Kastilien
Kastilien ist die zentrale Landschaft Spaniens mit den Autonomen Regionen Castilla la Mancha, Castilla y León, Madrid, Cantabria und La Rioja.Nach dieser Landschaft ist das größte Staatsvolk Spaniens - die Kastilier - und deren Sprache Kastilisch benannt. Die in Kastilien verwendete Aussprache hat einen ähnlichen Status wie in Deutschland hannoverschessches Hochdeutsch, während beispielsweise Andalusisch als Dialekt angesehen wird. Die Gesamtheit aller Dialekte wird als spanisch bezeichnet. Das kastilische Scheidegebirge unmittelbar nördlich von Madrid teilt die Landschaft in das nördliche Altkastilien (zu dem historisch betrachtet auch Kantabrien und die Rioja gehören) und das südliche Neukastilien, das auch die Mancha (von arabisch: al-manscha, trockenes Land) umfasst.
Kastilien, das alte Bardullen, das Gebiet des obern Ebro, stand seit dem 8. Jahrhundert unter der Herrschaft der Könige von Asturien und Leon, welche das Land durch eingeborene Grafen verwalten ließen.
Die Grafen von Burgos spalteten sich um 925 vom Königreich Leon ab, nach den vielen Burgen (spanisch castillo) in ihrer Gegend (im Kampf gegen die Mauren) nannten sie ihr Land Kastilien.
Ferdinand Gonzalez wird im 10. Jahrhundert als erster Graf von Kastilien genannt. Durch Aufstände gegen die Könige Ramiro II (931-950), Ordono III (950-957) und Sancho I (957-966) suchte er die Unabhängigkeit seines Landes von Leon zu erreichen, obwohl vergeblich.
Sein Sohn Garcias Fernandez herrschte auch bis zum Jahr 1000 fast selbständig. Dessen Sohn und Nachfolger Sancho hinterließ die Herrschaft seinem Sohn, dem Grafen Garcias, und nach dessen Ermordung 1026 ging sie auf Sanchos Schwiegersohn, den König Sancho Mayor von Navarra, über, der bei seinem Tod im Jahr 1035 Kastilien seinem Sohn Ferdinand gab.
Dieser besiegte am Carrion 1037 seinen Schwager, den König Bermndo III von Leon, der in der Schlacht fiel, und vereinigte hierauf ganz Leon mit seiner bisherigen Herrschaft zum Königreich Kastilien, das unter Ferdinands Fürsorge und verständiger Regierung immer mehr zu Glück und Macht emporstieg. Er schlug in der Schlacht von Atapuerta 1054 einen Angriff seines neidischen Bruders Garcias von Navarra zurück; vereinigte das navarresische Gebiet auf dem rechten Ebroufer mit Kastilien und erweiterte durch glückliche Kämpfe mit den Arabern die Grenzen seines Reichs beträchtlich nach Süden.
Bei seinem Tode 1067 teilte er sein Reich unter seine drei Söhne, von denen Sancho II Kastilien, Alfons Leon und Asturien sowie Garcias Galicien erhielt. Indes Sancho II. (1067-1072) vertrieb seine Brüder; nach feigem Tode durch Meuchelmord bemächtigte sich Alfons VI. (1072-1109), sein Bruder, des Reichs und teilte sich 1076 mit Aragonien in das Königreich Navarra. Er regierte mit Weisheit und Kraft und führte siegreiche Kriege gegen die Mauren im Zuge der Reconquista (Rückeroberung); nur verlor er 1080 in der unglücklichen Schlacht bei Ucles seinen einzigen Sohn, Sancho. Unter ihm wurde das römisch-hierarchische Kirchensystem auch in Kastilien begründet.
Seine Tochter Urraca vermählte sich nach seinem Tod mit Alfons I. von Aragonien, doch gereichte die Vereinigung beider Reiche zu einem Königreich Hispanien keinem zum Segen. Der kastilische Adel erhob sich endlich gegen die aragonische Herrschaft und rief Urracas Sohn aus erster Ehe, Alfons VII. Raimundez, zum König aus.
Nach langem blutigen Krieg wurden die Reiche 1127 wieder getrennt; Kastilien mit Leon und Galicien wurde das Gebiet Alfons VII. (1127-1157), welcher den Titel eines "Kaisers von Spanien" annahm und tapfer gegen die Araber focht. Unter seinen Söhnen und Nachfolgern wurde das kastilische Reich zerrissen, indem Leon, Galicien, Asturien und Navarra sich unabhängig machten.
In Kastilien folgte auf Alfons VII. Alfons VIII, der Edle (1157-1214). Dieser hinterließ die Krone seinem elfjährigen Sohn Heinrich I, der jedoch schon 1217 verunglückte.
Nun brachen wieder heftige Bürgerkriege aus, bis 1230 durch einen Vertrag Ferdinand III, Sohn von Heinrichs Schwester Berengaria und dem König Alfons IX. von Leon, als König von Kastilien und Leon anerkannt und dabei festgesetzt wurde, daß beide Staaten in Zukunft ein einziges, unteilbares Reich. bilden und die Erbfolge auf den ältesten Sohn und in Ermangelung männlicher Erben auf die weibliche Linie übergehen sollte. Ferdinand III., der Heilige (1230-1252), war ein ebenso weiser Regent wie tapferer Feldherr; er eroberte 1236 Córdoba, 1248 Sevilla und brachte das Land bis zur Südküste unter kastilische Herrschaft, ja sogar Granada in Lehnsabhängigkeit von Kastilien.
Ihm folgte 1252-1284 sein ältester Sohn, Alfons X, der Weise, der mit großer Freigebigkeit Künste und Wissenschaften unterstützte. Er bedrückte aber das Land mit neuen Steuern und erregte dadurch, daß er die Söhne seines erstgebornen Sohns, Ferdinand, vom Thron ausschloß und seinen zweiten Sohn, Sancho, zum Nachfolger bestimmte, einen Thronstreit, an dem sich namentlich Frankreich beteiligte, und der Kastiliens Macht bedeutend schwächte, das Volk verwilderte und den Adel zu Trotz und Überhebung verleitete. Unter Sancho IV (1284-1295) brach bereits eine Empörung der mächtigen Edelleute aus. Gegen den minderjährigen Ferdinand IV (1295-1312), dessen legitime Geburt angezweifelt wurde, erhoben sich mehrere Prätendenten, und auch die Nachbarreiche suchten sich auf Kosten Kastiliens zu vergrößern; aber seine Mutter Maria de Molina, welche die Regentschaft führte, wußte diese Gefahren durch Weisheit und Standhaftigkeit zu überwinden. Neue Streitigkeiten brachen aus, als nach Ferdinands plötzlichem Tode die Krone an dessen zwei-jährigen Sohn Alfons XI (1312-1350) fiel; das Reich wurde durch diese inneren Kämpfe völlig zerrüttet.
Erst 1335 gelang es Alfons, durch Grausamkeit und Hinterlist der Empörungen Herr zu werden und durch die Bewilligung der Alcavala (einer Steuer) eine unabhängige Stellung zu gewinnen. Er eroberte darauf 1344 Algeciras und starb bei der Belagerung von Gibraltar 1350.
Ihm folgte Peter der Grausame (1350-1369), der durch seine Greueltaten eine Erhebung seines Halbbruders Heinrich von Trastamaraoer veranlaßte und 1369 von diesem bei Montiel geschlagen und getötet wurde.
Heinrich II (1369-1379) behauptete den Thron gegen Peters Schwiegersohn Johann von Lancaster und erwarb Viscaya.
Sein Sohn Johann I (1379-1390) führte Krieg mit Portugal und England, um den Besitz seines Throns, vertraglich aber 1387 im Vertrag von Bayonne mit dem Haus Lancaster und 1389 mit Portugal. Ihm folgte der elfjährige Heinrich III (1390-1406), dessen Minderjährigkeit Streitigkeiten über die Reichsverwaltung veranlaßte, die das Land furchtbar zerrütteten. Da erklärte sich der junge 14-jährige König 1393 für mündig, vermählte sich mit Katharine von Lancaster und führte die Regierung selbst, und dies mit großer Energie. Unter ihm wurden 1402 die Kanarischen Inseln neuentdeckt.
Durch die Heirat im Jahr 1469 von Isabellas von Kastilien und Ferdinand von Aragonien wurde Kastilien mit Aragonien zum neuen Staat Spanien vereinigt. In wirtschaftlicher Hinsicht standen die ehemaligen Königreiche aber weiter Rücken an Rücken: Aragonien war mehr auf das Mittelmeer ausgerichtet, während für Kastilien bereits der Atlantische Ozean größere Wichtigkeit hatte. Die Eroberung Amerikas erfolgte daher im Namen der Krone von Kastilien - theoretisch waren die Untertanen der Krone von Aragonien in Spanisch-Amerika Ausländer.
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