Kanzlerdemokratie
Der Begriff der Kanzlerdemokratie beschreibt eine mögliche Ausformung des deutschen Regierungssystems und steht im Gegensatz zur Koordinationsdemokratie.Dabei überschreitet der Bundeskanzler die ihm durch das Grundgesetz (Art. 65) vorgegebenen Prinzipien und erlangt so mehr Macht als ihm das Grundgesetz zugesteht. Für das Bestehen einer Kanzlerdemokratie gibt es in der Politikwissenschaft (nach Karlheinz Niclauß) fünf anerkannte Merkmale:
1. Durchsetzung des Kanzlerprinzips im politischen Sinne. Nicht nur Verwirklichung der Richtlinienkompetenz, sondern auch zentrale Rolle des Kanzlers bei der Vorbereitung der wichtigsten Entscheidungen im Kabinett. Der Kanzler stellt die Regierungspolitik in der Öffentlichkeit dar.
2. Persönliches Prestige des Kanzlers im Regierungslager und in der Mehrheit der Bevölkerung. Der Kanzler verkörpert die Regierungspolitik und steht im Mittelpunkt der Berichterstattung.
3. Das Amt des Bundeskanzlers ist mit dem Vorsitz der größten Regierungspartei eng verbunden. Der Kanzler ist in der eigenen Partei unumstritten.
4. Der Dualismus zwischen Regierungslager und Opposition bestimmt die allgemeine politische Auseinandersetzung. Durch gegenseitige Abgrenzung stehen sich Regierungslager und Opposition deutlich erkennbar gegenüber.
5. Der Bundeskanzler ist in der Aussenpolitik persönlich stark engagiert, greift dabei auch stark in das Ressort des zuständigen Aussenministers ein.
In der Geschichte der Bundesrepublik lässt sich nur in den ersten 12 Jahren (1949-1961) der vierzehnjährigen Adenauer-Ära von einer Kanzlerdemokratie sprechen.
Siehe auch: Politisches System Deutschlands