Beschreibung
Mara, der grimmige, scharfzähnige, mit einem Tigerschurz bekleidete Dämon des Todes und des Unheilsamen hält das Lebensrad in seinen Krallen. Mara figuriert auch als "Versucher" (z.B. in den Darstellungen von Buddhas Leben) und wird in dieser Funktion von seinen drei Töchtern rati - die Lust, arati - die Unzufriedenheit und tanha - die Gier oft unterstützt. In dieser Rolle wird Mara mit dem christlichen Teufel verglichen. Außerhalb des Rades, frei von der Wiedergeburt, sitzen vor einem Tempel oben rechts der Buddha Gautama und oben links der Transzendente Bodhisattva Avalokiteshvara. Buddha Gautama ist mit der Almosenschale als Ordensgründer dargestellt, seine rechte Hand führt die Erdberührungsgeste aus als Zeichen dafür, dass er die Erde als Zeugin für die Wahrheit seiner Lehre anruft.
Das Rad des Werdens besteht aus vier konzentrischen Kreisen. Verkörpert durch Hahn, Schlange und Schwein jagen sich im Zentrum des Rades die in die Wiedergeburt verstrickenden Leidenschaften Gier (Prinzip der Anziehung), Hass (Prinzip der Abstoßung) und Dummheit (Prinzip der eingeengten Sichtweise) im Kreise. Diese Triebkräfte binden nach der Weltanalyse des Buddha die Wesen an den Wiedergeburtenkreislauf (samsara). Allein durch die Überwindung und Vernichtung dieser Kräfte ist es möglich, dem samsara zu entrinnen und die Erlösung zu erreichen.
Im angrenzenden Ring wird in der rechten, dunklen Hälfte der karmische Abstieg, in der linken, hellen der karmische Aufstieg angedeutet. Üble Taten begehen oder dem Dharma folgen und Gutes tun, zwischen diesen beiden Möglichkeiten hat jeder zu wählen.
Im breiten, anschließenden Ring sind die nach buddhistischem Verständnis sechs Reiche, Welten oder Existenzformen dargestellt, in denen die Wesen je nach der Qualität ihrer Taten (karma) und Tatabsichten (samskara) wiedergeboren werden. Nämlich das Reich der Götter, der Titanen, der Geister, der Höllenwesen, der Tiere, und der Menschen. Jeder wird in der Existenzform wiedergeboren, die er sich durch seine Taten verdient hat. In jedem der Sechs Reiche ist Buddha bemüht, den Wesen dort Erleichterung ihres Loses und die Kenntnis der Buddhalehre zu bringen.
Das Reich der Götter: Die höchste Daseinsform, die ein Wesen verwirklichen kann, nämlich als ein Gott, ist nicht Erlösung; auch die Götter sind von Leiden und Tod nicht frei und unterliegen noch den Zwängen des samsara. Weil das Dasein als Gott aber relativ glücklich ist, ist es umso schwieriger, die Notwendigkeit der Erlösung einzusehen; sie sind durch ihren temporären Glückszustand borniert und lauschen kaum der Belehrung des Buddha.
Das Reich der Titanen: Die Titanen hadern beständig mit den Göttern. Es herrscht ein Kampf. Die Titanen vergönnen andern, dass es diesen auch gut geht. Buddha versucht zwischen den Fronten Frieden zu stiften.
Das Reich der Geister: Hier werden jene wiedergeboren, die in ihrer Vorexistenz habgierig, geizig oder gefräßig waren. Geister werden unaufhörlich von Durst und Hunger gequält. Ihre Bäuche sind aufgebläht, enge Münder und dünne Hälse verunmöglichen fast das Essen. Dazu verwandelt sich jegliches Wasser, dem sie sich nähern, in flüssiges Feuer. Auch das Schlafen wird den Geistern verwehrt, denn dämonische Wesen oder das Heißwerden des Bodens halten sie davon ab, sich hinzulegen. Buddha ermutigt sie, näher zu kommen, und ihm ihre Bitten vorzubringen und zeigt mit der Wunschgewährungsgeste seine Bereitschaft an zu helfen.
Das Reich der Hölle: Das Reich ist zweigeteilt in die heißen und die kalten Höllen. Entsetzliche Qualen erwarten den, der hier wiedergeboren wird, doch sie enden, wenn das unheilsame Karma, das ihn hierher führte, sich erschöpft hat.
Das Reich der Tiere: Der Buddhismus geht davon aus, dass außer den Fischen auch die Tiere fähig sind, die Lehre des Buddha zu verstehen. So versucht Buddha seine Botschaft zu überbringen.
Das Reich der Menschen: Trotz vielem Leiden unterworfen (Geburt, Altern, Tod, Trauer, Trennung) ist die Menschenwelt das günstigste Reich der Wiedergeburt, da es den Menschen am ehesten möglich ist, die Lehre des Buddha zu hören und vielleicht Mönch zu werden. Die Chance, aus dieser Existenzform die Erlösung vom Leiden und der Wiedergeburt zu erreichen, ist höher als in jeder anderen Welt. Das Dasein als Mensch ist deshalb allen andern Existenzformen vorzuziehen. Buddha ermutigt die Menschen mit seiner Geste, näher zu treten und die Lehre des Buddha zu vernehmen.
Im Außenring des Lebensrades sind die verschiedenen Daseinsfaktoren dargestellt, die das Leben jedes Menschen bestimmen. Sie werden als zwölf Glieder (nidana) einer Kette beschrieben, die den Menschen immer wieder hineinzieht in den Kreislauf von Geburt und Tod. Jedes der zwölf Glieder ist nicht alleinige Ursache, sondern eine von mehreren Bedingungen dafür, dass das nächste Glied entsteht.
Die Beschreibung der zwölf Stationen beginnt oben in der Mitte und geht im Uhrzeigersinn weiter.
Eine blinde Greisin mit Topf und Stock, die aus der Sicherheit des Hauses dem Abgrund zutappt (1), symbolisiert die Unwissenheit, die daran schuld ist, dass die meisten Menschen dem Wiedergeburtenkreislauf verhaftet bleiben. Als Folge der Unwissenheit entwickeln sie Tatabsichten (samskara) und schaffen Karma, das sich als zukünftige Wiedergeburt auswirkt. Die Tatabsichten werden durch einen Töpfer (2) dargestellt, der Schalen und Krüge für den zukünftigen Gebrauch herstellt. Von den Tatabsichten programmiert, ergreift das Bewusstsein nach dem Tode eine neue Existenzform, wie ein Affe (3), der sich von einem Ast zum andern schwingt. Die neue Existenzform beginnt mit der Entstehung von Name und Körper, worunter die geistigen und physischen Komponenten der Person zu verstehen sind. Diese sind wie zwei Männer in einem Boot (4) aufeinander angewiesen und müssen solange zusammen bleiben, bis der Strom überquert ist. Die Sechs Sinne des Menschen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Denken) sind vergleichbar mit einem Haus (5) mit sechs Fenstern. Durch diese Fenster schaut er in die Welt, so dass Berührung mit den wahrgenommenen Objekten zustande kommt, symbolisiert durch ein Liebespaar (6). Aus der Berührung erwächst Empfindung, oft schmerzhafte wie der Pfeil im Auge (7), noch öfter verlockende. So entsteht Gier oder Durst, dargestellt durch die Kanne (8), die mit Gerstenbier gefüllt ist. Die Gier veranlasst die Wesen, nach dem Tode wiederum eine neue Existenzform zu ergreifen. Dieses Ergreifen der neuen Daseinsform symbolisiert der Mensch (9), der einen Ast gepackt hat, um Früchte zu pflücken. Das Werden des neuen Wiedergeburtswesens versinnbildlicht das Paar bei der Zeugung bzw. die schwangere Frau (10), Die Geburt in eine neue Daseinsform ist die nächste Station und wird durch eine Gebärende (11) veranschaulicht. Alter und Tod schließen das Werdensrad. Eingeschnürt in ein Tuch, wird die Leiche von einem Träger (12) auf dem Rücken zur Leichenstätte getragen, um dort zerstückelt und von Geiern und Schakalen gefressen zu werden.
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