Kaliningrader Oblast
Siehe auch Portal OsteuropaWappen | Karte |
---|---|
(Wappen fehlt noch)
| (Karte fehlt noch)
|
Basisdaten | |
Staat: | Russland |
Föderationskreis: | Nordwestrussland |
Fläche: | 15.000 km² |
Einwohner: | 950.000 |
Hauptstadt: | Kaliningrad |
Bevölkerungsdichte: | 63 Einwohner je km² |
KFZ-Kennzeichen: | 39
|
Gliederung der Oblast: | 13 Rajons |
Website:
| [1] |
Politik | |
Gouverneur: | Wladimir Jegorow |
Die Kaliningrader Oblast oder auch Kaliningrader Gebiet (russisch: Калининградская область, Kaliningradskaja Oblast) ist die westlichste, eine der kleinsten und die jüngste Oblast der Russischen Föderation mit 950.000 Einwohnern und 15.000 km² (etwa der gleichen Fläche wie das Land Schleswig-Holstein). In Russland wird sie häufig auch als Bernsteinland (russisch: Янтарный Край, Jantarnyj Kraj) bezeichnet, was auf ihren Reichtum an Bernstein hinweist. Die Hauptstadt ist Kaliningrad. Die Oblast umfasst etwa das nördliche Drittel der ehemaligen Preußischen Provinz Ostpreußen (ohne Ermland und Masuren) und ist räumlich durch litauisches oder polnisches und darüber hinaus weißrussisches oder lettisches Territorium vom restlichen Russland getrennt (Exklave). Die wichtigste Verbindung zum Kernland verläuft durch Litauen und Weißrussland.
Geographie
Grenzen
Die Oblast Kaliningrad wird im Westen von der Ostsee begrenzt, im Norden von der Memel (Grenze zu Litauen), im Osten vom Marijampoler Distrikt (zu Litauen).
Dieser Grenzabschnitt entlang der Flüsschen Scheschupe (Scheschuppe) und Lepone existiert in seinem Verlauf seit dem 13. Jahrhundert und zählt zu den traditionsreichsten Grenzen Europas.
Im Süden grenzt die Oblast an Ermland-Masuren (zu Polen).
Städte
Die größte Stadt und Hauptstadt ist Kaliningrad (Königsberg),
insgesamt gibt es 22 Städte sowie einige größere Siedlungen (sog. "städtische Siedlungen"; siehe auch: Liste der Städte in der Kaliningrader Oblast).
Landschaft
Das Landschaftsbild wird von leicht gewelltem Flachland mit Moränenhügeln und viel Wald bestimmt. Größte Flüsse sind der Pregel und die Memel, weitere Flüsse sind die Lawa (Alle), die Angrapa (Angerapp), die Krasnaja (Rominte) und die Dejma (Deime). Im Norden der Oblast befindet sich - angrenzend an das Kurische Haff - die Elchniederung, eine Moorlandschaft.
Im Südosten liegt die Rominter Heide mit dem Wystiter See und dem Wystiter Hügelland, die mit bis zu 230 m Höhe die höchste Erhebung der Oblast bilden. Im Westen ragt das Samland als Halbinsel in die Ostsee. Im Südwesten liegt das Frische Haff. Die Oblast hat Anteil an der Kurischen Nehrung und an der Frischen Nehrung.
Politik und Verwaltung
Die Oblast Kaliningrad wird in 13 Rajons und unabhängige Städte unterteilt (entsprechen den deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten):
Unabhängige Städte:
Bevölkerung
Die 948.000 Einwohner (1. Januar 2000, trotz Einwanderung fallende Tendenz) bestehen zu 80,1 % aus Russen, zu etwa 8,1 % aus Weißrussen, zu 7,9 % aus Ukrainern und aus anderen (Tataren (0,4 %), Baschkiren, Litauer (je 1,4 %), Armenier (1,3 %), 5.000 Russlanddeutsche (unter 0,6 % - alle Quoten von 2001)). Nach Auflösung der Sowjetunion sind vor allem Russen aus den nun unabhängigen baltischen Staaten in die Oblast Kaliningrad gezogen.
Noch heute sind ca. 50 % der Bevölkerung nicht in der Oblast geboren. Zu einem wachsenden Problem in der Region entwickelt sich die Ausbreitung von Hepatitis B, AIDS und Tuberkulose. Es leben 14.500 Militärangehörige in der Oblast.
Wirtschaft
Die Oblast Kaliningrad hat für Russland nach wie vor große Bedeutung als Militärstützpunkt (bis 1991 gesperrt) sowie als eisfreier Ostseehafen. Die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone "Jantar" zeigt nur zögerlich Erfolge, was man insbesondere der starken Abschottung des Gebietes, der herrschenden Bürokratie, der hohen Kriminalität und der häufig anzutreffenden Korruption anlastet. In Kaliningrad gibt es eine große Fischereiflotteeiflotte (die größte Russlands) sowie Automontage für BMW und KIA. Die Wirtschaft leidet sehr unter der zunehmend starken Abschottung des Gebietes von seinen Nachbarn und den vielen zu überwindenden Staatsgrenzen zum russischen Kernland. Dies führte zu einem Niedergang des Exportes und brachte eine hohe Arbeitslosigkeit insbesondere auf dem Land mit sich.
Verkehr
Seeverkehr
Der Umschlag des Kaliningrader Hafens betrug 2002 9,9 Mio. Tonnen (zweitgrößter russischer Seehafen).
Binnenverkehr
Innerhalb der Oblast existiert ein weitmaschiges, 645 km langes Eisenbahnnetz, davon sind 95 km elektrifiziert (Strecken von Kaliningrad nach Swetlogorsk und Zelenogradsk). Daneben wird ein großer Teil des Verkehrs mit Bussensen bewältigt. Zwischen Kaliningrad und Talpaki bei Znamensk besteht eine autobahnähnlich ausgebaute Schnellstraße. Nach Polen besteht die Trasse der bereits vor 1945 einspurig betriebenen Autobahn Elbing-Königsberg, die kürzlich wieder für den Verkehr freigegeben wurde, jetzt aber nur noch eine Straße von regionaler Bedeutung ist. Die Länge des Straßennetzes beträgt 6714 km.
Verkehr mit dem restlichen Russland
Die meisten von der Oblast ausgehenden Verkehrsströme zielen in Form von Transitverbindungen durch Litauen und Weißrussland auf das russische Kernland. Durch die Situation als von visumpflichtigem Ausland umgebene Exklave ist der Verkehr mit dem restlichen Russland jedoch sehr erschwert, was ein ernsthaftes Problem für die lokale Wirtschaft ist.
Eisenbahn
Den wichtigsten Verkehrsträger von der Kaliningrader Oblast ins russische Kernland stellt die Eisenbahn dar. Fahrkarten für Transitzüge ins russische Kernland müssen spätestens einen Tag vor der Fahrt gekauft werden, da ein sogenanntes "Transitdokument" (de facto ein Transitvisum) erforderlich ist. Diese Züge fahren ohne Zu- oder Aussteigemöglichkeit bis ins russische Kernland durch.
Straße
Die Hauptstraßenverbindung nach Moskau verläuft über den Grenzübergang Tschernyschewskoje - Marijampole - Vilnius - Minsk - Smolensk, die Hauptstraße nach Sankt Petersburg verläuft über den Grenzübergang Sowjetsk - Siauliai - Riga - Pskow. Für beide Routen sind (schwierig zu beschaffende und teure) Transitvisa erforderlich.
Fähre
Es existiert eine visumfreie Fährverbindung von Baltijsk nach Sankt Petersburg, die zur Zeit 48 Stunden für eine Richtung braucht und auf der eisfeste Autofähren eingesetzt werden. Geplant sind Schnellfähren für den Eisenbahn-, Auto- und Personentransport, die nur noch 15 Stunden brauchen werden und von Wostotschnij bei Baltijsk nach Ust-Luga bei Sankt Petersburg verkehren. Eine Schifffahrt kostet hierbei so viel wie die Bahnfahrt über Litauen und weißrussisches Territorium.
Flugzeug
Bei Chrabrowo befindet sich ein Flughafen, von dem aus täglich mehrmals ebenfalls visumfreie Inlandsflüge ins russische Kernland abgehen.
Verkehr mit den Nachbarländern
Es existieren 3 Straßengrenzübergänge nach Polen (davon einer nur für Staatsangehörige Polens und Russlands), 4 Straßengrenzübergänge nach Litauen (davon einer nur für Staatsangehörige Litauens und Russlands), 2 Eisenbahngrenzübergänge nach Polen (davon einer ausschließlich für den Güterverkehr) und 2 Eisenbahngrenzübergänge nach Litauen (davon einer ausschließlich für den Güterverkehr). Vom Flughafen Chrabrowo aus bestehen Verbindungen vor Allem nach Nordeuropa und Polen, aber auch nach Deutschland. Die Bewohner der Oblast benötigen für sämtliche Nachbarländer seit einigen Monaten ein Visum. Dies hat in Verbindung mit sehr restriktiven Grenzkontrollen dazu geführt, dass der sogenannte kleine Grenzverkehr seitdem praktisch zum Erliegen gekommen ist und die Oblast stärker als zuvor auf das russische Kernland ausgerichtet ist.
Geschichte
vor 1945
Zur Geschichte vor 1945 siehe unter Ostpreußen.
Wiederbesiedelung
Nachdem im Jahr 1945 Ostpreußen von der Sowjetarmee erobert worden war, bildete die sowjetische Regierung zuerst die "Kenigsbergskaja Oblast". 1946 erfolgte - kurz vor der Umbenennung der Hauptstadt - die neue Namengebung Kaliningradskaja Oblast. Gleichzeitig liefen in der gesamten Sowjetunion mit Schwerpunkt in Zentralrussland, dem Gebiet des heutigen Föderationskreises Wolga, der nordöstlichen Ukraine und Weißrussland Kampagnen, um den entvölkerten Landstrich wieder zu besiedeln. Ins Land kamen Menschen, die im Krieg ihr Heimatdorf oder ihre Familie verloren haben, aber auch heimkehrende Soldaten und Strafgefangene. Das Gebiet wurde zu einem Militärsperrbezirk, in den selbst Sowjetbürger nur mit Sondergenehmigung einreisen konnten. Rund 2280 Orte wurden nicht wieder besiedelt und existieren seither nicht mehr, die übrigen 2520 Ortschaften erhielten russische Namen, die keinen Bezug zu den alten Ortsnamen mehr besaßen (z.B. Schelesnodoroschnij (Eisenbahnstadt) für Gerdauen, Matrosowo (Matrosendorf) für Gilge, Slawsk (ruhmreicher Ort) für Heinrichswalde).
1960er bis zur Perestrojka
1965 wurde trotz Protesten von Einwohnern das Königsberger Schloss gesprengt und neben dessen ehemaligem Standort mit dem Bau des Rätehauses begonnen (bis heute unvollendet). Danach und in den 1970er Jahren erfolgte verstärkt der Abriss von alter Bausubstanz und der Neuüberbauung vieler Städte einschließlich der Hauptstadt. Da das Gebiet der Oblast selbst für Sowjetbürger gesperrt und nur mit Sondergenehmigung zu bereisen war, entwickelte es sich nur sehr langsam. Die gesamte Region war Militärsperrgebiet und beherbergte auch Kernwaffen.
Öffnung des Gebietes
1991 wurde das Gebiet im Zuge der Perestrojka wieder für ausländische Besucher geöffnet. So kamen unter anderem vorübergehend viele Heimwehtouristen in die Oblast. Seit der politischen Öffnung wird Bausubstanz verstärkt erhalten. Dies betrifft einige repräsentative Kirchen wie den Königsberger Dom und einige Dorfkirchen, aber auch andere vereinzelte Bauwerke wie die Königin-Luise-Brücke (siehe auch Absatz "Kultur").
Exklavenstatus
Mit Auflösung der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Baltischen Staaten ergab sich jedoch die neue Situation, dass die Oblast nun eine von Russland abgetrennte Exklave geworden war und von Importen abhängig wurde. Früh existierten Planungen, Kaliningrad zu einem Hongkong an der Ostsee zu machen. Zu diesem Zweck wurde die Sonderwirtschaftszone Jantar (Bernstein) eingerichtet, die jedoch nur wenig Erfolg zeigte. Mit dem Beitritt Litauens und Polens zur EU 2004 verschärfte sich die Exklavensituation, da für die Reise von der Oblast zum russischen Kernland de facto nun ein Visum erforderlich ist. Im Fremdenverkehrsbereich besteht inzwischen das Problem, dass der Heimwehtourismus der Öffnungszeit wieder weitgehend abgeebbt ist. Daher versucht man nun, eine neue Reisendenklientel zu erschließen, die vor Allem aus Russland und Weißrussland kommt. Seit dem 29. März 2004 ist die Oblast landseitig vollständig von NATO-Gebiet umgeben.
Kultur
Nach der Eroberung des Gebietes der heutigen Oblast wurden die Spuren der früheren Geschichte bewusst zerstört. Dies betraf speziell Schlösser, Landgüter und Kirchen. Das frühere Nordostpreußen sollte nur noch ein Militärsperrgebiet sein. Dies änderte sich mit der Perestrojka. Seither wird die frühere Geschichte nicht mehr verschwiegen und einige Organisationen wie z.B. Kirchengemeinden und Krankenhäuser aus diesem Gebiet pflegen Partnerschaften zu ehemaligen Bewohnern Ostpreußens, was sich in einigen Hilfstransporten in diese Region zeigt.
Die heutige Oblast ist ein eindeutig russisches Gebiet und versteht sich aus offizieller Sichtweise auch kulturell als westlicher Außenposten Russlands. Offizielle Stellen bemühen sich, eine neue Identität auf Basis der russischen Geschichte im Ostseeraum, aber auch unter teilweiser Berücksichtigung der früheren Geschichte der Region zu bilden. So wird in der Oblast Kaliningrad die Tradition der Westöffnung unter Zar Peter dem Großen betont, der öfters Reisen nach Königsberg unternommen hatte. Auch die kurze Episode zwischen 1758 und 62, in der das Gebiet schon einmal von Russland annektiert worden war (sog. "Erste russische Episode"), gewinnt in diesem Zusammenhang an Bedeutung. Ein Element aus der vor-russischen Zeit, auf das gelegentlich hingewiesen wird, ist der Umstand, dass sich im früheren Ostpreußen Siedler aus vielen deutschsprachigen Gegenden (Salzburg, Schweiz, Niederlande) angesiedelt hatten, wie auch die heutige Bevölkerung aus den unterschiedlichsten Regionen (wenn auch der ehemaligen Sowjetunion) stammt. Ferner wird häufig unterstrichen, dass Königsberg eine Hansestadt mit vielen Kontakten nach Russland (Nowgorod) war und dass sich hier eine traditionsreiche Universität befindet, von der aus auch viele Einflüsse nach Russland kamen. Als Identifikationsobjekt hierbei gilt der Königsberger Philosoph Immanuel Kant: So wurde die ehemalige Kneiphof-Insel und später schlicht "Insel" genannte Pregelinsel in Kaliningrad in "Kant-Insel" umbenannt. Es gab sogar Vorschläge, die frühere Stadt Königsberg und heutige Stadt Kaliningrad in "Kantgrad" umzubenennen. Alte backsteingotische Dorfkirchen werden in einigen Orten für Russisch-orthodoxe Gottesdienste hergerichtet, zum Teil werden bzw. wurden Kirchen im traditionellen russischen Stil neu gebaut. Schlösser und Herrenhäuser werden zum Teil, wo sie noch stehen und Geld vorhanden ist, renoviert. Die Oblast Kaliningrad unterhält heute auf Regierungsebene Partnerschaften mit den Bundesländern Brandenburg und Schleswig-Holstein, die neben einer wirtschaftlichen Komponente auch kulturelle Zusammenarbeit einschließt.
Weblinks