Lithografie
Die Litografie bzw. Lithographie (aus dem griechischen lithos Stein und graphein schreiben) ist ein handwerkliches Druckverfahren, Steindruck genannt (siehe auch Grafik und Tiefdruck).
Die Technik der Lithografie
Die zu druckendeende Zeichnung wird mit einer fetthaltigen Substanz auf den speziell zubereiteten (geschliffenen, gekörnten und entfetteten) feinporigen Kalkstein aufgebracht (z. B. Lithokreide oder -tusche). Um die fetthaltige Zeichnung auf dem Stein zu stabilisieren und die nicht zu druckenden Partien für die Farbe unempfindlich zu machen, wird der Stein mit Talk überwischt, welcher es der so genannten Ätze ermöglicht, in alle freien Stellen zu gelangen, und die Ätze (meist eine Mischung aus Gummi Arabicum und Salpetersäure) aufgetragen. Diese reagiert nun mit dem Fettgrund der Zeichnung und stabilisiert diesen im Stein.
Anschließend wird der Stein mit Gummi Arabicum überzogen, welches sodann von der Zeichnung herunter poliert wird, jedoch an den unbezeichneten Stellen im Stein verbleibt.
Ist der Stein getrocknet, wird die Farbe mit einem fetthaltigen Lösungsmittel (Terpentin, Lampenöl o. ä.) ausgewaschen, so dass auf dem Stein die Zeichnung nur noch als Fettgrund zurückbleibt, auf die die ebenfalls fetthaltige Druckerfarbe aufgetragen wird.
Die Zeichnung stößt das Wasser ab (ist also hydrophob) und bindet die Farbe (ist lipophil), während der Stein das Wasser durch die in ihm abgelagerten Gummireste hält und deswegen keine Farbe annimmt.
Wie bei allen direkten druckgrafischen Techniken entsteht so ein spiegelbildlicher Abdruck der Zeichnung.
Der spiegelbildliche Abdruck kann jedoch durch eine spezielle Technik vermieden werden: Zur Übertragung der Zeichnung auf den Stein wird dabei ein spezielles Papier verwendet. Auf diesem erfolgt die Zeichnung mit litografischer Kreide oder Tusche auf dem Papier und wird anschließend auf den Stein übertragen. Diese Technik wird auch Papierlithografie oder Autografie genannt. In der Wissenschaft von den grafischen Techniken gibt es Vertreter, die die Umdruck-Litografie bereits als Grenzfall der Originalgrafik ansehen (siehe auch Grafik, Kapitel Original und Reproduktion). Viele Künstler haben sich jedoch des Umdruckpapiers bedient, neben Daumier und Toulouse-Lautrec auch Nolde, Barlach, Matisse und Kokoschka. Diese Technik hat allerdings einen Qualitätsverlust im Druckbild zur Folge.
Nach der Benutzung kann der Stein, in der Regel ein feinkörniger Kalkstein, durch Abschleifen wiederverwendet werden. In Deutschland wird oft Kalkstein aus der Gegend von Solnhofen (Bayern) benutzt.
Die Geschichte der Lithografie
Die Technik der Lithografie wurde 1798 von Alois Senefelder erfunden. Seit 1803 wurde diese Technik in Frankreich Lithografie genannt. Zunächst wurde der Steindruck nur für nichtkünstlerische Zwecke wie Text- und Notendruck verwendet. Der Musikverleger Andre aus Offenbach am Main veranlasste die Verwendung der Lithografie für die Vervielfältigung von bildnerischen Darstellungen. Er leitete damit die Entwicklung der Künstler-Lithografie ein.
Die Lithografie wurde von den damaligen Künstlern schnell aufgegrifen, denn von allen grafischen Verfahren kommt es der "handschriftlichen" Arbeit am nächsten. Weder braucht der Künstler spezielle chemische Kenntnisse (wie bei Radierung oder Aquatinta), noch muss er wie etwa beim Kupferstich mit Werkzeug die Widerstände des Materials überwinden. Darüber hinaus war die Lithografie in Verbindung mit Druckpressen ein wirtschaftliches Massendruckverfahren, das Vervielfältigungen in nahezu unbegrenzter Zahl erlaubte. Die Lithografie wurde daher nicht nur schnell zur autonomen Kunstform, die es dem Maler und Zeichner erlaubte, den ursprünglichen Charakter der Zeichnung zu bewahren; sie war auch für die Presse in den Zeiten vor der Fotografie ein schnelles Medium, aktuelles Zeigteschehen bildhaft wiederzugeben. Einer der ersten, der dieses Medium deshalb aufgriff, war Honoré Daumier, der über seine in kritischen Zeitschriften veröffentlichten Karikaturen die politischen Zustände von ca. 1830 bis 1872 angriff.
Die Lithografie wurde sehr rasch von der Werbung aufgegriffen. Bedingt durch diese neue, preisgünstige Technik begannen Werbeplakate und Litfaßsäulen das Stadtbild zu verändern. Eine führende Rolle für die Entwicklung der frühen Plakate spielten französische Künstler und unter ihnen vor allem Toulouse-Lautrec. Er bevorzugte großformatige Blätter, verbunden mit einer leicht zu handhabenden Kolorierung von wenigen Farbsteinen in Gelb, Rot und Blau, die auch von der Ferne anziehend wirkten.
Der Siegeszug des Plakates erzeugte einen Bedarf an Spezialisten, aus dem sich um die Jahrhundertwende der Beruf des Plakatgestalters und Grafikdesigners entwickelte.
Die Lithografie ist der Vorläufer des heutigen Offsetdrucks, einem Flachdruck-Verfahren.
Unterarten der Lithografie sind die Pinsel-Lithografie, die Feder-Lithografie und die Kreide-Lithografie.