Kuruzen
Kuruzen, Kuruzzen, Kurutzen (ungarisch kuruczok/kurucok [sg kuruc(z)], slowakisch kuruci [sg. kuruc]) ursprünglich allgemein Kreuzzugteilnehmer, 1514 Teilnehmer des Aufstands von Georg Dózsa, 1671-1711 bewaffnete antihabsburgische Aufständische im Königlichen Ungarn (letzteres sind die Kuruzen ieS).
Table of contents |
2 Zusammensetzung 3 Die Kuruzenaufstände von 1671/72 - 1711 4 Interne Links 5 Weblinks: |
Name und Begriffsbedeutung
Früher war die Herkunft des Namens umstritten, heute sind sich die Historiker mehr oder weniger einig, dass die Bezeichnung vom lateinischen crux, cruciatus (Kreuz, Kreuzigung) abstammt und entsprechend ursprünglich im 15. Jahrhundert allgemein die Kreuzzugteilnehmer (Kreuzträger) im Königreich Ungarn bezeichnete.
Nachdem jedoch 1514 die arme Bevölkerung des Königreichs, die ursprünglich als Kreuzzugteilnehmer-Kuruzen versammelt worden war, im heutigen Ungarn und der Südslowakei gegen den Adel auferstanden war (Aufstand von Georg Dózsa = Ungarischer Bauernaufstand), gewann der Begriff eine neue Bedeutung - er stand für Rebellen, Aufständische u. ä.
Gleich nach Dózsas Aufstand (1514) trat der Begriff jedoch eher in den Hintergrund und wurde erst in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts wieder aufgegriffen. Er taucht dann wieder als "kurus", "kuroc", “kurudsch“ mit der Bedeutung Räuber, Bandit auf.
Nachdem der Begriff 1671 von Meni, dem Belerbeg Pascha von Eger (Ungarn), zur Bezeichnung von überwiegend adeligen Flüchtlingen aus dem Gebiet der Slowakei (damals habsburgisches Gebiet "Königliches Ungarn") verwendet worden war, hat sich der Name schnell eingebürgert und wurde 1671 - 1711 in ungarisch-, slowakisch- und türkischsprachigen Texten als die Bezeichnung für Aufständische im Königlichen Ungarn und nördlichem Siebenbürgen (genauer in der Slowakei, westlichen Karpato-Ukraine und in heutigem Nordostungarn) gebraucht. Es handelte sich dabei um die letzte Phase der seit 1604 andauernden antihabsburgischen Aufstände (1604-1711), die sich bis auf den Aufstand von Franz II. Rákóczi fast ausschließlich auf dem Gebiet der Slowakei abspielten. Franz II. Rákóczi selbst verwendete aber interessanterweise den Namen nicht und statt des Begriffes Kuruzen gebrauchten die damaligen Quellen oft auch das Wort die "Malcontenten" (franz. Unzufriedene, Aufständische).
In den heutigen Geschichtstexten wird der Begriff Kuruzen eigentlich fast nur in dieser letzten Bedeutung verwendet.
An die Kuruzen erinnert auch der deutsche Fluch kruzitürken - Kuruzen und Türken.
Der Gegenbegriff zu Kuruzen waren (seit 1526, häufiger seit 1678) die Labanzen.
Von der ethnischen Zusammensetzung her handelte es sich größtenteils um Slowaken und Ruthenen/Ukrainer, aber auch sehr viele Magyaren.
Die Kuruzenaufstände sind eine Sammelbezeichnung für folgende Aufstände:
Nach der militärischen Niederschlagung der Verschwörung Wesselenyis durch habsburgische (d. h. kaiserliche) Truppen im Jahre 1670, sah die kaiserliche Regierung ihre Gelegenheit zu absolutistischen Maßnahmen. Unter der Leitung von Graf Johann Rotthal nahm im selben Jahr ein Untersuchungsausschuss in Levoča/Leutschau seine Tätigkeit auf und wurde zu einem Sondergericht in Bratislava/Pressburg umgewandelt, der 1671 über 200 verdächtige Adelige (einschließlich protestantischer Kleriker) vorlud. Die meisten wurden wieder entlassen, einige bekamen lebenslänglich, sieben wurden aber hingerichtet (3 davon in Bratislava). Viele flohen bereits 1670 massenweise nach Siebenbürgen (selbständiger türkischer Vasallenstaat) oder in das von den Türken direkt besetzte Ungarn und ihre Besitztümer wurden von den Habsburgern beschlagnahmt (Familien Nádasdy, Zrinski, Thököly, Wesselenyi u. a.). Darüber hinaus wurde die Gegenreformation verstärkt und die Steuern deutlich angehoben. Es wurden oft habsburgische Truppen eingesetzt, um den Protestanten ihre Kirchen gewaltsam zu entreißen, was diverse Unruhen hervorrief.
Den geflohenen Adeligen im Exil, die sich selber als bujdosók (ung. Landflüchtlinge) bezeichneten, schlossen sich bald schlecht bezahlte bzw. Ende 1671 wegen Rationalisierung entlassene Soldaten aus den antitürkischen Grenzfestungen in der Hoffnung auf Beschäftigung, sowie Untertanen aus den Städten und mittleres Bürgertum, an.
Der Erste Kuruzenfeldzug begann im Frühling 1672, als die von István Petróczy (einem protestantischen Baron) und von Michael Teleki (dem Kanzler von Siebenbürgen) geführten und von den Türken unterstützten Kuruzen Teile der Ostslowakei eroberten und dort die katholischen Priester auswiesen. Im Sommer entstand zugleich der so genannte Arwa-Aufstand (auch: Pika-Aufstand), bei dem Kuruzzen unter der Führung von Gašpar Pika in die Komitate Liptov/Liptau und Orava/Arwa vordrangen und mit Hilfe eines Aufstands fast der gesamten dortigen Bevölkerung im Oktober die wichtige Arwa-Burg eroberten. Die Kuruzzen in der Ostslowakei wurden im Oktober (Schlacht von Ďurkov) und die in der Arwa im November von den habsburgichen Truppen geschlagen. Pika und 25 seiner örtlichen Anhänger wurden hingerichtet.
Die Folgen der Niederschlagung dieses ersten Kuruzzen-Feldzugs waren wieder verheerend. 1672 - 1678 folgte eine Art Kuruzen-Partisanenkrieg in der Slowakei - seit 1673 unter der Führung des Katholiken Paul Wesselenyi, seit 1675 dann unter der Führung des protestantischen Kanzlers von Siebenbürgen Michael Teleki. Die Anzahl der Kuruzen nahm dabei ständig zu und die Ostslowakei wurde weitgehend verwüstet. Sie wurden von Siebenbürgen sowie seit 1677 von Frankreich (wegen Krieg Frankreichs gegen Wien seit 1673) unterstützt. Es handelte sich dabei um einen drastischen Bürgerkrieg, in dem die Kuruzen gegen kaiserliche Truppen sowie gegen pro-habsburgische Adelige und Städte kämpften. Eine andere Folge war die Einführung eines achtköpfigen Rats (4 Ungarn, 4 Österreicher) unter Johann Kaspar Ambringen als autoritäre Regierung im habsburgischen Ungarn im Jahre 1673. Das Königliche Ungarn wurde zu einer habsburgischen Provinz erklärt, das traditionelle Amt des Palatins (die höchste Funktion im Königlichen Ungarn), der Landtag sowie die ganze Verfassung wurden aufgehoben. Im Religionsbereich hatte der gescheiterte Feldzug eine neue Welle der aggressiven Verfolgung von Protestanten zur Folge. 1673-1674 fand am Sondegericht von Bratislava/Pressburg ein riesiges Verfahren gegen die Protestanten statt.
Seit 1677 nahm auch Emmerich Thököly, der 1670 aus der Arwa-Burg (Burg seines Vaters Stephan Thököly) geflohene Neffe von István Petróczy und protestantische Adelige, an dem Kuruzenaufstand teil. Im Oktober 1677 schlugen polnische Truppen im Dienste Frankreichs die habsburgischen Truppen im Komitat Maramures (heutiges Rumänien), was die Kuruzen veranlasste statt des Partisanenkriegs einen neuen Feldzug wieder von Siebenbürgen aus zu beginnen, der den Aufstand von Emmerich Thököly (dauerte 1678 -1687) einleitete. Den Kern der Kuruzen bildeten zur Zeit des auch als „slowakischer König“ oder „Kuruzenkönig“ bezeichneten Thökölys ehemalige Grenzsoldaten sowie zahlreiche zweifelhafte Personen, die sich der zivilen Bevölkerung gegenüber schlimmer verhielten als die Türken, die heutiges Ungarn besetzt hielten. 1680 eroberten die Kuruzen die gesamte Slowakei (mit Ausnahme gut befestigter Städte wie Bratislava/Pressburg) und einen Teil Mährens. Thökölys Erfolge sowie ein bevorstehender Krieg gegen die Türken zwangen den Kaiser den achtköpfigen Regierungsrat von 1673 aufzuheben und den ungarischen Landtag wieder einzuberufen (in Sopron/Ödenburg 1681). Der seit 1681 auch von den Türken unterstützte Thököly wurde 1682 von den Türken zum König "Oberungarns" (d. h. der Ostslowakei) erklärt und sein Fürstentum (1682-1685) reichte im Westen bis zum Fluss Hron/Gran. Der von den Türken unterstützte Aufstand Thökölys deckte sich in seiner letzten Phase mit dem Großen Türkenkrieg (1683 - 1699) zwischen den Habsburgern und den Türken. Viele Kuruzen haben auch in der türkischen Armee gekämpft. Nach der Niederlage der Türken vor Wien am 12. September 1683 endete langsam auch Thökölys Aufstand. Nachdem bekannt wurde, dass die Türken Thököly 1685 inhaftiert hatten, weil sie ihn als den Verursacher des Großen Türkenkriegs betrachteten, verloren die Kuruzen im selben Jahr ihre Hauptstadt Košice/Kaschau und 1688 fiel die Festung von Mukatschewe in der heutigen Ukraine unter der Führung von Thökölys Frau Helena Zrinska als die letzte Kuruzen-Festung in die Hände der Kaiserlichen. Als Folge des Aufstands Thökölys wurden 1687 nach dem "Eperieser Blutgericht" 24 Personen (die letzten Anhänger Thökölys aber auch unschuldige Protestanten) öffentlich hingerichtet. Vorsitzender des Tribunals war ein gewisser Generalkriegskommissar A. Caraffa, der z.T. eine Verschwörung erfand, um an das Geld der Verurteilten zu kommen. Der Kaiser hat dann aber das Gericht schnell aufgelöst.
In den Folgejahren ging die Auseinandersetzung um die Restaurierung des politischen und gesellschaftlichen Systems im Königlichen Ungarn weiter (siehe Aufstand von Franz II. Rákóczi – Ursachen). 1697 brach in der Stadt Presov ein neuer kleiner Kuruzenaufstand aus, der sich dann in die Komitate Saris/Scharosch und Zemplín/Semplin ausbreitete. In der Gegend von Tokajging es konkret um die Steuerfreiheit des Weinanbaus. Aber die Armee schlug den Aufstand schnell nieder.
1703- 1711 folgte dann der große Aufstand von Franz II. Rákóczi, mit dem die sog. Kuruzenaufstände 1711 endeten.Zusammensetzung
Die Kuruzen waren überwiegend diverse geflohene Untertanen sowie Soldaten, die von den habsburgischen antitürkischen Grenzfestungen entlassen worden waren, aber auch einige Adlige, vor allem diejenigen, die 1671 nach dem Rotthal-Gericht geflüchtet waren (siehe weiter). Die Kuruzenaufstände von 1671/72 - 1711
Gliederung und Namen
Als Kuruzenaufstände (bzw. Kuruzenaufstand) wird in der deutschsprachigen Literatur oft fälschlicherweise der Zeitraum 1671/72-1680 bezeichnet (1680 wurde Thököly zwar offiziell Kuruzen-Anführer, de-facto jedoch bereits 1678). Das Ende des Aufstands von Emmerich Thököly wird wiederum oft fälschlicherweise mit 1682 statt 1687/88 angegeben (1682 wurde zwar ein Waffenstillstand unterzeichnet und Thököly wurde zum Fürsten, der Kampf mit den Kuruzen in der Slowakei ging aber parallel zum Großen Türkenkrieg intensiv weiter).Wichtige Ereignisse
Siehe auch: Die Slowakei in der frühen Neuzeit (1526 - 1711)Vorgeschichte
Der Friedens von Vasvar 1664,durch den Kaiser Leopold I den Türken trotz einer türkischen Niederlage (1663-1664) weite Gebiete im Königlichen Ungarn überließ, empörte viele Adelige im Königreich Ungarn gegen die Habsburger. Es kam daher 1664 – 1670/1671 zur Verschwörung Wesselenyis (=Wesselenyi-Zrinyi-Verschwörung),einer Adeligenverschwörung in der Slowakei und in Kroatien gegen Habsburg, die aufgedeckt wurde. Die Feldzüge