Kirchenbuch
Die Kirchenbücher sind Aufzeichnungen über kirchliche Handlungen zumeist in chronologischer Folge. Man unterscheidet:- Im Taufbuch oder Taufregister sind die Daten der Geburt und der Taufe der jeweiligen Person, sowie seiner Eltern aufgezeichnet.
- Im Heiratsbuch sind die Daten der Eheschließung der beiden Ehepartner, sowie der Eltern aufgezeichnet.
- Im Sterbebuch sind Todes- sowie Begräbnisdaten aufgezeichnet.
Die Kirchenbücher, auch als Matrikel bezeichnet, stellen oft die einzigen Aufzeichnungen von Personen dar, da die Eintragungen unabhängig von Stand, Geschlecht und Vermögen gemacht wurden. Kirchenbücher gibt es im deutschen Sprachraum etwa seit 1550 (in Sachsen z. B. seit 1548, in anderen Gebieten später), und die Kirchen führten diese Aufzeichnungen auch im staatlichen Auftrag. Verwirrend sind oft Aufzeichnungen in den Zeiten, in denen bestimmte Religionen illegal waren und dann z.B. Protestanten in katholischen Kirchenbüchern eingetragen wurden.
Zum 1.1.1876 wurde im deutschen Reich mit dem Personenstandsgesetz ihre Bedeutung durch die staatlichen Standesämter abgelöst, während in Österreich die Religionsgemeinschaften diese Aufgaben bis 1. Jänner 1939 durchführten. Heute dienen diese Bücher nur mehr rein innerkirchlichen Aufzeichnungen. Für die Zeit vor 1876 und bei Verlust der Personenstandsregister im Krieg gelten die Kirchenbücher immer noch als Nachweis.
In zahlreichen Pfarreien beginnen die Kirchenbücher erst nach 1648, da die älteren Bände in den Wirren des 30jährigen Krieges verloren gingen. Durch Brände in den Pfarrhöfen gingen gelegentlich auch spätere Aufzeichnungen verloren. Um weitere Verluste vorzubeugen, sind heute in katholischen Teilen Deutschlands die älteren Bände in zentralen Archiven der Bistümer gelagert und nur mehr als Mikrofilm zugänglich, während in Österreich die Originale bei den Pfarreien verblieben und Kopien bei den Diözesen aufbewahrt werden. - In der Zeit des Nationalsozialismus sind durch das Reichssippenamt viele Kirchenbücher der früheren deutschen Ostgebiete verfilmt worden. Diese Filme sind heute in der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig archiviert und zugänglich. Diese Filme und andere Kirchenbücher wurden auch von der Genealogischen Gesellschaft von Utah kopiert und so einem großen Forscherkreis zugängig gemacht.
Um eine Person im Kirchenbuch auffinden zu können, reicht oft das Datum der entsprechenden kirchlichen Handlung aus. Auf Urkunden findet man darüber hinaus folgende Angaben:
- die Nummer des Kirchenbuches,
- die Seite, lateinische Bezeichnung pagina, abgekürzt pag.
- die Nummer, lat. folio, abg. fol.
- (es gibt aber auch andere Bezeichnungen wie tom.).
In Sachsen sind Kirchenbücher seit 1800 generell mit alphabetischen Namensregistern ausgestattet, vielfach auch in der Zeit davor. Kirchenbücher vor 1700 (und ebenso Gerichtshandelsbücher) besitzen manchmal Register, die nach den Vornamen geordnet sind. Ein weiteres Hindernis bei der Register-Benutzung ist die Veränderlichkeit von Familiennamen, so daß man nicht selten unter mehreren möglichen Schreibweisen und sogar verschiedenen Anfangsbuchstaben (siehe auch phonetisches Alphabet und Toter Punkt) suchen muß.
Politische Bedeutung erlangten die Kirchenbücher in der NS-Zeit, in der Beamte ihre Abstammung mit dem so genannten Ariernachweis beurkunden musste. In dieser Zeit mussten sich sehr viele in den älteren Kirchenbüchern Abschriften über ihre Vorfahren machen lassen um deren Religionszugehörigkeit bestätigen zu lassen. In dieser Zeit wurden viele Matrikeln durch Dorfsippenbücher erschlossen, die die Daten der Matrikeln über den Zwischenschritt der Kirchenbuchverkartung zu Familien zusammenfasst und verbindet. - Bereits weit vor 1933 einsetzend und über das Jahr 1945 hinaus bis zur Gegenwart sind mit dieser Methode die Kirchenbücher von bisher mehr als 2000 Gemeinden in einem Ortsfamilienbuch zusammengefasst und durch Drucklegung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Die Kenntnis der Kirchenbücher ist wichtig, wenn man genealogische Forschung betreibt. Eine Beglaubigung des Kirchenbuchauszuges, d. h. eine Bestätigung, daß die Auszüge wörtlich oder sinngemäß richtig sind, durch den zuständigen Pfarrer oder einen Angestellten der Kirche mit Unterschrift und Stempel, ist jedoch bei privater genealogischer Forschung überflüssig. Vielleicht ist der Glauben mancher Familienforscher, daß derartige Stempel notwendig seien, noch ein unbewußtes Überbleibsel aus der Zeit, wo Beglaubigungen von staatlichen Stellen verlangt wurden (siehe Ariernachweis). Heute können viele Pfarrer die alte Schrift selbst gar nicht mehr ausreichend lesen und würden dann etwas bestätigen, was sie selbst gar nicht beurteilen können. Für die Pfarrämter bringt die Ausfertigung derartiger Schriftstücke eine zusätzliche Belastung, für den Genealogen Gebühren und im weiteren nur Aufbewahrungsprobleme, so daß eine wissenschaftlich orientierte Genealogie in der Regel auf Beglaubigungen verzichten kann.
Neben den Kirchenbüchern gibt es auch andere Bücher, wie Grundbücher oder Gerichtshandelsbücher, in denen man Daten für die Ahnenforschung findet. Dies setzt allerdings voraus, dass die gesuchte Person entsprechenden Besitz hatte.
Literatur
Weblinks