Lebenslange Freiheitsstrafe
Die lebenslange Freiheitsstrafe ist in vielen Staaten die höchste Strafe, die ein Richter im Strafrecht aussprechen kann. Insbesondere in Europa hat sie sich mit Ausnahme weniger Staaten wie Portugal und Kroatien nach Abschaffung der Todesstrafe durch die EMRK als höchste strafrechtliche Maßregel etabliert.
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2 Deutsches Strafrecht 3 Österreichisches Strafrecht 4 Schweizer Strafrecht 5 Andere Staaten 6 Kritik |
Im Sanktionsrecht der Antike und des Mittelalters spielten Gefängnisstrafen nur eine untergeordnete Rolle. Zu lebenslanger Haft wurden gewöhnlich nur Täter verurteilt, die eigentlich hingerichtet werden sollten, aber vom jeweiligen Herrscher begnadigt wurden oder – bei Inquisitionsprozessen – ihre Lehren bzw. ihren Glauben aus Angst vor dem Tode widerriefen.
Die Strafgesetze ermöglichen in der Regel eine lebenslange Haftstrafe, wenn die Straftat zum Tod eines Menschen führt. Zwingend vorgeschrieben wird sie nur für wenige Taten, die aufgrund ihrer Verwerflichkeit besonders herausstechen: Mord (§ 211 StGB), der besonders schwere Fall des Totschlags (§ 212 Abs. 2 StGB), Völkermord (§ 6 Abs. 1 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VStGB) und Kriegsverbrechen gegen Personen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB).
Bei bestimmten rechtswidrigen Handlungen kann eine lebenslange Gefängnisstrafe, aber auch ein in der Rechtsnorm festgelegtes alternatives Strafmaß (meist Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren) ausgesprochen werden. Darunter fallen vor allem Qualifikationstatbestände, die gegenüber dem Grundtatbestand den (wenigstens leichtfertig verursachten) Tod eines Menschen beinhalten und die Strafe infolgedessen verschärfen. Für bestimmte Taten wurde dafür ein eigener Paragraph geschaffen: Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176b StGB), Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 StGB), Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) und Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c StGB). Bei anderen wird die Strafmaßerhöhung in einem gesonderten Absatz aufgeführt: Erpresserischer Menschenraub (§ 239a Abs. 3 StGB), Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie (§ 307 Abs. 3 StGB), Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 3 StGB), Missbrauch ionisierender Strahlen (§ 309 Abs. 4 StGB) und Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c Abs. 3 StGB). Auch das Völkerstrafgesetzbuch sieht solche Fälle vor, und zwar bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 3 VStGB), Kriegsverbrechen gegen Personen (§ 8 Abs. 4 VStGB) und - nur für den Fall des vorsätzlich herbeigeführten Todes - Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden (§ 11 Abs. 2 VStGB) bzw. Mittel (§ 12 Abs. 2 VStGB) der Kriegsführung.
Schlussendlich lässt der Gesetzgeber die lebenslange Freiheitsstrafe alternativ auch für bestimmte Taten im Bereich des Friedensverrats, Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates zu, und zwar bei Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80 StGB), Hochverrat gegen den Bund (§ 81 StGB), dem besonders schweren Fall des Landesverrats (§ 94 Abs. 1 StGB), Verrat illegaler Geheimnisse (§ 97a StGB) und dem besonders schweren Fall der friedensgefährdenden Beziehungen (§ 100 Abs. 2 StGB).
Mit Ausnahme des Mordes und der Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch verjähren alle der obengenannten Straftaten nach 30 Jahren.
Der Begriff der lebenslangen Freiheitsstrafe wird in § 38 StGB Abs. 1 eingeführt. Dort wird sie als Ausnahme der zeitigen Freiheitsstrafe dargestellt, da ihre Dauer eben nicht auf eine bestimmte Anzahl von Monaten bzw. Jahren, sondern auf ein ganzes Leben festgelegt ist. Liegt ein gesetzlicher Milderungsgrund vor, so tritt an ihrer Stelle eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren (§ 49 StGB). Im Jugendstrafrecht findet sie keine Anwendung, dort beträgt die Höchststrafe 10 Jahre. Laut Statistischem Bundesamt saßen 2003 insgesamt 2080 zu lebenslanger Haft verurteilte Personen in deutschen Gefängnissen (einschließlich Sicherungsverwahrte).
Trotzdem muss dem Verurteilten die Möglichkeit eingeräumt werden, irgendwann die Freiheit wiederzuerlangen. Dies gebieten nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977 das Rechtsstaatlichkeitsprinzip und die Menschenwürde. Aufgrund dieser Forderung hat die Bundesregierung (Deutschland) ein Gesetz auf dem Weg gebracht, dass in § 57a StGB Bedingungen für eine vorzeitige Freilassung auf fünfjährige Bewährung festlegt:
Auch Hafturlaub muss dem Gefangenen ermöglicht werden. Allerdings kann dies gemäß § 13 Absatz 3 StVollzG erst geschehen, wenn mindestens zehn Jahre im Gefängnis (einschließlich Untersuchungshaft etc.) verbüßt worden oder der Gefangene sich bereits im offenen Vollzug befindet.
Österreich normiert in § 18 StGB die Freiheitsstrafe, die entweder auf bestimmte Zeit (höchstens zwanzig Jahre) oder auf Lebensdauer verhängt werden kann, wobei letzteres laut § 36 StGB bei Personen unter 21 Jahren ausgeschlossen ist. Der § 46 Abs. 5 StGB regelt die Möglichkeit einer bedingten Freilassung – 15 Jahre müssen im Gefängnis zugebracht worden sein; Person, Vorleben, Aussichten auf ein redliches Fortkommen und Aufführung während der Vollstreckung müssen zur Annahme verleiten lassen, dass der Täter in Freiheit keine strafbaren Handlungen begeht; die Schwere der Tat darf keine weitere Vollstreckung verlangen. Die Probezeit beträgt nach der Freilassung 10 Jahre (§ 48 Abs. 1 StGB). Jedoch wird nur für Völkermord (§ 321 StGB) zwingend eine lebenslange Haftstrafe verlangt, in anderen Fällen kann sie alternativ zu einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren ausgesprochen werden. Neben Mord (§ 75 StGB) sowie der Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (§ 177a Abs. 2 StGB) trifft dies auf eine Reihe von Straftaten zu, wenn durch sie der Tod eines Menschen - Erpresserische Entführung (§ 102 Abs. 3 StGB), Schwerer Raub (§ 142 Satz 3 StGB), Vergewaltigung (§ 201 Abs. 3 StGB i. V. m. § 201 Abs. 1 StGB) und Schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen (§ 206 Abs. 3 StGB) – oder einer größeren Zahl von Menschen - Brandstiftung (§ 168 Abs. 3 StGB), Luftpiraterie (§ 185 Abs. 2 StGB) und Vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt (§ 186 Abs. 3 StGB) - verursacht wird.
Das Schweizer Strafrecht ermöglicht gemäß Art. 35 StGB "lebenslängliches Zuchthaus" als höchste Strafe "wo das Gesetz es besonders bestimmt". Dies trifft konkret auf vier Tatbestände zu: Als Alternative zu einer Zuchthausstrafe von nicht unter zehn Jahren auf Mord (Art. 112 StGB) sowie Völkermord (Art. 264 StGB), als Alternative zu einer Zuchthausstrafe von nicht unter drei Jahren auf den besonders schweren Fall des Angriffes auf die Unabhängigkeit der Eidgenossen (Art. 266 Abs. 2 Satz 3 StGB) und alternativ zu einer frei wählbaren Zuchthausstrafe auf den besonders schweren Fall der Geiselnahme (Art. 185 Abs. 3 StGB). Ebenso wie in den deutschsprachigen Nachbarstaaten muss dem Gefangenen die Chance gegeben werden, irgendwann wieder ein Leben als freier Mann zu führen. Nach 15 Jahren kann er von der Behörde bedingt entlassen werden (Art. 38 Abs. 1 StGB). Bereits nach zehn Jahren können ihm gewisse Vollzugslockerungen gewährt werden, z.B. die Einweisung in eine freier geführte Anstalt oder die Beschäftigung außerhalb des Strafvollzugs, wobei Einzelheiten von den Kantonen geregelt werden. (Art. 37 Abs. 3 StGB)
In den USA dauert die lebenslange Freiheitsstrafe generell bis zum Tod des Verurteilten an. Wird der Täter von einem Bundesgericht verurteilt, so hat er keinerlei rechtlichen Anspruch auf eine Freilassung, allein der Präsident kann ihn begnadigen. In den einzelnen Bundesstaaten gelten hingegen unterschiedliche Regeln, vielerorts wird dem Verurteilten das Recht auf eine zweite Chance eingeräumt. Zumeist wird schon im Urteil eine Strafe verhängt, welche die lebenslange Haft mit einer Mindestverbüßungszeit verknüpft, nach der eine Freilassung erfolgen kann, z.B. "15 Jahre bis lebenslang" oder "25 Jahre bis lebenslang". Trifft dies nicht zu, so können in der Regel Regierungsbeamte eine Begnadigung aussprechen bzw. Amnestie gewähren. Eine Besonderheit des amerikanischen Strafrechts liegt in Verurteilungen, bei denen die ausgesprochene Haftdauer die Lebenserwartung des Täters übersteigt, beispielsweise eine 200-jährige Strafe.
Immer wieder werden Stimmen von Verbänden und Rechtswissenschaftlern laut, auf die lebenslange Freiheitsstrafe komplett zu verzichten. Ähnlich wie bei der Todesstrafe untermauern Kritiker diese Forderung mit einer ganzen Reihe von Argumenten:
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Deutsches Strafrecht
Voraussetzungen
Realisierung
Eine weitere Möglichkeit, die lebenslange Freiheitsstrafe auszusetzen, ist die Begnadigung durch den Bundespräsidenten (Art. 60 Abs. 2 GG) oder einen Ministerpräsidenten.Österreichisches Strafrecht
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