Leben
Leoš Janáček wurde als Sohn eines Dorfschullehrers in dem kleinen Dorf Hukvaldy (dt. Hochwald) im nordöstlichen Mähren, der Lachei, geboren. Er besuchte 1865 das Augustinerstift in Brno (Brünn), 1866-69 die deutsche Realschule und studierte 1869-72 an der Slawischen Lehrerbildungsanstalt. 1872 wurde er dort Musiklehrer und leitete außerdem verschiedenen Chöre.
1874-75 studierte er an der Orgelschule in Prag, wurde 1876 Chormeister des Philharmonischen Vereins Beseda (bis 1890) und befreundete sich mit Antonín Dvořák. 1877 wurde er Privatklavierlehrer von Zdenka Schulzová, die er 1880 heiratete. 1879-80 studierte er am Konservatorium in Leipzig bei Oskar Paul und Leo Grill und 1880 kurz in Wien bei Franz Krenn. Als 1881 die Orgelschule in Brno gegründet wurde, wurde Janáček ihr Direktor; zudem war er 1881-88 Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft.
1890 starb sein 1888 geborener Sohn Vladimír, 1903 seine 1882 geborene Tochter Olga, es kam zu Ehekrisen. Diese persönlichen Erlebnisse spiegeln sich in seiner Oper Schicksal wider. 1904 wurde er als Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt pensioniert. Im gleichen Jahr fand die Uraufführung seiner Oper "Jenufa" statt, mit der Janáček bei ihren Erstaufführungen in Prag 1916 und in Wien 1918 der späte Durchbruch als Komponist gelang.
1915 begegnete er Kamila Stösslová. Die Beziehung zu ihr, die bis zu seinem Tod anhielt, belastete seine Ehe zusätzlich. 1919 wurde Janáček Direktor des neugegründeten Konservatoriums in Brno, nach der Verstaatlichung 1920 Professor einer Meisterklasse für Komposition. Im seinem letzten Lebensjahrzehnt schrieb er nun fast alle seine Meisterwerke: Die Opern Katja Kabanowa, Das schlaue Füchslein, Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus, die beiden Streichquartette, die Sinfonietta und die Glagolitische Messe.
Janáček sammelte jahrelang Volkslieder seiner Heimat und beobachtete die Sprache seiner Landsleute genauso wie die Laute der Natur. Diese Studien flossen dann in seine Kompositionen ein, und die so genannte „Sprachmelodie“ prägte seinen Stil, nicht nur in den Vokalwerken. Auf diese Weise wurde Janáček fernab von den Hauptströmungen der europäischen Musik seiner Zeit zu einem der großen Neuerer des 20. Jahrhunderts und zu einem der bedeutendsten Opernkomponisten überhaupt.
Werke
- Orchesterwerke
- Suite für Streichorchester (1877)
- Idyll für Streichorchester (1878)
- Lašské tance (Lachische Tänze) (1889-90)
- Hanácké tance (Hannakische Tänze) (1889-90)
- Suite (auch Serenade) op.3 (1891)
- Žárlivost (Eifersucht). Vorspiel zu Jenufa (1894)
- Šumařovo dítě (Das Musikantenkind). Ballade für Orchester (1912)
- Taras Bulba. Rhapsodie für Orchester (1915-18)
- Balada blanická (Blaník-Ballade). Sinfonisches Gedicht für Orchester (1920)
- Sinfonietta (1926)
- Dunaj (Die Donau). Sinfonie in vier Teilen (1923-28; unvollendet)
- Kammermusik
- Romanze für Violine und Klavier (1879)
- Dumka für Violine und Klavier (1880)
- Violinsonate (1913-21)
- Pohádka (Märchen) für Violoncello und Klavier (1910; 1923 umgearbeitet)
- Presto für Violoncello und Klavier (um 1910)
- Streichquartett Nr.1 nach Tolstojs Kreutzersonate (1923)
- Streichquartett Nr.2 Intime Briefe (1928)
- Mládí (Jugend). Suite für Bläsersextett (1924)
- Concertino für Klavier mit Kammerorchester (1925)
- Capriccio für Klavier linke Hand mit Kammerorchester (1926)
- Klavierwerke
- Zdenčiny variace (Zdenka-Variationen). Thema con variazioni (1880)
- Národní tance na Moravě (Volkstänze aus Mähren) (1891-93)
- Po zarostlém chodníčku (Auf verwachsenem Pfad) (1901-08)
- Sonata 1. X. 1905 „Z ulice“ (Sonate 1. X. 1905 „Von der Straße“) (1905)
- V mlhách (Im Nebel) (1912)
- Vzpomínka (Erinnerung) (1928)
- Vokalwerke
- Rákos Rákoczy. Ballett mit Gesang (1891)
- Hospodine! (Herr erbarme dich) für Solo-Quartett, gemischten Doppelchor, Orgel, Harfen und Blechbläser (1896)
- Amarus. Lyrische Kantate für Soli, Chor und Orchester (1897)
- Otče náš (Vaterunser). Kantate für Tenor, Chor und Klavier (1901)
- Elegie na smrt dcery Olgy (Elegie auf den Tod der Tochter Olga). Kantate für Tenor, Chor und Klavier (1903)
- Zdrávas Maria (Ave Maria) für Tenor, Chor und Orgel (1904)
- Messe Es-Dur für Chor und Orgel (1907-08, unvollendet)
- Na Soláni čarták (Droben auf der Höhe). Kantate für Männerchor mit Orchester (1911)
- Věčné evangelium (Das ewige Evangelium). Legende für Soli, Chor und Orchester (1914)
- Glagolská mše (Glagolitische Messe). Kantate für Soli, Chor, Orchester und Orgel (1926)
- zahlreiche Männer-, Frauen- und gemischte Chöre
- Lieder
- Jarní píseň (Frühlingslied) (1897; 1905 bearbeitet)
- Zápisník zmizelého (Tagebuch eines Verschollenen). Für Tenor, Alt und drei Frauenstimmen mit Klavier (1917-19)
- zahlreiche Volksliedsammlungen und -bearbeitungen
- Opern
- Šárka (1887-88; UA 1925)
- Počátek románu (Der Anfang eines Romans) (1891; UA 1894)
- Její pastorkyňa (Jenufa oder Ihre Ziehtochter) (1894-1903; UA 1904)
- Osud (Schicksal) (1903-04; UA 1958)
- Výlety páně Broučkovy (Die Ausflüge des Herrn Brouček) (1908-17; UA 1920)
- Káťa Kabanová (Katja Kabanowa) (1919-21; UA 1921)
- Příhody lišky bystroušky (Das schlaue Füchslein) (1921-23; UA 1924)
- Več Makropulos (Die Sache Makropulos) (1923-25; UA 1926)
- Z mrtvého domu (Aus einem Totenhaus) (1927-28; UA 1930)
Literatur
- Kurt Honolka: Leoš Janáček. Sein Leben - sein Werk - seine Zeit. Belser Verlag, Stuttgart und Zürich 1982
Weblinks