Lateralisation
Um die Merkmale der Pegel- und Laufzeitdifferenz an den Ohren einzeln und unabhängig voneinander untersuchen zu können, muss es möglich sein, andere Kombinationen von Signalen direkt den Ohren darzubieten, als sie sich beim normalen Hören einstellen, z. B. zwei Signale gleichen Schalldruckpegels, die lediglich um eine gewisse Zeitspanne gegeneinander verschoben sind. Da hierzu Beschallungen mit Lautsprechern im freien Schallfeld ungeeignet sind, verwendet man für solche Lateralisations-Untersuchungen ausschließlich Kopfhörer. Die Darbietung von unterschiedlichen Ohrsignalen mit Hilfe von getrennt angesteuerten Kopfhörern nennt man dichotisch.Bei Darbietung mit Kopfhörern entsteht das Hörereignis zumeist im oder nahe am Kopf. Aus diesem Grunde wird dabei die Aufgabe der Versuchsperson fast immer darauf beschränkt, die seitliche Auslenkung der Hörereignisse zu beschreiben, und zwar projiziert auf eine beide Ohrkanalgänge verbindende Gerade (?) (nach Blauert). Anmerkung: Es empfiehlt sich, eine eigene Meinung von einem Testergebnis zu haben und nicht einfach zu übernehmen, was Forscher meinen oder von anderen Entdeckern abschreiben. Üblicherweise wird ein Schallereignis in der Mitte oben auf dem Kopf und weniger auf der geraden Verbindungslinie von Ohr zu Ohr lokalisiert. Das mag aber bei den Menschen unterschiedlich sein. Siehe Lokalisation.
Der funktionelle Zusammenhang zwischen so festgestellten seitlichen Auslenkungen des Hörereignisses und Merkmalen der Ohrsignale heißt Lateralisation, im Gegensatz zur Lokalisation bei Stereo-Lautsprecherwiedergabe. Ein Zusammenhang zwischen Lokalisation und Lateralisation derart, dass jedem Punkt auf der Ohrenachse ein bestimmter Seitenwinkel des Hörereignisses entspräche, besteht nicht.
Zweifellos geben jedoch Lateralisationsexperimente Aufschlüsse über die Auswertung interauraler Signalunterschiede durch das Gehör. Es ist möglich, aufgrund ihrer Ergebnisse bestimmte Hypothesen bezüglich der Vorgänge bei der Bildung von Hörereignissen in seitlichen Richtungen aufzustellen, die sich auch auf das räumliche Hören im freien Schallfeld verallgemeinern lassen.
Die Entstehung von Hörereignissen in seitlichen Richtungen setzt unterschiedliche Ohrsignale voraus. Ohrsignalunterschiede spezifischer Art entstehen infolge Beugung, Abschattung und Resonanzen an Kopf und Außenohren. Durch Lateralisationsversuche mit Kopfhörern kann man diese sehr differenzierten Signalunterschiede auf ihre "wirksamen" Bestandteile untersuchen.
Der Ausdruck Lateralisation ist allein für Versuche mit Kopfhörern vorbehalten, bei denen differenzierte Test-Signale den Ohren getrennt dargeboten und auf ihre Bestandteile und ihre Auswirkungen auf die seitliche Richtungsauslenkung untersucht werden. Diese Versuchsergebnisse sind jedoch nur vorsichtig zu interpretieren. Lokalisation gilt dagegen für die Richtungs- und Entfernungszuordnung eines Hörereignisses beim natürlichen Hören und beim Lautsprecherhören.
Merke: Lateralisation ist nicht Lokalisation. Außerdem hat das Kopfhörerhören von üblichen Stereoaufnahmen sicher nichts mit dem natürlichen Hören zu tun und auch nichts mit dem Hören bei der Stereo- Lautsprecherwiedergabe.
Die seitliche Auslenkung einer Phantomschallquelle bei Lautsprecher-Stereofonie wird in einigen Veröffentlichungen falsch mit Lateralisation bezeichnet. Das richtige Wort hierfür ist natürlich Lokalisation.
Anmerkung: In den Ländern Frankreich und Großbritannien werden bisweilen andere Gedanken hierzu vertreten.
siehe auch: lateral