Ludwig Rubiner
Ludwig Rubiner (* 12. Juli 1881 in Berlin; † 27/28. Februar 1920 in Berlin) war Dichter, Literaturkritiker und Essayist des Expressionismus.Zu seinen wichtigsten Werken gehören das Manifest "Der Dichter greift in die Politik" (1912) und das Drama "Die Gewaltlosen" (1919). Mit seinen "Kriminalsonetten"" (1913) wird Rubiner als Vorläufer des Dadaismus gesehen.
Ludwig Rubiner stammt aus einer ostjüdischen Familie aus Galizien. Sein Vater Wilhelm Rubiner zieht nach Berlin, wo Ludwig am 12. Juli 1881 zur Welt kommt. Rubiner besucht das evangelische Gymnasium und schreibt sich 1902 an der medizinischen Fakultät der Berliner Universität ein. Schon kurze Zeit später wechselt er an die philosophische Fakultät und studiert bis Ende 1906
Musik, Kunstgeschichte, Philosophie und Literatur. Während der Universitätszeit wird er Mitglied der Berliner Freien Studentenschaft, wo er Vorträge über Tolstoj, Strindberg und Wedekind hält und sich mit Theateraufführungen beschäftigt. Seine Unduldsamkeit dem Spießbürgertum des Universitätslebens gegenüber bringt ihn dazu, sich mit dem Berliner avantgardistischen Milieu in Verbindung zu setzen.
1903 lernt er Erich Mühsam, Paul Scheerbart, René Schickele, Ferdinand Hardekopf, Wilhelm Herzog und Herwarth Walden kennen, die mit ihren literarischen Zirkeln und Zeitschriften zu den wichtigsten Vertretern des Expressionismus zu zählen sind. Die Freundschaft mit Walden ermöglicht es Rubiner, seine literarische Tätigkeit zu beginnen.
Sein erstes Gedicht Zu den Höhen erscheint 1904 in der anarchistischen Zeitschrift Der Kampf. 1906 beginnt er wie schon sein Vater eine Zeitungstätigkeit als Kritiker und veröffentlicht bis 1911 Glossen, Theaterkritiken und Gedichte in den Zeitschriften Die Gegenwart, Morgen, Der Demokrat, Das Theater, Der Sturm und Pan. Es handelt sich meist um kurze Schriften über literarische Themen und Persönlichkeiten, Essays über Schriftsteller, Komponisten und Maler, Besprechungen einzelner Werke aus Literatur und Musik, sowie Erläuterungen von Kunstausstellungen.
Was die deutsche Literatur betrifft, bespricht Rubiner Werke von Else Lasker-Schüler, Max Brod, Ernst Blaß, Arthur Holitscher, Peter Hille und Heinrich Mann. In den Artikeln, die von Musik handeln, schreibt er über Debussy, Pfitzner, Schönberg, Strauss, Busoni und Puccini. Was die Malerei angeht, erläutert er die Künstler der Berliner Neuen Sezession, Matisse und Rousseau.
1906 schreibt er das Textbuch für die Oper Waldens Der Nachtwächter, auf das er Mahlers Aufmerksamkeit zu lenken versucht. Die Mitarbeit mit Walden dauert bis Ende 1910, als sie zusammen für den Schlesinger'schen Opernführer die Einleitung zur Madam e Butterfly Puccinis schreiben.
Zwischen 1908 und 1909 reist Rubiner in verschiedene europäische Städte und Länder: ein halbes Jahr verbringt er in Italien (Pisa und Florenz), geht nach Weimar und hält sich schließlich in Russland, Österreich und in der Schweiz auf.
Vom Beginn seiner Tätigkeit als Literaturkritiker interessiert er sich für fremdsprachige Literatur, besonders für die französische und russische, weil er beide Sprachen beherrscht. 1907 schreibt er ein Esssay über Joris-Karl Huysmans, 1909 eines über Fjodor Sologub, von dem er auch mehrere Gedichte übersetzt. Außerdem übersetzt er eine Erzählung von Paul Verlaine und schreibt ein Essay diesmal über den belgischen Schriftsteller Fernand Crommelynck. Weitere Übersetzungen sind Michael Kusmins Roman Taten des großen Alexander (1908) und die Novellen Abende auf dem Gutshof bei Dikanka (1831-1832) von Nikolai Gogol. Veröffentlicht wurden diese Werke in den Zeitschriften Zwei Herrscher, Die Phantasie, Die Gegenwart, Die Schaubühne, Das Theater und Der Demokrat. Bei seinen Übersetzungen arbeitet auch seine Frau Frida Ichack mit, die Rubiner 1908 kennenlernte.
1910 veröffentlicht Rubiner unter dem Pseudonym Ernst Ludwig Grombeck den Kriminalroman Die indischen Opale. Von 1911 bis 1918 arbeitet er bei Franz Pfemferts Zeitschrift Die Aktion mit. Im November 1912 zieht er nach Paris, wo er mit Carl Einstein, Mitarbeiter der Zeitschrift Der Demokrat, in einem kleinem Hotel wohnt.
Hier vermittelt er zwischen der deutschen und französischen Literatur: er schreibt regelmäßig für die Zeitschriften Die Schaubühne, März und Die Aktion Artikel über die wichtigsten französischen Ereignisse der Zeit, die er im Künstlerlokal Cafè du Dôme miterlebt. In der Künstlerkolonie Fleury, die vom holländischen Maler Kees van Dongen gegründet wird, lernt Rubiner Marc Chagall kennen. Dieser stellt seine Bilder in der ersten deutschen Herbsthalle Waldens aus, und Rubiner schließt mit ihm eine wichtige Freundschaft.
1912 verzichtet Rubiner auf die Kulturkritik und wendet sich der Sozialkritik zu. In Paris verfasst er das politische-literarische Manifest der Sozialkritik Der Dichter greift in die Politik, das in demselben Jahr in der Aktion erscheint. 1913 veröffentlicht er Die Kriminalsonette, die er zusammen mit dem reichen, amerikanischen Händler Livingstone Hahn und dem Mitarbeiter der Zeitschrift Die Aktion, Friedrich Eisenlohr, schreibt. Er übersetzt und schreibt das Vorwort zum Abenteuerroman des Landstreichers Vidocq, der in Frankreich während der revolutionären Zeit lebt, der 1920 veröffentlicht wird.
Ab 1914, bereits wieder nach Berlin zurückgekehrt, verfasst er Artikel für die Zeitschrift Die weißen Blätter, bei der er bis 1919 mitarbeitet. 1914 schreibt er die Pantomine für den Stummfilm Der Aufstand, die in der von Kurt Pinthus herausgegebenen Sammlung Das Kinobuch enthalten ist.
Bei Kriegsausbruch geht Rubiner mit seiner Frau freiwillig ins Exil nach Zürich. Während dieser Zeit wird er die Seele einer starken Gruppe von verbannten Intellektuellen und leitet die Zeitschrift Zeit-Echo in den vier Heften von 1917. In der Schweiz unterhält er enge Beziehungen zu der Zeitschrift Die weißen Blätter: 1916 veröffentlicht er dort die Gedichtsammlung Das himmlische Licht, die auch als Buch im selben Jahr erscheint. 1916 veröffentlicht er das Manifest Die Änderung der Welt in der Zeitschrift Das Ziel.
1917 ist ein sehr schöpferisches Jahr: er leitet seine Zeitschrift Zeit-Echo, in der er, noch tätig als Literaturkritiker, den Briefwechsel von Tolstoj unter dem Titel Revolutionstage in Rußland veröffentlicht. Es handelt sich um die Briefe, die Tolstoj seinen innigsten Freunden in der letzten Zeit seines Lebens über die Ereignisse der russischen Revolution schreibt.
In der Aktion veröffentlicht er die programmatische Schrift Der Kampf mit dem Engel, in der von Pfemfert herausgegebenen Sammlung Das Aktionsbuch fünf Gedichte Zurufe an die Freunde und schließlich die Anthologie Der Mensch in der Mitte, in der Rubiner die vorher veröffentlichten Essays sammelt. 1918 übersetzt er zusammen mit seiner Frau Tolstojs Tagebücher und veröffentlicht das Manifest Die Erneuerung in der Zeitschrift Das Forum.
Am 24. Dezember 1918 bekommt er in Zürich einen österreichischen Paß, und am 30. Januar 1918 verläßt er die Schweiz und kehrt über München nach Berlin zurück, wo er in der alten Wohnung von Busoni wohnt.
1919 beginnt er als Lektor beim Verlag Gustav Kiepenheuer in Potsdam zu arbeiten. Er veröffentlicht zum zweiten Mal die Essaysammlung Der Mensch in der Mitte dann zwei Anthologien Kameraden der Menschheit. Dichtungen zur Weltrevolution und Die Gemeinschaft. Dokumente der geistigen Weltwende und das Drama Die Gewaltlosen, das Rubiner zwischen 1917 und 1918 in der Schweiz schreibt. In diesem Jahr veröffentlicht Rubiner auch das Essay Die kulturelle Stellung des Schauspielers in der Zeitschrift Freie Deutsche Bühne.
Im Frühjahr 1919 gründet er in Berlin zusammen mit Arthur Holitscher, Rudolf Leonhard, Franz Jung und Alfons Goldschmidt den Bund Proletarischer Kultur nach sowjetischem Muster. Der Bund entsteht nicht innerhalb der Kommunistischen Partei. Er will mit der Einführung der proletarischen Kultur den Kampf der revolutionären Massen um die Befreiung vom bürgerlichen Wirtschafts- und Bildungsmonopol zu unterstützen. Dem Bund gehört auch das proletarische Theater an, dessen Ziel es ist, der proletarischen Kultur ein Publikum zu geben: die Aufführungen finden in den Fabriken und in industriellen Kreisen statt. Die Aufführung endet mit der Premiere des Dramas Freiheit von Herbert Kranz am 14. Dezember 1919. Der Bund geht 1920 wegen Meinungsverschiedenheiten auseinender, ohne das Drama Die Gewaltlosen aufzuführen.
In der letzten Zeit seines Lebens arbeitet Rubiner zusammen mit seiner Frau an der Übersetzung der Romane und Erzählungen von Voltaire. Unter dem Titel Der Dichter Voltaire hatte er ein Jahr zuvor in den Weißen Blättern ein Essay über Voltaire veröffentlicht, das er als Vorwort für den ganzen Band wählt.
In der Nacht zwischen dem 27. und 28. Februar 1920 stirbt Rubiner infolge einer sechswöchigen Lungenkrankheit in einer Berliner Privatklinik, einige Tage nachdem die Gesellschaft Das junge Deutschland ihm einen Ehrentitel als Würdigung seiner literarischen Tätigkeit verleiht. Am 3. März wird er in Berlin-Weißensee begraben. Die Grabreden werden von Franz Pfemfert und Felix Holländer gehalten.
Aus der Website Die Ludwig Rubiner Homepage mit freundlicher Genehmigung von Barbara Barnini.Schule und Universität
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