Inflationäres Universum
Inflationäres Universum bezeichnet eine Phase extrem rascher Expansion des Universums, von der man annimmt, dass sie unmittelbar nach dem Urknall stattgefunden hat.Je nach zugrunde liegenden Annahmen begann sie zwischen 10-43s, d. h. der Planck-Zeit, und damit dem Beginn des Urknalls selbst, und 10-35s und dauerte bis zu einem Zeitpunkt zwischen 10-33s und 10-30s nach dem Urknall. In dieser Zeit soll sich das Universum exponentiell um einen ungeheuren Faktor zwischen 1030 und 1050 ausgedehnt haben. Dennoch hätte der Bereich des heute sichtbaren Universums danach nur einen Durchmesser der Größenordnung 1m gehabt. Anschließend setzte das Universum seine Expansion im Rahmen des Standard-Urknall-Modells fort wie von der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben.
Die Hypothese von dieser inflationären Expansion wurde 1980 von Alan H. Guth vorgeschlagen. Danach war die Ursache dieser Expansion ein spezieller quantenphysikalischer Zustand des Vakuums mit einem negativen Druck, der nach der Allgemeinen Relativitätstheorie die Gravitation zu einer abstoßenden Kraft werden lässt. Die Zustandveränderung des Vakuums während der inflationären Phase ist mit einem Phasenübergang vergleichbar.
Die Annahme einer derartigen inflationären Expansion ist einerseits extrem, andererseits löst sie elegant mehrere größere kosmologische Probleme:
- Das heute sichtbare Universum enthält überall im wesentlichen ähnliche Strukturen. Andererseits besteht es aus Gebieten, die bei einer Standard-Expansion erst sehr spät kausal miteinander in Wechselwirkung treten konnten, da sie sich unmittelbar nach dem Urknall zunächst mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander entfernt haben. Die beobachtete Homogenität des Universums sowie die der kosmischen Hintergrundstrahlung wird daher als Horizontproblem bezeichnet und ist im Rahmen einer Standard-Expansion nicht erklärbar. Bei Existenz einer inflationären Expansion dagegen hätten alle Bereich des heute sichtbaren Universums vor dieser Inflation bereits vorübergehend in Wechselwirkung gestanden.
- Der Bereich des heute sichtbaren Universums weist keine messbare Raumkrümmung auf. Im Rahmen einer Standard-Expansion wäre dazu unmittelbar nach dem Urknall eine extrem exakte Abstimmung von Materiedichte und kinetischer Energie erforderlich gewesen, für die es keine Erklärung gibt. Für den Fall einer inflationären Expansion dagegen wäre die beobachtet Flachheit des Raumes lediglich eine Folge seiner ungeheuren Ausdehnung, da das heute sichtbare Universum nur einen winzigen Ausschnitt repräsentieren würde.
- Die Inflations-Hypothese erklärt darüber hinaus die Dichtefluktuationen, aus denen die Galaxien und Galaxienhaufen hervorgegangen sind, als Folge von Quantenfluktuationen vor der inflationären Expansion. Die extreme Expansion vergrößerte diese Fluktuationen auf entsprechend makroskopische Größe, was eine Standard-Expansion nicht in ausreichendem Maße hätte leisten können.
- Nach gewissen Theorien sollten beim Urknall auch magnetische Monopole entstanden sein, die sich jedoch bis heute einem experimentellen Nachweis entzogen haben. Während einer inflationären Expansion hätte die Teilchenzahldichte dieser Monopole jedoch dermaßen abgenommen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Bereich des heute sichtbare Universum einzelne zu finden, äußerst gering wäre in Übereinstimmung mit der experimentellen Datenlage.
Literatur:
- Alan H. Guth: Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts - Die Theorie des inflationären Universums, Knaur Verlag, München 1999
- Alan H. Guth, Paul J. Steinhardt: Das inflationäre Universum, Spektrum der Wissenschaft, 7/1984
- Jonathan J. Halliwell: Quantenkosmologie und die Entstehung des Universums, Spektrum der Wissenschaft, 2/1992, S. 50
Weblinks
- http://www.gym-moltke.de/kosmologie.htm - Das Ekpyrotische Modell