Klebstoff
Klebstoff ist ein Prozesswerkstoff, der zum Kleben verwendet wird.Nach DIN EN 923 wird ein Klebstoff als "Nichtmetallischer Werkstoff, der Fügeteile durch Flächenhaftung (siehe Adhäsion) und innere Festigkeit (siehe Kohäsion) verbinden kann" definiert.
Obwohl es auch Klebstoffe auf Basis anorganischer Substanzen gibt, wie z. B. Wasserglas (Natrium- bzw. Kaliumsilikat) oder die Produkte auf Basis von Zement, ist die überwiegende Mehrzahl der heute eingesetzten Klebstoffe den organischen Substanzen zuzuordnen.
Schon vor 6000 Jahren verwendeten die Mesopotamier Asphalt zu Bauzwecken. 3000 v.Chr. kannten die Sumerer das Herstellen von Leim aus tierischen Häuten und ca. 1500 v.Chr. verwendeten die Ägypter tierische Leime für Furnierarbeiten.
Das "Kleben" ist somit eine der ältesten Techniken und auch eines der modernsten Fügeverfahren.
Eine Klebverbindung besteht aus den beiden Fügeteilen und der dazwischen liegenden Klebschicht. An den Phasengrenzflächen kommt es nach der Benetzung, die eine bedeutende Rolle spielt, zu Wechselwirkungen (Physisorption, Chemisorption) und mechanischem Formschluss. Zusammengenommen sind diese drei Effekte für die Haftkraft (Adhäsion) verantwortlich. Für eine optimale Benetzung muss der Klebstoff während des Fügevorgangs flüssig sein. Seine innere Festigkeit (Kohäsion) gewinnt er schließlich durch physikalische Abbindevorgänge oder durch chemische Reaktion.
In der Bio- und Technosphäre wird eine große Anzahl unterschiedlicher Klebstoffarten verwendet. Die verschiedenen Klebstoffarten lassen sich zum einen nach der chemischen Basis und zum anderen nach dem Verfestigungsmechanismus einteilen.Geschichte
Fügeverfahren
Vorteile des Klebens gegenüber herkömmlichen Verbindungsverfahren
Nachteile des Klebens
Einteilung der Klebstoffe
Einteilung der Klebstoffe nach der chemischen Basis | ||||
Klebstoffe | ||||
organische Verbindungen | Silicone | anorganische Verbindungen | ||
natürliche Basis | synthetische Basis |
| ||
Kohlenwasserstoff- | keramische Bestandteile, Metalloxide, Silikate, Phosphate, Borate |
'''Einteilung der organischen Klebstoffe und Silicone nach dem Verfestigungsmechanismus''' | |
physikalisch abbindende Klebstoffe | chemisch härtende Klebstoffe |
Schmelzklebstoffe Lösemittelhaltige Nassklebstoffe Kontaktklebstoffe Dispersionsklebstoffe Wasserbasierte Klebstoffe Haftklebstoffe Plastisole | Polymerisationsklebstoffe Cyanacrylatklebstoffe Methylmethacrylatklebstoffe Anaerob härtende Klebstoffe Ungesättigte Polyester (UP-Harze) Strahlenhärtende Klebstoffe |
'Polykondensationsklebstoffe 'Phenolformaldehydklebstoffe Siliconklebstoffe Polyimidklebstoffe | |
Polyadditionsklebstoffe Epoxidharzklebstoffe Polyurethanklebstoffe |
Hierunter versteht man solche Klebstoffe, bei denen bereits der fertige Klebstoff, d.h. das Polymer an sich, in die Klebefuge eingebracht wird. Dazu wird ein physikalisches Verfahren angewendet, das den Klebstoff zunächst in eine verarbeitbare Form bringt, um ihn später im Klebespalt wieder verfestigen zu lassen.
Lösemittelhaltige Nassklebstoffe können auch zum Diffusionskleben (Kaltschweißen) thermoplastischer Kunststoffe verwendet werden. Dabei werden beide Klebflächen mit dem Klebstoff bestrichen, der ein Lösemittel enthält, welches imstande ist, die Oberfläche der Fügeteile anzulösen. Nach kurzer Einwirkzeit werden die beiden Fügeteile unter Druck gefügt, wodurch sich die durch das Lösemittel freigelegten Polymerketten der angelösten Oberfläche - ähnlich wie die Borsten zweier Bürsten, die ineinander gedrückt werden - durchdringen und miteinander verschlaufen. Nach Entweichen des Lösemittels entsteht so nach einiger Zeit eine Verbindung, die rein auf Kohäsionskräften beruht.
Die wäßrigen Dispersionsklebstoffe werden heute vielfältig als Ersatz der Lösemittelklebstoffe verwendet, da sie nicht wie diese brand- und explosionsgefährlich sind und auch keine gesundheitsbeeinträchtigenden Lösemittel freisetzen.
Nachteil ist allerdings, daß wasserbasierte Klebstoffe zum Abbinden längere Zeit oder mehr Energie benötigen. Außerdem sind Dispersionsklebstoffe frostempfindlich.
Für den Hobby- und Kleinanwender kommen Schmelzklebstoffe in Form von Klebekerzen (Klebesticks) in den Handel, die mit Schmelzklebepistolen verarbeitet werden können. Bei technischen Anwendungen werden sie auch in Form von Granulaten oder Blöcken mit Hilfe von Schmelzgeräten und nachgeschalteten Auftragsköpfen verarbeitet.
Schmelzklebstoffe sind lösemittelfrei, jedoch ist ihr Einsatz wegen der hohen Verarbeitungstemperaturen auf temperaturresistente Werkstoffe beschränkt. Andererseits verhält sich der Klebstoff reversibel, d.h. bei Temperaturerhöhung wird er wieder weich und besitzt daher nur eine eingeschränkte Wärmebeständigkeit. (siehe auch reaktive Schmelzklebstoffe)
Dazu werden zunächst beide Klebeflächen gleichmäßig mit Klebstoff bestrichen. Dann lässt man den Klebstoff so lange ablüften, bis der Klebefilm sich trocken anfühlt, d.h. bei der Fingerprobe keine Fäden mehr zieht und nur noch eine geringe Soforthaftung aufweist. Im nächsten Schritt müssen die Klebeflächen innerhalb der offenen Verarbeitungszeit exakt zusammengefügt werden. Eine Korrektur ist nicht möglich. Um eine gute Verklebung zu erzielen, ist es nötig, die Klebeflächen kurz unter möglichst hohem Druck zusammenzupressen. Ist ein Substrat flexibel, bedient man sich am besten einer Rolle, mit der ein hoher Liniendruck erzielt werden kann. Die Klebung ist sofort nach dem Fügen belastbar. Die Endfestigkeit wird nach einigen Tagen erreicht.
Bei chemisch härtenden Klebstoffen, oft auch Reaktionsklebstoffe genannt, werden die einzelnen chemischen Bausteine für den Klebstoff im richtigen Verhältnis in die Klebefuge eingebracht. Die Verfestigung erfolgt danach durch chemische Reaktion der Bausteine miteinander.
Grundsätzlich unterscheidet man bei den Reaktionsklebstoffen zwischen zwei- (oder mehr-) komponentigen und ein-komponentigen Systemem.
(Siehe auch Kunstharz)
Bei 2-Komponenten-Klebstoffen (kurz: 2K-Klebstoffe) hat der Verarbeiter einen Klebstoff bestehend aus getrennten Bestandteilen, A- und B-Teil oder Harz und Härter genannt, die vor der Applikation im korrekten Verhältnis intensiv vermischt werden müssen. Durch das Mischen startet die chemische Reaktion zwischen den zuvor separat vorliegenden Bausteinen zum Klebstoffpolymer. Dies bedingt, daß 2K-Klebstoffe nur innerhalb der sog. Topfzeit verarbeitbar sind. Durch die fortschreitende Reaktion wird die angemischte Masse immer zäher und fester und kann schließlich nach Überschreiten der Topfzeit (= max. mögliche Verarbeitungszeit) die zuverbindenen Oberflächen nicht mehr benetzen.
Nach dem Einbringen des Klebstoffs in die Fuge folgt die Abbindezeit, in der sich die Endfestigkeit der Verklebung aufbaut. Diese Aushärtezeit wird stark von äußeren Einflüssen, besonders der Temperatur, beeinflusst. Temperaturerhöhung führt zu einer schnelleren Reaktion und meist auch einer höheren Festigkeit, während kühlere Temperaturen die Reaktionsgeschwindigkeit herabsetzen.
Bei 1-Komponenten-Klebstoffen (1K-Klebstoffen) wird eine schon gebrauchsfertig verkaufte Klebemasse in den Klebespalt gebracht. Der Klebstoff härtet dann durch Veränderung der Umgebungsbedingungen aus; dies kann z.B. durch Temperaturerhöhung, Zutritt von Luftfeuchtigkeit, Ausschluss von Luftsauerstoff oder Kontakt mit der Substratoberfläche geschehen.
Die Unterscheidung nach der Art der chemischen Reaktion - Polymerisation, Polykondensation oder Polyaddition - ist für den Anwender von geringerer Bedeutung.
Cyanacrylat-Klebstoffe sind im allgemeinen besser bekannt unter dem Begriff "Sekundenkleber". Es handelt sich dabei um dünnflüssige oder bewußt eingedickte Ester der Cyanacrylsäure, die in 1K-Form als Monomere in den Handel kommen und durch Polymerisationsreaktion im Fügespalt zum eigentlichen Klebstoffpolymer reagieren. Voraussetzung für den Start der Aushärtung ist das Vorhandensein polarer Gruppen, z.B. die OH-Ionen in der Feuchtigkeitsschicht an der Fügeteiloberfläche. Die Polymerisation läuft dann sehr schnell ab, so daß in Sekunden eine feste Verbindung hergestellt ist. Bevorzugte Substrate sind Metalle, Glas oder Keramik, die einen extrem dünnen Klebespalt ermöglichen. Um etwas breitere Spalten zu füllen, wird durch Zusatzmittel die Viskosität angehoben. Solche Typen werden bevorzugt zum Verkleben von EPDM-Gummidichtungen eingesetzt.
Verklebungen mit Cyanacrylat-Klebstoffen sind nicht feuchtigkeits- oder temperaturstabil, da unter diesen Bedingungen das Polymer wieder gespalten wird.
Spezielle Ester der Cyanacrylsäure finden auch in der Medizin zum Wundverschluss statt des Nähens Anwendung. Durch die feucht-warmen Umgebungsbedingungen lösen sich diese Verklebungen wieder langsam auf.
Den Effekt, daß Haut und Augenlider sehr schnell verklebt werden können, findet man als Warnung auf jeder Packung. Als Erste Hilfe bei Hautverklebungen wird empfohlen, mit warmen Seifenwasser und stumpfen Gegenständen die Verklebung zu lösen. Der Klebstoff löst sich mit der Zeit langsam von selbst.
Methylmethacrylat-Klebstoffe sind zwei-komponentige Reaktionsklebstoffe, bei denen das eingesetzte Monomer - der Methylester der Methacrylsäure - durch radikalische Kettenreaktion polymerisiert wird. Zum Start der Polymerisationsreaktion wird ein reaktives Radikal benötigt, das meist aus einem Peroxid entsteht, wenn man diesem einen Beschleuniger zusetzt. Das heißt, letztendlich benötigt man nur für das Starten der Radikalreaktion das 2K-System, bei dem Peroxid und Beschleuniger zusammenkommen und die Startradikale bilden.
Man kann daher sowohl das Peroxid im Methylmethacrylat-Monomer als eine Komponente als auch den Beschleuniger gelöst im Basis-Monomer als zweite Komponente in den Handel bringen. Durch Mischen beider Komponenten wird die Radikalkettenreaktion initiiert und der Klebstoff härtet durch.
Eine andere Variante bringt das gesamte Monomer und das Peroxid in eine Komponente und verwendet als zweite Komponente nur noch den Beschleuniger. Hierdurch kann das vorangehende Mischen der beiden Komponenten (und die damit verbundene Topfzeit) entfallen, wenn auf ein Fügeteil die Hauptkomponente und auf das andere Fügeteil der Beschleuniger aufgetragen werden. Durch Zusammenfügen der Flächen kommen die beiden Komponenten in Kontakt und die Radikalreaktion startet.
Methylmethacrylat-Klebstoffe werden hauptsächlich zur strukturellen Verklebung von Metallen eingesetzt.
Diese Gruppe von Klebstoffen wird als 1K-System angewendet. Die eingesetzten Monomere von (modifizierten) Acrylsäure-Estern härten ebenfalls nach einem Radikalketten-Mechanismus ähnlich den Methylmethacrylaten aus. Das Besondere dabei ist, daß die Härtereaktion nur unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) startet, wenn der Klebstoff in einer engen metallischen Klebfuge von der Umgebungsluft abgeschlossen wird. Aus diesem Mechanismus ergibt sich das Hauptanwendungsgebiet dieser Klebstoffsorte als Schraubensicherung und zur Wellen- und Flanschverklebungen praktisch von selbst.
Ebenfalls durch radikalische Polymerisation härten diese 1K-Klebstoffe zu festen Polymeren, wobei die Bildung der Startradikale durch Bestrahlung mit UV-Licht (oder anderen Strahlenquellen wie Elektronen) hervorgerufen wird. Die Wellenlänge des UV-Lichts muss dabei genau auf das eingesetzte Klebstoffsystem abgestimmt sein; außerdem muss mindestens eines der Fügeteile für die Strahlen transparent sein.
In der Bauchemie werden neuerdings auch Metall-Metall-Verbindungen oder Glasscheiben geklebt.
Natürliche Klebstoffe sondern z. B. Saugwürmer und die Miesmuschel ab. Ebenso sind die Fangfäden im Spinnennetz mit Leimtropfen besetzt.Physikalisch abbindende Klebstoffe
Lösemittelhaltige Nassklebstoffe
Bei lösemittelhaltigen Nassklebstoffen liegt das Polymer in organischen Lösemitteln gelöst vor und wird so appliziert. Das Fügen findet zu einem Zeitpunkt statt, bei dem noch genügend Lösemittel in der Klebschicht vorhanden ist, um eine Benetzung der zweiten Fügeteiloberfläche zu gewährleisten. Durch Verdunsten der Lösemittel bindet der Klebstoff ab, d.h. er wird zunächst zäher und verfestigt sich schließlich durch die Ausbildung physikalischer Wechselwirkungen zwischen den Polymerketten.Dispersionsklebstoffe
Dispersionsklebstoffe nutzen Wasser als mobile Phase, in der die Klebstoffbestandteile als Dispersion vorliegen. Nach Aufbringen auf die zu verklebende Fläche bricht die Dispersion durch Verdampfen des Wassers oder Veränderung des pH-Wertes, bildet einen Film und kann die beiden Fügeteile so verbinden.Schmelzklebstoffe
Schmelzklebstoffe - oft auch als "Hotmelt" bezeichnet - sind bei Raumtemperatur fest und werden durch Aufschmelzen verarbeitbar. Die heiße Klebstoffschmelze wird auf das zu verklebende Teil aufgebracht und sofort mit dem zweiten Teil innerhalb der Offenzeit gefügt. Unmittelbar nach dem Abkühlen und Erstarren des Klebstoffs ist die Verbindung fest und funktionsfähig. Dies ermöglicht in Produktionsprozessen sehr schnelle Taktzeiten und unmitttelbares Weiterverarbeiten. Kontaktklebstoffe
Kontaktklebstoffe können sowohl Lösemittelklebstoffe oder auch Dispersionsklebstoffe sein, die im Kontaktklebeverfahren verarbeitet werden. Haftklebstoffe
Auf eine Sonderform der Applikation abgestimmt sind die Haftklebstoffe, die nach dem Auftragen dauerklebrig bleiben und dann durch Druck auf ein Substrat aufgebracht werden können und dort haften bleiben. Anwendung finden sie als Beschichtung von Klebebändern, Selbstklebeetiketten usw.Plastisole
Bei Plastisolen sind in der Verarbeitungsform kleine feste Polymerkügelchen in einer flüssigen Phase verteilt. Nach dem Applizieren wird das Plastisol durch Wärmezufuhr geliert. Bei diesem Vorgang nehmen die Polymerkügelchen die Flüssigkeit - meist ein Weichmacher - auf, quellen und verwachsen so zu einer homogenen Schicht. Häufig verwendet werden z.B. PVC-Plastisole im Automobil-Bau als Nahtabdichtung oder Unterbodenschutz. Nicht nur wegen dieser Anwendungsfälle, sondern auch auf Grund der geringen Festigkeit und gleichzeitig hohen Elastizität sind Plastisole schon mehr den Dichtstoffen zuzuordnen.Chemisch härtende Klebstoffe
Cyanacrylat-Klebstoffe
Methylmethacrylat-Klebstoffe
Anaerob härtende Klebstoffe
Strahlenhärtende Klebstoffe
Phenol-Formaldehydharz-Klebstoffe
Silicone
Polyimid-Klebstoffe
Epoxidharz-Klebstoffe
Verwendung
Im Haushalt wird meist Alleskleber verwendet.