Lew Kopelew
Lew Kopelew (russisch Лев Копелев) (* 9. April 1912 in Kiew; † 18. Juni 1997 in Köln) war ein russischer Schriftsteller.
Lew Kopelew wurde als Sohn eines jüdischen Agronomen geboren.
Schon früh wurde er mit der deutschen Sprache vertraut, die während seiner Kindheit oft in seiner Umgebung gesprochen wurde.
Er arbeite nach der Grundschule zuerst in einer Lokomotivenfabrik, und später als Lehrer an eine Schule für Erwachsene.
In seiner Jugend war er begeisterter Kommunist, fiel aber aufgrund seiner Nähe zu trotzkistischen Gedanken negativ auf.
Um nicht als Abweicher Opfer der stalinschen Säuberungen zu werden, bemühte er sich, seine kommunistische Treue duch einen gewissen Übereifer zu beweisen.
Er studierte von 1933 bis 1938 Germanistik, Geschichte und Philosophie.
Nach seiner Promotion arbeitete er als Dozent.
Im Jahre 1941 meldete er sich als Freiwilliger zur Armee, wo er wegen seiner guten Deutschkenntnisse zum "Instrukteur für Aufklärungsarbeit im Feindesheer" wurde.
Beim Einmarsch der Roten Armee in Deutschland im Januar 1945 wurde er Zeuge unzähliger Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung Ostpreußens, die ihn zutiefst erschütterten.
Dies lößte in ihm tiefste Scham aus.
Bei seinen Versuchen, Greultaten zu verhindern, erntete er nur Unverständnis und Feindseligkeit bei seine Kameraden und Vorgesetzen.
Wegen "Propagierung des bürgerlichen Humanismus, Mitleid mit dem Feind und Untergrabung der politisch-moralischen Haltung der Truppe" wurde er deshalb dann auch zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt.
Im Gefangenlager lernte Kopelev unter anderen Alexander Solschenizyn kennen, der ihn in seinem Buch "Im erstem Kreis der Hölle" als Lev Rubin auftreten lässt.
Die schreckliche Erfahrung des Straflagers erschüttert seine kommumistischen Ideale noch nicht so sehr, dass er sich vom Kommunismus gundsätzlich abgewandt hätte.
Im Jahre 1954, ein Jahr nach Stalins Tod, kam er schließlich frei.
Nach seiner Freilasung begann er wieder zu schreiben und lernte auch bald seine spätere Frau Raissa Orlowa kennen; im Jahre 1956 heirateten sie.
Lew Kopelew wurde rehabilitiert und konnte als Literaturwissenschaftler und Germanist arbeiten und veröffentlichen.
Im selben Jahr hielt Chruschtschow seine berühmte Rede auf dem auf dem XX. Parteitag der KPdSU, in der er mit dem Stalinismus abrechnet.
Kopelew bekam eine Stelle als Dozent für internationale Pressegeschichte.
Er arbeitet von 1961 bis 1968 am Moskauer Institut für Kunstgeschichte, verfasste eine Bertolt Brecht-Biografie und eine Geschichte der deutschsprachigen Theaterwissenschaft.
Seit Mitte der sechziger Jahre setzte er sich zumehmend für Andersdenkende wie Sacharow und Solschenizyn sowie für den Prager Frühling ein.
Hierdurch geriet er in immer stärkere Opposition zu dem sich wieder verhärtenden Regime.
Er verlor immer mehr den Glauben an den Kommunismus und wurde, als er gegen den Einmarsch anderer kommunistischer Länder in die Tschechoslowakei und die brutale Zerschlagung aller Reformerfolge protestiert, mit Parteiausschluss, Schreibverbot und dem Verlust seiner Selle am Intitut für Kunstgeschichte bestraft.
Damit enden für ihn auch die letzten Hoffnungen, die er in den Kommunismus gesetzt hatte.
Die Wohnung des Ehepaars Kopelew-Orlowa in Moskau entwickelt sich schnell zu einem Anlaufpunkt von Dissidenten und Auslandskorrespondenten, unter ihnen Fritz Pleitgen und Klaus Bednarz.
In dieser Zeit intensivierte sich auch sein Austausch mit Heinrich Böll, dem er schon in den Sechziger Jahren begegnet war.
Das enge Verhältnis zu Böll sollte später sein Leben noch entscheident prägen.
Kopelew wollte reisen, aber er wollte auf keinen Fall seine Heimat aufgeben und ins Exil gehen.
Eine Einladung von Böll und Marion Gräfin Dönhoff zu einer Studienreise nach Deutschland, der ein langes diplomatisches Ringen um eine Rückkehr-Garantie vorausgegangen war, liess Kopelew 1980 das Wagnis eingehen, mit seine Frau ins Ausland zu reisen.
Nachdem Kopelev sich zu Anfang des Jahre mit anderen Intelektuellen für Sacharow eingesetzt hatte, wurde ihm und seiner Frau überaschend im Oktober die Genehmigung zur Ausreise erteilt und Mitte November traf das Ehepaar dann auch in Köln ein.
Doch schon Anfang 1981 wurde die Auslandreise zum Exil - man hatte das Ehepaar ausgebürgert.
Nach einer Reise in die die USA wurde Köln die neue Bleibe für das Ehepaar Kopelew-Orlowa.
Raissa Orlowa hatte wesentlich größere Schwierigkeiten, sich in Deutschland einzugewöhnen, als ihr mit der deutschen Kultur aufs beste vertraute Mann.
Sie berichtet in einem Buch über das ihr nur langsam zur Gewohnheit werdende Leben in Deutschland.
Im Deutschland wurde Kopelew schnell zu einem unermüdlichen Kämpfer für eine Aussöhnung zwischen Russen und Deutschen.
In einem wissenschaftlichen Projekt arbeitete er das Deutschlandbild der Russen und das Russlandbild der Deutschen heraus, um so durch gegenseitiges Verstehen die alten Brücken zwischen beiden Völkern freizulegen und neue zu schaffen.
Damit versuchte er auch all die durch Propaganda und ideologischen Auseinandersetzungen geschaffenen Feindbilder zu zerstören.
In dieser Zeit schrieb er nicht nur viel, sondern war als unermüdlicher Referent, Interview- und Gesprächspartnerpartner sehr gefragt.
Er machte immer wieder auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam und mischte sich überall ein, wo es galt, für Völkerverständigung und gegenseitigen Respekt zu werben.
Kopelew fühlte sich schon früh als Europäer und trat für den Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa ein.
Aufgrund der Perestroika durch Gorbatschow erhielt Kopelew 1989 die Erlaubnis, seine alte Heimatstadt Moskau zu seinen 77. Geburtstag zu besuchen. Sogar noch ein zweites Mal, 1990, besuchte er Russland. Er reiste durch das Land und besuchte alte Freunde, doch das Land war ihm fremd geworden. Da seine Frau Raissa 1989 gestorben war, ging er schließlich wieder nach Köln zurück um dort seine Arbeit zur Versöhnung der Völker fortzusetzen.
Am 18. Juni 1997 starb Lew Kopelew in Köln. Er wurde in Moskau neben seiner Frau Raissa Orlowa beigesetzt.
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