Leben (Biologie)
Dieser Artikel befasst sich mit dem Leben aus naturwissenschaftlicher Perspektive;
auf weitere Gesichtspunkte weisen die Begriffsklärungs-Artikel Leben (Begriffsklärung) hin.
Allgemein ist das Leben als das geordnete, komplizierte Zusammenspiel meist organischer chemischer Verbindungen eines offenen Systems mit physikalischen und chemischen Wechselwirkungen mit seiner Umwelt definiert.
Definition
Zur Zeit kann die Biologie zur Definition von Leben nur einen Satz von Merkmalen angeben, die erst in ihrer Gesamtheit ein Lebewesen beschreiben. Einige dieser Merkmale findet man auch bei technischen, physikalischen und chemischen Systemen.
- Auf alle lebenden Organismen (Lebewesen) müssen zumindest auf der Ebene der Zelle alle Kennzeichen zutreffen.
- Tote Organismen wiesen in ihrer Vergangenheit alle Kennzeichen auf.
- Latentes Leben haben Organismen, die zwar nicht alle Kennzeichen aufweisen, also toten Organsimen oder unbelebten Gegenständen ähnlich sind, jederzeit aber zu lebenden Organsimen werden können. (Beispiele: Sporen von Bakterien oder Pilzen).
- Unbelebte Gegenstände zeigen zur Zeit ihrer Existenz nicht alle Kennzeichen.
Vergleich Eigenschaften von Lebwesesen und technische Systeme
Kennzeichen | Beispiel Lebewesen | Beispiel Nicht-Lebewesen |
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Energieaustausch mit der Umgebung: |
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Aufnahme | Pflanzen nehmen Lichtenergie auf (Photosynthese) | Felsen nehmen am Tag Wärmeenergie auf |
Abgabe | Säugetiere geben Wärmeenergie ab | und geben sie in der Nacht wieder ab |
Stoffaustausch mit der Umgebung |
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Aufnahme | Nahrungsaufnahme | Betanken eines Autos mit Benzin |
Abgabe | Tiere geben Kohlenstoffdioxid ab | Abgase des Autos |
Stoffwechsel (chemische Umwandlung von Stoffen) | alle Lebewesen (außer Viren, Viroide und Prionen) | brennende Kerze |
Informationsaustausch |
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Empfangen von Information | Pflanzen bestimmen den Sonnenstand | Belichtungsmesser des Fotoapparates misst Lichtstärke |
Senden von Information | Warntracht der Wespen | Verkehrsampel |
Reaktion auf Umweltveränderungen |
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. | Pflanzen richten ihre Blätter nach dem Sonnenstand aus | Der Sonne nachgeführte Solarzellen |
Wachstum |
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Volumenzunahme | Eine Hefezelle nimmt nach der Zellteilung an Volumen zu | Wachstum eines Kochsalz-Kristalls |
Zellteilung | Stammzellen des Knochenmarkes | -- |
Selbstreproduktion (Fortpflanzung) |
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. | Die durch Zellteilung entstandenen Zellen sind ihrer Mutterzelle ähnlich | Bei technischen Systemen noch nicht ausgereift aber theoretisch möglich; sich selbst reporduzierende Computerprogramme sind Praxis. |
stoffliche Grundlage |
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Grundbausteine | Biomoleküle | verschieden |
Informationsträger | DNS, RNS | verschieden |
Eine weitere Eigenschaft von Lebewesen ist ihre Anpassungsfähigkeit, die in ihrer Fähigkeit, auf äußere und innere Reize zu reagieren, begründet ist.
Zeitablauf
Lebewesen haben einen Zeitablauf: Sie werden geboren, sie wachsen, sie verändern sich, sie altern und sterben.
(Bei vielen Einzellern ist potentielle Unsterblichkeit möglich, da aus einer Mutterzelle ohne Substanzverlust zwei Tochterzellen hervorgehen.
- Entstehung aus einem anderen Lebewesen,
- Wachstum,
- Fortpflanzung,
- Krankheit,
- Altern,
- Sterben,
- Tod
Aufbau von Lebewesen
Alle Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Pilze, Bakterien, Archaebakterien und Protisten) sind aus Zellenn aufgebaut. Sowohl die einzelne Zelle als auch die Gesamtheit der Zellen (eines mehrzelligen Organismus) sind strukturiert, das heißt sie bilden ein kompliziert aufgebautes System.
biochemische Bestandteile
Lebewesen enthalten u.a.
Elemente des Lebens
Biologisches Leben benutzt vorwiegend Wasser und Kohlenstoff.
Neben dem Kohlenstoff als Hauptelement der Biomoleküle kommen noch die Elemente Wasserstoff (H), Sauerstoff (O), Stickstoff (N), Natrium (Na), Kalium (K), Chlor (Cl), Phosphor (P), Schwefel (S), Iod (J), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Selen (Se) und einige andere in Lebewesen vor.
Diese Elemente sind insbesondere im Meer in gelöster Form vorhanden, und damit Lebewesen leicht zugänglich.
Die häufig in der Erdkruste vorkommenden Elemente Silizium und Aluminium werden aufgrund ihrer schlechten Wasserlöslichkeit nicht oder nur geringfügig als Bausteine des Lebens benutzt. Edelgase und alle Elemente schwerer als das Selen (Atomgewicht 34) sind keine Bausteine des Lebens oder sind sogar schädigend für Lebewesen.
Die Entwicklung der verschiedenen Arten von Lebewesen wird in der Evolutionstheorie behandelt.
Dieser von Charles Darwin begründete Zweig der Biologie erklärt die
Vielfalt der Lebensformen durch Variation, Mutation, Vererbung und Selektion.
Die Evolutionstheorie behandelt die Veränderung von Lebensformen im Laufe der Zeit und die Entstehung der ersten Lebensformen. Hierzu gibt es
eine Reihe von Konzepten und Hypothesen (beispielsweise RNS Welt, siehe auch Chemische Evolution).
Die ältesten bisher gefundenen fossilen Spuren von Lebewesen sind mikroskopische 'Fäden', die als Überreste von Cyanobakterien gelten.
Allerdings werden diese in 3,5 Mrd. Jahren alten Gesteinen gefundenen Ablagerungen nicht allgemein als Spuren von Leben angesehen.
Einige neuere Ansätze zur Evolutionstheorie gehen davon aus, dass einzelne Gene "egoistisch" (Egoistische Gene) sind.
Hiermit soll ausgedrückt werden, dass der Prozess der Evolution nicht die Art, sondern nur die genetischen Information weiterzugeben sucht.
Beispielsweise lässt es sich so verstehen, dass bei einigen Arten (Löwen, Schimpansen) die Männchen Jungtiere von anderen Männchen töten, um sich schneller mit der Mutter paaren zu können. Das töten von Jungtieren steht dabei der Erhaltung der Art eindeutig entgegen, es erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Gene des neuen Männchens weitergegeben werden und nicht die des älteren. Selbstverständlich soll die bezeichnung "egoistisch" nicht wörtlich verstanden werden, es wird den Genen kein Bewusstsein unterstellt, vielmehr handelt es sich um die Klarstellung, dass letztlich nicht die Erhaltung der Art, sondern die der Gene entscheidend ist.
Viren sind bei strenger Auslegung der Definition für Leben keine Lebewesen, da sie sich weder selbständig fortpflanzen, noch wachsen, noch einen Stoffwechsel haben.
Andererseits sind sie dazu fähig, sich durch Mutation an äußere Einflüsse anzupassen und ihre Erbinformationen weiterzugeben.
Die Existenz der Viren könnte zeigen, dass es in der Lebensentstehung einen Übergang von "noch nicht lebendig" zu "lebendig" gegeben haben kann. Allerdings könnten sich die Viren auch aus "echten" Lebewesen wie den Bakterien entwickelt haben.
Je näher man an der Grenze des Lebens kommt, desto unschärfer wird sie. Viren lassen sich beispielsweise kristallisieren. Sie bestehen aus Proteinhülle und Nukleinsäurekern. Es gibt unter geeigneten Versuchsbedingungen die Degeneration von Viren zu Viroiden. Viroide bestehen dann nur noch aus vermehrungsfähiger Nukleinsäure. Man könnte diese Viroide als "nackte" Viren bezeichnen.
Mischt man solche Viroide und ihre Mutterviren in einem Gefäß, dem man dauernd frische Nukleinsäuren und Aminosäuren hinzufügt, so vermehren sich die Viroide schneller als die echten Viren. Um infektiös zu bleiben, ist die Proteinhülle für sie nicht mehr nötig. Aus dem Virusgenom geht der Teil, der die Hülle kodiert, verloren.
Mittlerweile ist es gelungen die Sequenz des Kinderlähmungsvirus in einem DNS-Syntheseapparat künstlich zu erzeugen. (auf die gleiche weise hat man bereits viele weitere DNS- und RNS-Abschnitte für gentechnische Experimente erzeugt). Den DNS-Strang hat man dann in Zellen eingeschleust und es entstanden komplette, künstliche Polioviren.
Leben und Religion
Unterschiedliche Religionen sehen im Leben eine von
unbelebter Materie zu unterscheidende Daseinsform, die nur aufgrund übernatürlicher Intervention entstanden sein kann.
Das Leben (oder zumindest das menschliche Leben) wird dann oft als
etwas besonderes (Heiliges) angesehen.
Die Naturwissenschaften hingegen versuchen, die Lebensentstehung ohne den Einfluss übernatürlicher Faktoren zu erklären und bieten dazu mehrere Theorien der präbiotischen chemischen Evolution an. Bestimmte Naturwissenschaftler lehnen daher diese Ansicht ab.
Die Vorstellung vieler Religionen vom Ewigen Leben kann aufgrund des unausweichlichen biologischen Todes nicht wissenschaftlich behandelt werden.
Auch das gesamte Leben auf der Erde findet durch die ständig ansteigende Temperatur der Sonne sein unausweichliches Ende.
Die Ansicht vieler Religionen, Leben oder menschliches Leben sei heilig und daher prinzipiell erhaltenswürdig, ist nicht in der Biologie begründbar.
In der Biologie sind Lebewesen bekannt, die nur so lange überleben, bis sie sich fortgepflanzt haben.
Hier scheint die Erhaltung des genetischen Codes einer Art das Hauptziel der Fortpflanzung zu sein. Das einzelne Individuum ist ein Teil dieser Fortpflanzungsstrategie, aber es wird nach Erfüllung seiner biologischen Funktion weniger wichtig. Es altert und stirbt.
In Anlehnung an religiöse Vorstellungen wurde angenommen, dass es 'belebte' und
'unbelebte' Materie gebe. Diese Vorstellung spiegelt sich noch in der Wortwahl "organische Chemie" und "anorganische Chemie" wieder. Heute ist jedoch bekannt, dass jede organische Substanz aus anorganischen
Bestandteilen hergestellt werden kann (erstmals: Harnstoffsynthese durch Wöhler).
Eine andere historische Vorstellung besagte, dass Leben sich aus Unbelebtem
immer wieder neu bildet, z.B. in einem Heu-Wasseraufguss. Diese Theorie wurde als Urzeugung bezeichnet.
Louis Pasteur konnte dieses experimentell widerlegen.
Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, dass im Zellsaft, im Protoplasma, eine besondere Lebenskraft stecken würde.
Vorschlag einer Definition die Viren und Hüpfende Gene (Transposons) mit einschließt:
Das Leben ist durch sich selbst reproduzierende Moleküle gekennzeichnet. Auf der Erde sind dies DNS und RNS. Komplexer entwickeltes Leben umfasst Aufbau und Erhaltung einer künstlichen Umgebung zur verbesserten Selbstreproduktion (Zelle). Evolution beruht auf der Konkurrenz der selbstreproduzierenden Moleküle um die Rohstoffe zur Selbstreproduktion.
Es gibt Dauerformen des Lebens, beispielsweise Pilzsporen, die sehr widrige Umwelteinflüsse wie starke Trockenheit, Hitze und Kälte überstehen können.
Leben in seiner vorhandenen komplizierten Form z.B. der Säugetiere ist wahrscheinlich nicht künstlich erzeugbar, da solche Großtiere aus Millionen
einzelner Zellen bestehen.
Erfolgreichste Tierart auf der Erde: Antarktischer Krill, Euphausia superba, mit einer Biomasse von wahrscheinlich über 500 Millionen Tonnen.
Es hat einen Stoffwechsel, welcher grundsätzlich der selbe ist wie bei jeder anderen Form des Lebens, die wir kennen, nämlich die Oxidation von Kohlenwasserstoff- Verbindungen zu Kohlendioxid wobei Energie in form von Wärme entsteht.
Es wächst und pflanzt sich fort, solange es genährt wird.
Und es reagiert auf äußere Einflüsse.
Und doch ist Feuer kein Lebewesen, da es keinen Körper besitzt.
2. Es gibt Vorstellungen, dass komplexe Computersysteme künstliche Intelligenz und künstliches Leben zeigen können (siehe KI und KL).
Evolution
Das Leben auf der Erde nimmt einen historisch einmaligen Verlauf. Auch wenn man die Ausgangsbedingungen wiederherstellen könnte, würde sich vielleicht ein ähnlicher Ablauf ergeben, aber nicht derselbe der bis heute stattgefunden hat. Der Grund dafür ist die Vielzahl von Zufallentscheidungen, die seit dem Beginn des Lebens bis heute erfolgten. Diese Zufallsentscheidungen werden durch Selektions- und Anpassungsprozesse teilweise wieder ausgeglichen, trotzdem ist ein genau identische Entwicklung unter realen Bedingungen nicht vorstellbar.Grenzfälle biologischen Lebens: Viren
Andere Lebens-Verständnisse (aus biologischer Sicht)
Historische Vorstellungen von Leben
Die Komplexität von Lebewesen und insbesondere die vielen im Mikroskopischen
verborgenen Vorgänge haben in der Vergangenheit immer zu relativen und relativierbaren Erkenntnissen über das biologische Leben geführt. Diese Relativität kann auch für die Gegenwart nicht ausgeschlossen werden.Zitate
Außerirdisches Leben
In Gesteinen vom Planeten Mars wurden Spuren gefunden, die als versteinerte Bakterien gedeutet werden können. Zwar ist es ziemlich strittig, ob diese Bakterien wirklich welche sind, aber man kann davon ausgehen, dass dies von jedem sofort bestätigt werden würde, der nicht weiß, dass der Stein vom Mars stammt. (siehe auch UFO und Exobiologie).Gedanken zum Thema 'Leben'
Leben ist ein offenes dynamisches System und ist in ständiger Interaktion mit der Umwelt.Nicht-Biologische Systeme
Feuer
Das Feuer es entspricht fast allen Grundkriterien des Lebens:Künstliches Leben
Die Frage nach künstlichem Leben ist zweiteilig:
1. Obwohl man nicht erwartet, mehrzellige Organismen in naher Zukunft zu erzeugen, ist es schon gelungen, den Polio-Virus im Labor herzustellen. Damit ist es zwar gelungen, ein biologisches System zu erzeugen. Es konnte aber dabei nicht einmal auf die Mithilfe von Zellen verzichetet werden. Viren zeigen nicht alle Kennzeichen der Lebewesen, sind damit also per definitionem keine Lebewesen.Simulationen von Lebensäußerungen
Conways Game of Life ist ein Beispiel für die Simulation von Populationsentwicklung