Individualismus
Der Individualismus ist ein Gedanken- und Wertesystem, in dem das Individuum im Mittelpunkt der Betrachtung und der Werte steht. Im Gegensatz zum Individualismus steht der Kollektivismus.
Table of contents |
2 Bedeutende Theoretiker des Individualismus 3 Kulturvergleich 4 Literatur 5 Weblinks 6 Siehe auch |
Entwicklung und Folgen des Individualismus
Geschichte
Das Verhältnis des einzelnen Individuums und der Gemeinschaft, in der es lebt, ist seit jeher Gegenstand kontroverser Diskussionen. Während Aristoteles den Menschen als Gemeinschaftslebewesen (ζοον πολιτικον) sah und dies für lange Zeit vorherrschende Ansicht blieb, gab es in neuerer Zeit eine stärkere Betonung des Individuums. Geistesgeschichtlich geschah dies durch den Liberalismus sowie durch den Anarchismus. Im Extremfall wurde der Indivdualismus zum Egoismus verschärft. Die Gegenpositionen zum Individualismus werden im Sozialismus und im Nationalismus aufgestellt. Auch religiöse Gemeinschaften wie das Christentum stehen dem Individualismus meist sehr skeptisch gegenüber.
Die Grundidee des Individualismus ist eine Befreiungsidee. Die Befreiung des Einzelnen von zu vielen Zwängen wird als angenehm empfunden, das Kollektiv als behindernd und beengend.
Eine weitere Begründung für den Individualismus wird durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegeben. Das westlich-individualistische System ist das offenkundig leistungsfähigste dieser Erde. Mit diesem Argument wird der allgemeine Wohlstand als Ergebnis vieler Egoismen betrachtet.
Der Indivdualismus läuft parallel zu wirtschaftlichen Entwicklungen. Familiäre Rücksichten bei der Arbeitsplatzwahl werden sozial diskreditiert und in vielen Fällen von der Arbeitsagentur nicht als legitim anerkannt. Der Kapitalismus entwickelt sich um so schneller, je mehr die Menschen ihre früher als normal angesehen Bindungen an Familie, Beruf, Heimat, Volk und Staat verlieren. Umgekehrt ist es daher auch die Wirtschaft, die den Individualismus fördert und widerstrebende Neigungen negativ bewertet. Mobilität und Flexibilität sind die Stichworte, unter denen die Menschen zur Einschränkung oder gar Aufgabe gewachsener Bindungen motiviert werden.
Auf der anderen Seite entwickelten sich während der Industialisierung neue Gemeinschaften (z.B. Vereine), mit der Möglichkeit die individuellen Intressen zusammen mit gleich interessierten auszuüben. Unter diesem Aspekt wachsen Individualität und Gemeinschaft paradoxer Weise zusammen: Individualität wird meist mit anderen und überlappenden Interessen ausgeübt. Trotzdem bleibt der
Gegensatz zum Kollektiv, da nun Gemeinschaften sich aufgrund individueller Interessen frei bilden können.
Deutlich werden die Veränderungen auch im Sport. Es gibt eine allmähliche, aber signifikante Zunahme der Individualsportarten gegenüber den Mannschaftssportarten. Auch in der Breitenkultur gewinnt die kleine Gesangsgruppe ein stärkeres Gewicht gegenüber dem großen Chor. Gleiche Kleidungsstücke als Ausdruck der Zusammengehörigkeit werden in deutlich geringerem Umfang eingesetzt. So hat auch die Uniformierung in vielen Berufen abgenommen oder wurde gänzlich aufgehoben, in anderen wird sie außerhalb des beruflichen Bereichs schneller abgelegt als früher.
Im Verwaltungsrecht wurden im Laufe der Jahrzehnte zunehmend die Rechte der Individuen (Anwohner, "Betroffene" usw.) gestärkt. Das Gemeinschaftsinteresse wird stärker durch die Rechte einzelner gehindert als dies früher der Fall war. Die Gewichte verschieben sich. Dies gilt für alle Arten von Vorhaben der Gemeinden, Länder und des Bundes. Das Verwaltungsverfahrensrecht kennt eine stetige Stärkung der Rechte des individuellen Bürgers.
Soziale und rechtliche Implikationen
Der Individualismus hat in unserem Leben eine Fülle von Folgen, die uns nicht immer als Erscheinungen des Individualismus bewußt sind. Dazu gehören die Auflösungen der Familie sowie der Dorf- und anderer Gemeinschaften. Noch vor etwa einhundert Jahren haben sich die Menschen innerhalb ihrer Gemeinschaften organisiert, häufig innerhalb ihrer Berufsgemeinschaften. Es gab Eisenbahnersportvereine, Lehrergesangsvereine und andere Standes- und Berufsvereinigungen, die das gesamte Leben durchzogen.Wirtschaftliche Betrachtungen
In der Wirtschaft und auch in den staatlichen Verwaltungen stößt der Individualismus allerdings bereits an Grenzen. Indivduelle Ziele werden häufig durch Teamziele ergänzt oder ersetzt. Insbesondere in kritischen Bereichen breitet sich die Gemeinschaftsbildung durch "Teams" wieder aus. Höchstleistungen werden oftmals in Gemeinschaft erbracht. In den Managementtrainings gibt es daher heute sowohl Veranstaltungen mit dem Ziel der Förderung des Egoismus des Einzelnen als auch solche zur Förderung des Teamgeistes.Bedeutende Theoretiker des Individualismus
Max Stirner
Der Denkansatz zum Individualismus wird bei Stirner besonders deutlich. Sein Buch Der Einzige und sein Eigentum beginnt mit der Klage ""Was soll nicht alles Meine Sache sein! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die Sache der Menschheit, der Wahrheit, der Freiheit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache Meines Volkes, Meines Fürsten, Meines Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend andere Sachen. Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein."" In diesem Einleitungssatz werden auch die Gegenpositionen zum Individualismus aufgezählt: Religion, Humanismus, Gerechtigkeit, Volk.Kulturvergleich
Der Individualismus hat in der westlichen Welt eine Ausbreitung erfahren, wie es noch nie in der Geschichte der Fall war. Damit steht der Westen im Gegensatz zu den eigenen Traditionen, die nicht-individualistisch waren, aber insbesondere zu allen anderen Kulturkreisen. In China erscheint trotz aller einsetzenden Verwestlichung unverständlich, was an Individualismus insbesondere in den USA vorgelebt wird. Das selbe gilt für alle andere asiatischen Kulturen und für die gesamte islamische Welt.Literatur
Weblinks
Siehe auch
Individualisierung, Nimby, Bobo