Karäer
Mit dem Begriff Karäer (Karaim, Karäim, Karaiten) wird eine im 8. Jahrhundert entstandene jüdische Religionsgemeinschft bezeichnet, die den Talmud und die mündlichen Überlieferungen des rabbinischen Judentums ablehnt. Unter anderem weicht ihr Kalender vom Kalender des übrigen Judentums ab. Die Eigenbezeichnung lautet: Karay (Mz.: Karaylar).Die Karäer leben strikt nach der geschriebenen Thora = Fünf Bücher Moses und interpretieren auch alle der 613 Gebote der Thora ausschließlich aus der Thora selbst. Eine talmudische Tradition oder ein daraus entstehendes Dogma lehnen sie ab.
Im 8. Jahrhundert entstanden verbreiteten sich die Karäer seit dem Mittelalter im Mittelmeer- und Schwarzmeerraum. Bedeutende Zentren waren Anatolien und die Halbinsel Krim. Auch im Khanat (Reich) der Chasaren (8. - 10. Jahrhundert), dessen Oberschicht sich zum Judentum bekehrte, sollen sie erfolgreich missioniert haben.
Kleine Gruppen von Karäern gibt es heute noch in Polen, der Ukraine, Litauen und wahrscheinlich auch in Russland, sowie in Frankreich, Australien und Nordamerika. In Israel leben etwa 15.000 Karäer (2002). Hier werden sie als nichtreligiöse Juden eingestuft. Weltweit wird die Zahl der Karäer auf 20.000 geschätzt.
Die Karäer Osteuropas, also Litauens, Polens und der Ukraine betrachteten im 19. und 20. Jahrhundert ihren Glauben überwiegend als eine gegenüber dem Judentum eigenständige biblische Religion. Darüber hinaus gibt es bei einem Teil von ihnen ein Selbstverständnis als eigenständige Volksgruppe, die im ethnischen Sinne keine semitisch-jüdische Wurzeln besitzt. Bei ihnen handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Nachfahren der zum jüdischen Glauben übergetretenen Chasaren. Ihre in verschiedene Dialekte zerfallende Karaimische Sprache ist eine Turksprache, die vom Aussterben bedroht ist oder bereits nicht mehr aktiv gesprochen wird. Auf der Krim gibt es Ansätze die Sprache als kulturelles Erbe ähnlich dem lateinischen zu erhalten.
Im 14. Jahrhundert waren Karäer von der Krim nach Litauen und in die heutige West-Ukraine das damalige Galizien gewandert. Nach der Eingliederung der Krim (1783) und den polnischen Teilungen (1772 - 1795) gehörten alle Siedlungs- und Sprachinseln der Osteuropäischen Karäer zum zaristischen Russland. Dort wurden die Karäer im Gegensatz zu den Juden auf Grund ihrer ethnischen und religiösen Besonderheit nicht diskriminiert. Auch während der deutschen Besetzung ihrer Siedlungsgebiete galten sie als "tatarische Volksgruppe" und waren daher von der Verfolgung ausgenommen.
Ein religiöses und historisches Zentrum der Karäer Osteuropas ist die Stadt Trakai in Litauen.
Geschichte und Kopfzahl
Die Karäer (Karaimen) Osteuropas
Die Karäer im osmanischen Reich
Auch im Orient, v.a. im osmanischen Reich, gab es neben den sephardischen Juden, die nach der Vertreibung aus Spanien 1492 ins Land geholt wurden, zahlreiche karaitische Gemeinden. Der Istanbuler Stadtteil Karaköy (unterhalb von Beyoglu am der Brücke über das Goldene Horn) ist nach ihnen benannt (Karai-köy), eine karaitische Synagoge befindet sich weiter flussaufwärts am Goldenen Horn (Besonderheit: die Eintretenden ziehen, wie in Moscheen, die Schuhe aus).