Lateinische Aussprache
Die Lateinische Aussprache unterscheidet sich, wie Linguisten festgestellt haben, von der an vielen Schulen im Unterricht vermittelten Aussprache. Obwohl sich der Aussprachegebrauch seit ca. 100 Jahren vermehrt dem des Klassischen Lateins (wie es zu Ciceros und Caesars Zeiten von gebildeten Sprechern ausgesprochen wurde) anzunähern versucht, ist er nach wie vor von den Aussprachegewohnheiten der Muttersprache der Lernenden beeinflusst.
Für die erwähnte Epoche des Klassischen Lateins kann heute ungefähr folgende Aussprache angenommen werden:
In folgender Übersicht gilt:
- die Vokallängen werden nach heute üblichem Gebrauch als Strichlein über dem Buchstaben angegeben;
- die [annähernd] phonetische Aussprache nach dem System IPA steht zwischen eckigen Klammern;
- in der IPA-Umschrift wird die Vokallänge durch einen Doppelpunkt nach dem Vokal gekennzeichnet (vgl. ō = langes [o:]);
- vor der betonten Silbe steht ein senkrechtes Strichlein, vgl. ['ro:ma]
Table of contents |
2 Diphthonge 3 Konsonanten 4 Betonungsregeln 5 Woher weiß man das alles? |
Eine Betonung auf der letzten Silbe ist bei mehrsilbigen Wörtern also unmöglich. Damit sind die für den heutigen Schulunterricht typischen, zu Unterscheidungszwecken stark betonten Endungen wie z.B. bei Genitiv Sing. manūs = ?[ma'nu:s] im Gegensatz zum Nominativ Sing. manus = ['manʊs] falsch.
Die Entscheidung, welche Silbe bei mehrsilbigen Wörtern zu betonen ist, hängt allein von der vorletzten Silbe ab (sog. "Pänultimaregel"):
Beim Wort Rō-ma = ['ro:ma] wurde also die betonte Silbe ro- mit anderer Tonhöhe gesprochen als das folgende -ma. Wie stark die Tonhöhenänderung war, geht leider aus den Quellen nicht hervor. Ebenso wenig erfahren wir, ob das Latein gar - wie das Altgriechische oder heute das Chinesische - eine Tonsprache war, d.h. ob diese Veränderung zur Unterscheidung verschiedener Wortbedeutungen diente.
Beide Punkte haben gravierende Auswirkungen auf folgendes Problem:
(Fortsetzung folgt.)Vokale
Es ist streng zu unterscheiden zwischen langen und kurzen Vokalen; für Deutschsprachige zu beachten ist insbesondere:
Diphthonge
Außer dem ganz seltenen Konsonanten
Aus alledem ergibt sich, dass der Name des berühmten Diktators, Caesar, im Latein zu Caesars Zeiten wohl ungefähr wie ['kaɪ̯sar] oder eher ['kaɪ̯ʂar], allenfalls auch wie ['kaɪ̯zar] ausgesprochen wurde.
Wenn die Schulaussprache trotzdem bei ['khaɪ̯zaʁ] oder ['khɛ:zaʁ] oder sogar ['tsɛ:zaʁ] bleibt, so kann man das in diesem Falle als überkommene Gewohnheit rechtfertigen.
Wenn die oben dargestellte Aussprache des klassischen Lateins heute in Schule und Universität vergleichsweise wenig bekannt ist, dann liegt dies entweder am mangelnden Interesse der Lehrenden und Lernenden oder an der Einsicht, dass eine akzentfreie Aussprache des Lateins auch angesichts der vielen Unsicherheiten ohnehin nicht zu erzielen und bei einer Sprache ohne muttersprachliche Sprecher auch nicht notwendig ist.Betonungsregeln
Bei der Betonung lateinischer Wörter sind zunächst zwei Probleme zu unterscheiden:Welche Silbe wird betont?
Bei mehrsilbigen Wörtern kann der so genannte Wortakzent nur entweder auf die vorletzte oder auf die drittletzte Silbe fallen.
Achtung: Wenn in einem Text keine Vokallängen angegeben sind, kann man die Vokallänge der vorletzten Silbe nur in Wörterbüchern nachschlagen bzw. auswendig lernen; sonst ist die sog. "Quantität" des Vokals, also dessen Länge oder Kürze, dem Wortkörper selbst nicht anzusehen;
Wie wird die betonte Silbe hervorgehoben?
Im Gegensatz zum Deutschen war das Latein offenbar eine Sprache, in der die betonte Silbe nicht durch eine Erhöhung der Lautstärke, sondern durch eine Veränderung des Stimmtons gekennzeichnet wird.