Karolinen
Dieser Artikel basiert auf dem entsprechenden Eintrag in Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage von 1888-90
Karolinen
span. Inselgruppe im westlichsten Teil des Stillen Ozeans, zu Mikronesien gehörig erstreckt sich zwischen den Philippinen im W. und den Marshallinseln im O. durch 32 Längengrade (131° 4' - 163° 6' östl. L.) und 9 Breiten-grade (10° 6' -1° 3' nördl. Br.) und zerfällt in zwei Gruppen: eine westliche, 750 qkm (13,6 QM.)groß, bestehend aus den Palauinseln und der Gruppe Yap, und eine östliche, 700 qkm (12,7 QM.) groß, welche durch eine breite Meeresstraße abermals in zwei Gruppen, eine zentrale und eine östliche, zerfällt. Die Bevölkerung wird für die westlichen K. auf 14,000, für die östlichen auf 22,000,also zusammen auf 36,000 Seelen berechnet.
Der bei weitem größte Teil des Umfanges und der Bevölkerung entfällt auf die folgenden fünf hohen vulkanischen, gut bewässerten und üppig fruchtbaren Inseln ): Babelthouap . . 300 QKilom., 10000 Einw , Yap........2o7 -275o , Ruck. .... 132 - 12000 , Ponape ... 347 - 2000 , Kusaie .... 112 - 400 ,
Die niedrigen Laguneninseln, deren Zahl 42 beträgt, sind weniger fruchtbar, aber doch teilweise mit schönen Waldungen bedeckt und, sechs ausgenommen, sämtlich bewohnt. Die wichtigsten sind Lukuno Sotran, Etal, Losap, Namoluk, Los Martires, Elato, Wolea, Pingelap, Uluthi.
Hauptprodukte sind: Kokosnüsse , Brotfrucht, Sago, Trepang, eßbare Schwalbennester. Von Landtieren sind einheimisch nur eine .Ratte und ein Pteropus, auf Ponape eine eigentümliche Art Hund; Landvögel sind nicht zahlreich, eine Papageienart findet sich auf Ponape, das indische Krokodil bis Palau. Die See ist reich an Delphinen, Potwalen, Dugongs, eigentümlichen, zum Teil giftigen Fischen; Krustaceen, auch solche, die auf Bäumen leben, sind überaus häufig.
Das Klima ist feucht, aber nicht ungesund; das Thermometer zeigt im Dezember 25-30°, imJuni 29-31° C. Von November bis März weht der Nordostpassat, von April bis September der Südwestpassat; heftige Orkane richten oft große Verherungen an. Die Karoliner gehören zu den Mikronesiern; sie sind von hübschem Äußern, hellbrauner Hautfarbe und schwarzem Haar, freundlich und liebenswürdig . Sie leben in kleinen Staaten unter vielen Häuptlingen, die stets miteinander in freilich nicht sehr blutigen Kriegen leben, obschon die. Residenzen dieser Häuptlinge zuweilen durch Schiffskanonen verteidigt werden. Als kühne Seefahrer unterhalten sie einen lebhaften Verkehr mit den Marianen, . die auf Saypan mehrere kleine Niederlassungen gegründet haben.
Merkwürdig sind die großartigen, aus früherer Zeit stammenden Steinbauten, Hafendämme u. a. auf manchen Inseln sowie das Steingeld, welches sie bis zur Größe von Mühlsteinen auf Palau brechen. Wichtig ist die Gruppe in neuester Zeit durch den Koprahandel geworden. Die Deutsche Handels- und Plantagengesellschast der Südsee (Samoa) hat Faktoreien auf Ujilong, Ponape, Lukunor,Losap, Nukuor, Lamotrek, Uluihi, Yap und Palau, die Firma Hernsheim (Ialuit) seit 1876 auch Faktoreien mit eignem Grundbesitz auf Ponape und einigen andern Inseln; außerdem gibt es hier ein paarenglische Häuser. Von Kopra, dem einzigen Handels-Gegenstand der K., werden jährlich durch die deutschen Firmen 1000 (Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft 800, Hernsheim 200) Ton. ausgeführt.
Die Inselgruppe wurde zuerst 1527 durch den Portugiesen Diego da Rocha entdeckt und Sequeirainseln getauft, erhielt aber 1686 von dem Spanier Lazeano nach König Karl II. ihren jetzigen Namen, welcher den ihnen gleichfalls von Spaniern gegebenen Namen der Neuen Philippinen schnell verdrängte. Von Manila .aus suchten die Jesuiten die Bewohner der K. zum Christentum zu bekehren, die erste Expedition 1710 mißlang, andre ebenfalls, und als 1731 der Pater Cantova ermordet wurde, bekümmerte sich Spanien nicht mehr um die Gruppe. untersucht wurde dieselbe 1817 durch Kotzebue mit Chamisso, 1824 durch Duperrey, in besonders verdienstlicher Weise aber 1827 und 1828 durch Lütke.
Weitere Nachrichten über einzelne Teile verdanken wir Semper, Kittlitz, Hernsheim u. a. Die Gruppe ist danach von manchen Geographen als Besitz Spaniens aufgeführt worden, als dieses aber 1875 sein angebliches Besitzrecht geltend machen wollte, wurden seine Ansprüche sowohl von Deutschland als von England zurückgewiesen.
Als 1884 die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft die Reichsregierung ersuchte, die Gruppe unter deutschen Reichsschutz zu stellen, wurde diesem Wunsch unter Absendung eines Kriegsschiffs entsprochen, das 25. Aug. 1885 auf Yap die deutsche Flagge hießte. Die zu dem selben Zweck entsandten spanischen Kriegsschiffe zogen sich darauf zurück. Die Nachricht hiervon rief in Spanien die größte Aufregung hervor, die sich in verletzenden Kundgebungen äußerte.
Die Regierung protestierte gegen die deutsche Besitzergreifung, worauf Deutschland sich bereit erklärte, die Streitfrage dem Schiedsgericht des Papstes zu unterwerfen. Dieser entschied 22. Okt., daß die K. und Palauinseln Spanien gehören, dieses aber Deutschland volle Freiheit und Schutz des Handels und der Schiffahrt sowie das Recht, auf den K. eine Schiffs- und Kohlenstation anzulegen, gewähren sollte. In diesem Sinn kam im Dezember ein Vertrag zwischen Deutschland und Spanien zum Abschluß.
Auf die Schiffs- und Kohlenstation verzichtete Deutschland 1886.
Vgl. Kubary, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis der Karolinen -Inselgruppe (Berl. 1885ff.); ManteroVidal,El archlplélago Fillpino y las islas Marianas, Carolinas etc. (Madr. 1886) Taviel deAndrade, Historia del confilcto de las Carolinas (das. 1886).