als Bijektion).
- Aus |A| <= |B| und |B| <= |A| folgt |A| = |B|.
- Aus |A| <= |B| und |B| <= |C| folgt |A| <= |C| (folgt sofort aus der Definition).
- Für zwei Mengen A und B gilt stets |A| <= |B| oder |B| <= |A| (das ist äquivalent zum Auswahlaxiom).
Wir haben die kleinste (unendliche) Mächtigkeit schon als die von N erkannt, gibt es nun eine größte Mächtigkeit? Das beantwortet der folgende Satz:
Für die Mächtigkeit von P(A) gibt es auch folgende Schreibweise:
Bestimmt man nun die Mächtigkeiten der Potenzmengen von Potenzmengen von Potenzmengen ..., dann sieht man, dass es unendlich viele Kardinalzahlen gibt, und keine mächtigste Menge existiert.
Mächtigkeit der Potenzmenge, Größte Mächtigkeit
Beweis: Dass |A| <= |P(A)| gilt, sieht man, indem man A bijektiv auf die einelementigen Teilmengen von P(A) abbildet. Der Beweis, dass keine Bijektion von A nach P(A) existiert, ist etwas trickreicher. Man betrachtet für eine widerspruchshalber angenommene Bijektion f: A -> P(A) die Menge
Da f als bijektiv vorausgesetzt ist, muss es ein x in A geben mit f(x) = M. Läge nun x in M, dann wäre nach Definition von M x nicht in f(x) = M. Läge x dagegen nicht in M, dann wäre x in f(x) = M, wieder nach der Definition von M. Damit haben wir einen Widerspruch erhalten, der zeigt, dass die angenommene Bijektion f nicht existieren kann.
Beachte aber, dass der entsprechende Ausdruck für unendliche Ordinalzahlen einen ganz anderen Wert liefert, und z.B. 2|N| nicht als ein "Grenzwert" einer Folge (2n) angesehen werden kann.