Kritische Masse
Kritische Masse bezeichnet in der Kernphysik die Mindestmasse eines aus einem spaltbaren Isotop bestehenden Objektes, ab der die effektive Neutronenproduktion eine Kettenreaktion der Kernspaltung aufrechterhalten kann. Bei jeder Kernspaltung entsteht dabei im Mittel mindestens ein Neutron, das eine neue Kernspaltung verursacht, während die anderen Neutronen das Objekt verlassen können. Die kritische Masse hängt damit auch von der Dichte, und der Form des Objektes ab. Je höher die Dichte, desto geringer ist die kritische Masse. Die geringste kritische Masse hat ein Objekt, wenn es kugelförmig ist. Befindet sich innerhalb des Objektes ein Neutronenabsorber, dann vergrößert sich die kritische Masse. Ist das Objekt von einem Neutronenreflektor (meistens Beryllium) umgeben, verringert sie sich.Vergleicht man kritische Massen verschiedener Isotope, beziehen sich diese in der Regel auf eine homogene unkomprimierte Kugel ohne einen umgebenden Neutronenreflektor. In folgender Liste sind diese ungefähren kritischen Massen für einige Isotope zusammengefasst. Dabei sind nur solche Isotope aufgeführt, die eine Halbwertszeit von mehr als 100 Jahren haben:
- Uran-233: 15 kg [1]
- Uran-235: 50 kg [1]
- Neptunium-237: 60 kg [1]
- Plutonium-239: 10 kg [1]
- Plutonium-240: 40 kg [1]
- Plutonium-242: 100 kg [1]
- Americium-241: 60 - 100 kg [1]
- Americium-242m: 9 - 18 kg [1]
- Americium-243: 50 - 150 kg [1]
- Curium-245: 12 kg [1]
- Curium-246: 70 kg [1]
- Curium-247: 7 kg [1]
- Californium-251: 9 kg [1]
- Kompression: Teilweise wird auch eine Vollkugel des spaltbaren Isotopes durch die chemische Explosion derart komprimiert, dass die Dichteerhöhung die kritische Masse unter die Masse der Kugel drückt.
- Neutronenreflektor: Durch Kombination einer starken Kompression und eines Neutronenreflektors kann die kritische Masse für Plutonium-239 auf etwa 1 kg herabgesetzt werden [1]. Das Gesamtgewicht eines solchen Sprengsatzes ist jedoch wegen des aufwändigen chemischen Zündsatzes relativ hoch.
- Moderator: Die kritische Masse kann außerdem durch Anwesenheit eines Neutronenmoderators stark herabgesetzt werden, was besonders während der Aufbereitung der kerntechnischen Brennstoffe zu beachten ist, weil hier die spaltbaren Isotope häufig in Lösung vorliegen. Da die Zeit, die für die Thermalisierung der Neutronen benötigt wird, jedoch relativ groß ist, findet bei Überschreiten der kritischen Masse in einem solchen System keine Explosion statt, sondern nur eine starke Erhitzung (begleitet von radioaktiver Strahlung), die zur Ausdehnung und teilweise zum Aufkochen der Lösung führt, wodurch die Dichte sinkt und damit die kritische Masse steigt. Die kritischen Massen liegen hier oft nur im Bereich einiger hundert Gramm. Eine Unterschätzung des Moderations-Effektes hat schon öfters zu schweren Unfällen geführt [1], zuletzt 1999 in Tokaimura (Japan).