Kartografie
Die Kartographie bzw. Kartografie ist die Wissenschaft, Kunst und Technik der Erstellung von Karten, Atlanten und Globen. Diese dienen zur Darstellung der Erdoberfläche mit all ihren topografischen, siedlungsgeografischen, territorialen, infrastrukturellen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen, administrativen, historischen, tektonischen, geomorphologischen, orographischen und sonstigen Aspekten. Neben der Erde werden aber auch astronomische Objekte mit Hilfe von Sternkarten bzw. -globen abgebildet.
Table of contents |
2 Geschichte 3 Amtliche Kartografie 4 Organisationen 5 Hinweis 6 Literatur 7 Weblinks |
Einführung
Die Kartografen visualisieren raumbezogene Informationen und müssen sich daher seit den ersten Karten mit den Problemen der Kartengestaltung auseinandersetzen. Sie bilden die Realität in der Karte so ab, dass es dem Benutzer ermöglicht wird die Inhalte der Karte (Linien, Flächen, Symbole...) leicht aufzunehmen bzw. zu nutzen. Es sollte dem Nutzer möglich sein, seine kognitive Karte im Gehirn zu erweitern oder zu korrigieren.
Die drei Dimensionen der Erdoberfläche auf einem flachen Tontäfelchen oder einem Papyrus abzubilden, war lange Zeit ein großes Problem. Als man dann herausfand, dass die Erde ein kugelförmiger Körper ist, musste man sich auch noch mit der Kartenprojektion, also der Darstellung eines dreidimensionalen Körpers auf einem zweidimensionalen Blatt Papier auseinandersetzen (Projektion, Mathematische Kartographie) beschäftigen.
Zur besseren Beschreibung der geographischen Lage der Orte wurden schon sehr früh die geographischen Koordinaten eingeführt. Diese Methode der Lagebeschreibung wurde seit dem 19. Jahrhundert um weitere Koordinatensysteme (z.B. Gauß-Krüger-Koordinatensystem, UTM-Koordinatensystem) ergänzt.
Geschichte
Die Geschichte der Kartografie hält mit der Entwicklung der Geographie als Wissenschaft Schritt.
Urgeschichte
Aus der Zeit der Urgeschichte hat man fast nur Sagen, Vermutungen und dürftige Nachrichten über Karten primitivster Art, von denen sich fast keine Spuren erhalten haben. Die bisher älteste kartografische Darstellung fand man im Jahre 1963 im türkischen Çatal Hüyük bei den Ausgrabungen einer neolithischenen Siedlung. Die Wandmalerei zeigt die Siedlung um 6200 v. Chr mit ihren Häusern und dem Doppelgipfel des Vulkans Hasan Dag (3.270m).
Frühgeschichte
Ca. 3800 v. Chr wurde eine Karte von Nord-Mesopotamien in die so genannte Tontafel von Nuzi (auch Ga-Sur), dem heutigen Jorgan Tepe, südwestlich von Kirkuk im Irak, geritzt. Auf der 7 cm x 7 cm großen Tontafel sind Berge, Flüsse und Städte eingezeichnet.
Die zwischen 1800 v. Chr und 1600 v. Chr erschaffene Himmelsscheibe von Nebra ist die älteste bekannte Himmelsdarstellung und evtl. auch die älteste astronomische Sternkarte der Menschheitsgeschichte.
Ca. 1500 v. Chr entstand im heutigen Italien die in einen Felsen geritzte Karte von Bedolina nahe der Ortschaft Capo di Ponte im Tal Val Camonica. Sie zeigt auf 4,16 m x 2,30 m den Plan eines Ortes sowie Tiere und Menschen.
Ebenfalls um ca. 1500 v. Chr. entstand in Babylonien ein Stadtplan von Nippur auf einer 21 cm x 18 cm großen Tontafel, die das Stadttor, Gebäude und den Euphrat zeigt und in sumerischer Keilschrift beschriftet ist.
Aus der Zeit um 1300 v.Chr. ist eine ägyptische Papyruskarte von den nubischen Goldminenfelder erhalten. Sie stellt das Becken östlich von Koptos mit einer Hauptstraße und dem Ammonstempel dar.
Ca. aus dem 6. Jahrhundert v. Chr stammt eine in eine Tontafel geritzte Weltkarte, die das babylonische Weltbild als Kreis zeigt.
Im 5. Jahrhundert v. Chr gibt der Weltreisende Herodot eine ausführliche Beschreibung, wie eine Weltkarte im Einzelnen zu zeichnen wäre. Die Grenzen seines Welthorizontes sind Nordeuropa, das kaspische Meer, Westindien und im Süden die Sahelzone.
Aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung stammen die Handzeichnungen von Karten in den ältesten Manuskripten der Kosmographie des Ptolemäus, einer Erdbeschreibung, die eigentlich ein Verzeichnis astronomischer Positionen nach Breite und Länge ist und auf so unsicheren Berechnungen basiert, dass die Fehler der zu großen Länge beim Ostende des Mittelländischen Meers 20° und an der Gangesmündung schon 46° betragen. Ferner gibt es noch die Tabula Peutingeriana, eine von West nach Ost unnatürlich verzerrte Straßenkarte des römischen Reichs mit Angabe der Militärstationen und Entfernungsangaben in Meilen.
Mittelalter
Die verschiedenen Handzeichnungen, meist von Mönchen angefertigt, sind Versuche so genannter Weltkarten (mappae mundi), die aufbauend auf den Irrtümern des Ptolemäus, der noch lange als unfehlbare Quelle galt, sowie durch Mißinterpretationen neuer Entdeckungen z. B. Marco Polos aber auch anderer Entdecker, gravierende Fehler enthielten: Asien rückte beispielsweise so weit gegen Osten, dass Kathai (China) nur noch 130° westlich von Spanien lag.
Zu diesen Weltkarten zählen die Ebstorfer Weltkarte (ca. 1235), die Hereforder Weltkarte (ca. 1270), die Haldinghams (im Dom zu Hereford, 14. Jahrhundert), die des Marino Sanuto (1320), die Florentiner Seekarte (1351), die so genannte Katalunische Karte (1375) eines mallorcinischen Schiffers, die Karte Andrea Biancos (1436), die Weltkarte im Palazzo Pitti zu Florenz (1447), jene des Fra Mauro in der Markusbibliothek zu Venedig (1453).
Der Globus des Nürnberger Gelehrten Martin Behaim von 1492 kann als Schlußstein dieser Periode angesehen werden. Er trägt noch alle Spuren des unvollkommenen Wissens und der Irrtümer seiner Zeit.
Neuzeit
In diesem Zeitabschnitt machen sich die Fortschritte der Kartografie schon sehr bemerkbar. Es erscheint eine ansehnliche Anzahl von Küstenkarten (portolani), welche in Venedig, Genua, Lissabon, Mallorca und anderen Orten fast fabrikmäßig gefertigt werden, allerdings noch mit teilweise falsch orientierten Umrissen infolge der Unkenntnis der Missweisung (Deklination) der Magnetnadel und mit bedeutenden Fehlern bezüglich der geographischen Länge, welche nur nach der Schnelligkeit des Segelns geschätzt wurde.
Aus ihnen werden die Weltkarten zusammengesetzt, und es wird die Kunst des Grabstichels zu ihrer Vervielfältigung aufgeboten.
Jede größere Bibliothek besitzt eine Anzahl von Portolani aus jener Zeit. Seltener sind die Weltkarten, sowohl die Handzeichnungen als auch die Abdrücke der gestochenen. In diese Suite gehören die Carta marina von Portugal (1504), die türkische Weltkarte (Karten von Piri Reis) (1513), die Weltkarten von Descelliers (1553, im Privatbesitz in Wien), Gaultier (1512), Apian (1524), Ribero (1529), Cabot (1544) u.a. die Globen von Schoner (1520), Mercator (1541) und dessen schon mit wachsenden Breiten konstruierte Weltkarte (1569).
Im Jahre 1507 gibt Martin Waldseemüller Globus und Weltkarte mit der Kontinentbezeichnung Amerika heraus.
Allgemach vollzieht sich die Emanzipation von Ptolemäus, die Adoption bestimmter Projektionen, die Auswechslung fabelhafter und hypothetischer Ausfüllung mit den Ergebnissen neuer Entdeckungen im Bereich des asiatischen und amerikanischen Kontinents. So wird es möglich, dass vor und nach 1600 an die Stelle der Portolani ganze Atlanten treten, z.B. der von Mercator (gest. 1595), den dessen Söhne vollendeten, von Ortelius ("Theatrum orbis terrarum", 1570), Jodocus Hondius (gest. 1611), Johannes Jansson (1636, 6 Bände mit 451 Karten), Blaeuw (gest. 1638) und seinen Söhnen (372 Karten) etc. Damals waren also die Niederländer tonangebend auf dem Gebiet der Kartografie. Für Deutschland sind zu nennen Johann Baptist Homann (gest. 1724) in Nürnberg (etwa 200 Karten) und Seutter in Augsburg (Atlas, Wien 1736, 50 Blatt), für Frankreich Tavernier u.a.
Der Landkartenstich war, wie der Buchdruck, ein Gewerbe geworden.
Mit Jacques und César Cassini, welche 1750 bis 1793 die große Triangulation von Frankreich und die darauf begründete große topographische Karte vollendeten, begann endlich die Zeit der genauen topographischen Aufnahmen und der kritischen Bearbeitung der Karten.
In ersterer Beziehung stand nun Frankreich an der Spitze, doch genügten die großartigen Leistungen der beiden Cassini nicht: Es wurde eine neue, große topographische Karte geplant, deren letzte Blätter (267) erst Ende des 19. Jahrhunderts erschienen sind. Dem Beispiel Frankreichs folgten nach und nach alle europäischen Staaten, und es fehlt nicht mehr sehr viel, um Europa, mit Ausnahme der Türkei und größerer Teile von Spanien sowie der nördlichsten Teile von Skandinavien und Russland, mit allem Aufwand gereifter Geodäsie trigonometrisch ausgenommen und topographisch mappiert anzunehmen. Unter den asiatischen Ländern erfreut sich Ostindien, unter den amerikanischen die Union des allmählichen Zustandekommens guter Spezialkarten. Für die genaue Ausnahme der Küstenstriche aller Ozeane wirken in erster Linie die britische Admiralität, in zweiter die nordamerikanische und französische Marine. Tausende von Seekarten und von topographischen Sektionen beweisen die überall erwachte Tätigkeit der Marinen, der Generalstäbe und Ingenieur-Geographenkorps.
Selbstverständlich ist dieser Umschwung nicht ohne Einfluss auf die Privatindustrie geblieben, und es kann auf die Leistungen der geographischen Institute zu Gotha und Leipzig, auf die Produktion vieler Verleger von London, Paris, Berlin (Reimer), Sankt Petersburg etc., auf die zahlreichen Illustrationen zu den Mitteilungen der verschiedenen geographischen Gesellschaften hingewiesen werden, um die Überzeugung zu erlangen, dass die Kartografie beschleunigt in allen Richtungen fortschreitet. Nicht nur der Gelehrte, der Forscher, der Militär, auch Geschäftsleute und selbst die lange vernachlässigte Schule finden Befriedigung für ihre mannigfaltigen Bedürfnisse, obgleich noch lange nicht alle Kombinationen erschöpft sind, um den überreichen Stoff dem Fachmann und dem Lernenden mundgerecht zu gestalten.
Nach jahrhundertelanger, hauptsächlich handwerklicher Tätigkeit bei der Originalherstellung oder Reproduktion von kartografischen Erzeugnissen, hat sich mit dem Aufkommen der Computer das Bild der Kartografie stark gewandelt. Mit heutigen Geoinformationssystemen (GIS) arbeiten Kartografen eher am Bildschirm mit Maus und Tastatur als über dem Leuchttisch mit Griffel und Tuschefeder.
Als Grundlage für neue Karten sind seit frühester Zeit die Ergebnisse der Geodäsie (Vermessungskunde) interessant gewesen.
Mit der Eroberung der Lüfte und später auch des Weltalls wurde mit der Fernerkundung und Photogrammetrie eine neue reichhaltige Datenquelle, das Luftbild und Satellitenbild gefunden, die heute nicht mehr wegzudenken ist.
Die rasante Entwicklung von interaktiven Karten im Internet oder bei mobilen Endgeräten sind Schwerpunkt zahlreicher Untersuchungen, aber auch Forschungsschwerpunkte wie Virtuelle Realität oder Augmented reality sind heute in der Kartografie vertreten.
Der Großteil der amtlichen Karten basiert auf der deutschen Grundkarte mit einem Maßstab von 1:5000.
Siehe auch: Kartensammlung, Vier-Farben-Satz, Mercator-Projektion
Moderne
Amtliche Kartografie
Als amtliche Kartografie bezeichnet man die von staatlichen Behörden erstellten Karten und Daten.Deutschland
In Deutschland ist das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie für kleinmaßstäbige Karten und die nationale Koordinierung zuständig.
Die großmaßstäbigen Karten sind Ländersache, ihre Erstellung übernimmt das jeweilige Landesvermessungsamt des Bundeslandes. Speziell für Seekarten und Flusskarten ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zuständig.Österreich
Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) ist in Österreich für die amtliche Kartografie zuständig.Schweiz
Das Bundesamt für Landestopographie (swisstopo) ist in der Schweiz für die amtliche Kartografie zuständig.Organisationen
Hinweis
Die korrekte Schreibweise war vor der Rechtschreibreform die mit "ph".
Nach der neuen Rechtschreibung sind beide Formen gültig, jedoch ist "Kartographie" die Hauptvariante.
Die DGfK hat beschlossen, dass "Kartographie" geschrieben wird, wenn die Wissenschaft gemeint ist.
Laut Duden ist die Schreibweise mit "f" ("Kartografie") vorzuziehen.Literatur
Weblinks