Kontrapunkt
Der Kontrapunkt (lat. contrapunctus; ital. und span. contrapunto; frz. contrepoint; engl. counterpoint; aus punctus contra punctum, Note gegen Note; von lat. punctum contra punctum, also "Note gegen Note") ist die Satztechnik der Polyphonie, die ihren Höhepunkt in der Musik der frühen Neuzeit hatte.Im Gegensatz zur Homophonie, in welcher die beteiligten Stimmen nach Melodie und Begleitung bzw. Füllstimmen differenziert sind und die damit akkordisch-vertikal orientiert ist, wird in der kontrapunktischen Satztechnik danach gestrebt, die lineare Selbständigkeit der einzelnen Stimmen zu wahren und so zu einem horizontalen Geflecht unter motivischer Beteiligung aller Stimmen zu gelangen.
Die wichtigsten Prinzipien dabei sind:
- möglichst Gegenbewegung der Stimmen, insbesondere der höchsten und der tiefsten gegeneinander
- Vermeidung von Parallelbewegungen in den Intervallabstabständen von Oktave und Quinte
Dass sich z. B. nicht die eine Stimme in der As dur-Tonleiter, die andere aber in der G dur-Tonleiter bewegen kann, ist an sich verständlich; doch ist es noch nicht genügend, dass die Fortschreitungen beider im Sinn desselben Klanges geschehen, es muß auch die Stellung dieses Klanges zu anderen in beiden gleich aufgefaßt sein.
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2 Entwicklung 3 Lehre vom Kontrapunkt 4 Quellen |
Je nach Anzahl der vorhandenen Stimmen und Themen bzw. Motiven werden einfacher, doppelter und mehrfacher Kontrapunkt unterschieden.
Wichtige musikalische Formen, die eine kontrapunktische Satztechnik voraussetzen, sind Kanon und Fuge.
Im Kontrapunkt wird die Quarte als dissonant aufgefasst. Die konsonanten Intervalle sind jeweils die große und kleine Terz und Sext sowie die perfekt konsonanten Intervalle Quinte und Oktave.
Zwei verschiedene Methoden stehen einander gegenüber, deren Verschmelzung erst das Rechte treffen kann, nämlich die auf die alten Kirchentöne fußende und die moderne von der Dur- und Molltonleiter ausgehende. Den Versuch dieser Verschmelzung hat H. Riemanu in seiner "Neuen Schule der Melodik" (1883) gemacht.
Als der Name Contrapunctus im 14. Jahrhundert aufkam, war die Kunst des mehrstimmigen Satzes schon sehr entwickelt; die als Regulae de contrapuncto auftretenden theoretischen Traktate eines Johannes de Muris, Philipp von Vitry u. a. bringen daher nichts eigentlich Neues, sondern sind Abhandlungen über die vorher Discantus genannte Schreibweise mit veränderter Terminologie. Sie gehen dabei aus von dem Satz: Note gegen Note (punctus contra punctum oder nota contra notam), der von Muris ausdrücklich als fundamentum discantus bezeichnet wird.
Den ungleichen Kontrapunkt nennt Muris Diminutio contrapuncti, eine Auffassung, die noch heute zu Recht besteht.
Notenbeispiel nach Muris (Diminutio contrapuncti):
Die imitatorischen Formen des Kontrapunktes reichen zurück bis ins 13. Jahrhundert; Walter Odington (1228 Bischof von Canterbury) gibt vom Rondellus die Definition: "Si quod unus cantat, omnes per ordinem recitent" (Coussemaker, "Script.", I, 245).
Zu übertriebener Künstelei wurden die Imitationen entwickelt durch die Kontrapunktisten des 15. bis 16. Jahrhunderts und klärten sich schließlich im 17. bis 18. Jahrhundert ab zur Kunstform der Fuge; der strenge Kanon mit schneller Stimmenfolge ist eine extrem determinierte Form des Kontrapunkts, dessen melodische Qualität demzufolge einer besonderen Sorgfalt des Komponisten bedarf.
Von ungleich höherer Bedeutung für die Komposition ist der sogen. doppelte Kontrapunkt, welcher so angelegt ist, dass die Stimmen vertauscht werden können, d. h. die obere zur untern gemacht wird. Man unterscheidet den doppelten Kontrapunkt in der Oktave, in der Dezime und in der Duodezime, je nachdem, ob er für die Umkehrung durch Versetzung in die Oktave, Dezime oder Duodezime berechnet ist. Eine klare Darlegung der verschiedenen Arten des doppelten Kontrapunktes und des Kanons gibt schon Zarlino in seinen Institutooni armoniche (1558).
Höhepunkte erlebte die kontrapunktische Satzweise in der Renaissance und später im Oeuvre Johann Sebastian Bachs.
Jedoch behielt der Stylus Gravis vor allem in der Kirchenmusik seine Bedeutung.
Lehrbücher des Kontrapunktes im alten Stil (mit Zugrundelegung der Kirchentöne) sind die von Martini, Albrechtsberger, Cherubini, Fétis, Bellermann, Bußler u. .a.; für dieselben ist die Harmonielehre nur ein Accidens, die Regeln sind im Grunde dieselben wie zu den Zeiten des Discantus, als man von Harmonie überhaupt noch keinen klaren Begriff hatte (Intervallenlehre statt Harmonielehre).
Dagegen lehnen sich die Werke von Dehn (B. Scholz), Richter, Tiersch u. a. enger an die Harmonielehre an – bei ihnen ist die Harmonielehre die eigentliche Schule und der Kontrapunkt die Probe aufs Exempel; durch jene muß der Schüler lernen, diesen instinktiv zu handhaben.
Formen
Entwicklung
Lehre vom Kontrapunkt
Quellen