Interkulturelle Erziehung
Interkulturelle Erziehung bezeichnet pädagogische Ansätze, die ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft fördern sollen. Dabei geht es insbesondere darum im gemeinsamen, interkulturellen Lernen einen Umgang mit Fremdheit zu finden.Ausgangspunkt der interkulturellen Erziehung ist die Kulturkontaktthese, die besagt, dass das gemeinsame Leben von Menschen unterschiedlicher Kultur einen Lernprozess bei allen Beteiligten auslöst. Durch das Erkennen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten können eigene bis dahin unhinterfragte Positionen überdacht werden und unter Umständen neue Lösungsstrategien erkannt werden. Dabei geht die interkulturelle Erziehung davon aus, dass alle Kulturen gleichberechtigt nebeneinander bestehen und der Lernprozess auf allen Seiten stattfinden soll.
Table of contents |
2 Geschichte 3 Kritik 4 Weiterführende Angaben |
Ziele
Interkulturelle Erziehung verfolgt unterschiedliche Ziele:
Zudem gibt es Überschneidungen zu anderen Erziehungsansätzen, die mit dem Konzept interkultureller Erziehung weiterentwickelt wurden:
Geschichte
Überlegungen, wie eine gemeinsame Beschulung von Menschen unterschiedlicher Herkunft realisiert werden kann bestehen schon lange – unter anderem einige Freischulen der Haskala haben versucht, eine gemeinsamen Unterricht jüdischer und christlicher Kinder zu realisieren. Mit der allgemeinen Schulpflicht wurde formal für alle Kinder der Besuch der staatlichen Schulen vorgeschrieben, erst in der Weimarer Republik wurde diese Verpflichtung für alle Kinder aus Minderheiten auch durchgesetzt. Im Nationalsozialismus wurde die gemeinsame Erziehung wieder rückgängig gemacht und Rassismus wurde ein staatlich gefördertes Lernziel. Bekanntlich wurden Juden sowie Sinti und Roma systematisch diskriminiert und schließlich ermordet.
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus versuchten die Alliierten unter anderem durch interkulturelle Ansätze ("inter-group-education") den weit verbreiteten Rassismus entgegen zu wirken. In der Bundesrepublik wurden die Bedürfnisse von SchülerInnen aus Minderheiten lange Zeit ignoriert, was auch die Anwerbung von ArbeitsmigrantInnen seit den 50er Jahren nicht änderte. Erstaunlicherweise wurden erst kurz vor dem Anwerbestopp in den 70er Jahren ein Programm zur Förderung ausländischer SchülerInnen unter dem Begriff Ausländerpädagogik entwickelt. Dieses war aber vor allem darauf angelegt, die als "Defizite" verstandene Lernsituation aufzuarbeiten, indem die ausländischen SchülerInnen durch ehrenamtliche Nachhilfe besonders gefördert werden sollten.
Aus dem Situationsansatz, der die pädagogische Bearbeiten von konkreten Lebenssituationen in der Frühpädagogik förderte, entwickelte sich zum Ende der 70er Jahre die interkulturelle Erziehung. Sie kritisierte die Ausländerpädagogik, da diese eine eurozentristische Zurichtung der ausländischen SchülerInnen auf die Bedürfnisse der Schule betreibe und ein gemeinsames Lernen verhindere. Gerade Angesichts der Globalisierung bekräftigen VertreterInnen der interkulturellen Pädagogik die Forderung des gemeinsamen Lernens, als eine Garantie der Zukunftsfähigkeit.
Kritik
Das Weiterbestehen der Segregation von vielen SchülerInnen unterschiedlicher Herkunft in Sonderklassen (z.B. Ausländerregelklassen, Förderklassen oder auch der Entwicklung ganzer Schulen zu "Ghettoschulen" mit nur geringem Anteil einheimischer SchülerInnen) führt dazu, dass interkulturelles Lernen immer noch häufig nicht stattfindet.
Zudem werfen Kritiker der interkulturellen Theorie vor, dass sie den Machtfaktor ausblenden, wenn sie von einem gleichberechtigten Lernen ausgehen: die Erkenntnis der Benachteiligung von ausländischen SchülerInnen kann unter Umständen Vorurteile noch verstärken anstatt sie aufzulösen. Zudem hat die Fokussierung auf kulturelle Unterschiede beziehungsweise die Überbetonung der ethnischen Anteile an Kultur hat der interkulturellen Erziehung den Vorwurf des Kulturalismus eingebracht.
Weiterführende Angaben
Siehe auch
Antirassistische Erziehung, Interkulturelle Kompetenz, Interkulturelles Lernen
Weblinks
Literatur