Krätzä
Krätzä (auch K.R.Ä.T.Z.Ä.) steht für KinderRÄchTsZÄnker und ist ein Kinderrechtsprojekt aus Berlin. Es wurde 1992 gegründet und besteht aus etwa 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen.Unter dem Spruch Gleichberechtigung statt Altersgrenzen tritt Krätzä für Gleichberechtigung zwischen Kindern und Erwachsenen ein. Krätzä macht auf gesetzliche und gesellschaftliche Regelungen aufmerksam, die Kinder allein des Alters wegen benachteiligen. So setzt sich Krätzä ein
- für die Ersetzung der Schulpflicht durch ein staatlich garantiertes Recht auf Bildung
- für die Einführung des Kinderwahlrechts
- für gleichberechtigten Umgang in der Familie nach den Thesen der Antipädagogik
Table of contents |
2 Kinderwahlrecht 3 Zusammenarbeit 4 Veröffentlichungen 5 Weblinks |
Ein Krätzä-Mitglied hielt die Teilnahme am Chemieunterricht für sinnlos, da ihn das Fach nicht interessierte. Er erstellte einen Bogen mit Chemieaufgaben, wie sie zum aktuellen Lehrstoff für seine Klasse gehörten, und ließ sie 1996 an seiner Schule von den nicht Chemie unterrichtenden Lehrern beantworten. Es zeigte sich, dass von 20 Lehrern lediglich einer eine einzige der 4 Fragen beantworten konnte. Zugleich waren aber 70% der befragten Lehrer der Meinung, es sei wichtig, dass Schüler diesen Stoff lernen. Nach diesem Praxistest weigerte sich der Schüler, weiter am Chemie-Zwangsunterricht teilzunehmen, und gab umfassende lernbiologische und menschenrechtliche Begründungen. Er wurde daraufhin der Schule verwiesen, ursprünglich sogar aller Schulen des Landes Berlin. Nach umfassenden gerichtlichen und Verwaltungsauseinandersetzungen hob das Landesschulamt den Schulausschluss auf; allerdings musste der Schüler den Chemieunterricht weiter besuchen. - Übrigens erhielt der Schüler auf seinem Zeugnis der 11. Klasse in diesem Fach die Note 1. Danach wählte er das Fach ab.
Schon 1995/1996 war eine Verfassungsbeschwerde (2 BvR 1917/95) eines 13- und eines 16-jährigen Krätzä-Mitglieds gegen die Altersgrenze im Wahlrecht gescheitert; das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde nicht an, da gegen das Wahlgesetz nur binnen eines Jahres nach seinem Inkrafttreten hätte vorgegangen werden können. - Das bedeutet, Kinder müssten Jahrzehnte vor ihrer Geburt dagegen klagen, dass ihnen das Wahlrecht vorenthalten wird.
Danach gab es weitere Versuche, gegen den Ausschluss von Kindern bei der Wahl vorzugehen, bis hin zur Anfechtung des Ergebnisses der Bundestagswahl von 1998.
Die Wahlprüfungsbeschwerde wurde 2000 vom Bundesverfassungsgericht (2 BvC 2/99) verworfen. Das Gericht schloss sich den Gründen an, die sein Berichterstatter vorab dargelegt hatte. Darin heißt es, es sei "von jeher aus zwingenden Gründen als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird".
2002 sammelte Krätzä mit der Petitions-Kampagne Ich will wählen Unterschriften Minderjähriger, die ihr Wahlrecht verlangten, und Volljährigerer, die diese Forderung unterstützten. Im Oktober folgte die Übergabe der Unterschriften an die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer. Im Mai 2004 beschloss der Petitionsausschuss die Petition den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.
Krätzä trifft sich mit anderen Organisationen und Institutionen, die ähnliche Ziele und Absichten wie sie verfolgen, so etwa früher mit Natras (Bewegung der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in Nicaragua), ständig mit alternativen und freien Schulen in verschiedenen Ländern (zum Beispiel Österreich, Dänemark, Großbritannien, Israel), und beteiligt sich an den Kongressen und Anhörungen im In- und Ausland (zum Beispiel Japan), zu denen sie eingeladen wird.
Auch in den Medien ist Krätzä vertreten. Unter anderem drehte der WDR einen 45-minütigen Dokumentarfilm, das Schulbuch "Durchblick" des Westermann-Verlags (Geschichtsunterricht für die 9. und 10. Realschulklasse in Niedersachsen) enthält einen Artikel über Krätzä, das Berlin-Brandenburger Radio Fritz lud sie sich als Teilnehmer der Gesprächsrunden "(Un)sinn der Erziehung" und "Schulpflicht - nein danke?" ein, die große japanische Tageszeitung "Ashahi Shimbun" (Auflage 8,6 Millionen) berichtete über sie, Politiker wie Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, die seinerzeitigen Bundesministerinnen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz) und Christine Bergmann (Jugend) sowie die Bundestagsmitglieder Klaus Haupt (FDP) und Petra Pau (PDS) diskutierten mit ihnen. Auch am Stück "Die Moskitos sind da!" des Grips-Theaters in Berlin wirkte Krätzä mit.
Eigene Veröffentlichungen von Krätzä sind zum Beispiel:
Aufkleber werden gestaltet und so im Internet veröffentlicht, dass sie überall herzustellen sind. So gibt es Sprüche, die Kinder immer wieder zu hören bekommen, wie "Das tut man nicht!" oder "Benimm dich!", ebenso wie für Mülleimer gedachte Aufkleber "Zeugnisse bitte hier einwerfen", die über den Unsinn von Schulnoten aufklären.
Nach Bedarf veranstaltet Krätzä Seminare und Informationstage.
Die Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin zeichnete 1998 Krätzä als bestes von 80 Projekten aus.Schule
Kinderwahlrecht
Zusammenarbeit
Veröffentlichungen
Seit 2001 laufen in Berliner Kinos zwei Werbekurzfilme nach Ideen von Krätzä. Der eine vergleicht Schulpflicht mit der Essenspflicht, der andere setzt das Publikum typischen Eltern-Sprüchen aus.