Hugo Pratt
Hugo Pratt (eigentlich: Ugo Eugenio Pratt) (* 15. Juni 1927 in Rimini; † 21. August 1995 in Lausanne) war ein italienischer Comic-Autor. Seine Figur Corto Maltese bildete einen Meilenstein des literarischen Comics.Pratt stammt aus einer multinationalen Familie mit Wurzeln in Venetien, England, Frankreich und Spanien. Sein Großonkel war William Henry Pratt, der unter dem Pseudonym Boris Karloff ein erfolgreicher Filmschauspieler der Stummfilmzeit war. Hugo Pratts Vater war Ingenieur, 1937 zog die Familie in die damals italienische Kolonie Abessinien, das heutige Äthiopien. 1941 im Zuge des Zweiten Weltkriegs fiel Abessinien an einheimische Aufständische und deren Verbündete aus Frankreich. Hugo Pratts Vater Rolando starb, er selbst wurde mit dem Rest der Familie nach kurzer Internierung nach Italien zurückgeschickt. Dort geriet er in den Wirren des Kriegsendes mehrfach zwischen die Fronten und in Gefangenschaft, bis er für die Alliierten als Dolmetscher in Venedig arbeitete.
In Venedig begann 1945 auch Pratts Karriere als Comiczeichner für das Magazin Asso di Picche. 1949 erkannte ein argentinischer Verleger das Talent des Zeichners, und Hugo Pratt siedelte nach Buenos Aires über, wo er Abenteuerserien wie Junglemen und Sergente Kirk zeichnete. Im Jahr 1953 heiratete Pratt die Argentinierin Gucky Wogerer, mit der er zwei Kinder hatte; die Ehe wurde 1957 wieder geschieden. Hugo Pratt führte zu dieser Zeit ein unstetes Abenteurerleben. 1959 kehrte er nach Europa zurück, um in London für mehrere Tageszeitungen sowie für den Verlag Fleetway Abenteuer- und Kriegscomics zu zeichnen. 1962 zog er von dort nach Venedig, wo er mit der Koloristin Annie Frognier zusammenlebte. Pratt arbeitete für die Jugendbeilage des Corriere della Sera, wo er klassische Abenteuergeschichten der Jugendliteratur nach Szenarien des Chefredakteurs in Comicform brachte.
1967 gründete der Mäzen Claudio Bertieri das Magazin Sgt. Kirk, um Pratt eine angemessene Plattform für seine Comics zu bieten. Hier wurde 1969 Una Ballata del Mare Salato (Eine Südseeballade) veröffentlicht, eine melancholische Abenteuergeschichte in der Tradition von Joseph Conrad, die als Ausgangspunkt europäischer Graphic Novels gilt. In dieser Geschichte tauchte zum ersten Mal Corto Maltese auf, ein Kapitän ohne Schiff, der zur Hauptfigur von Pratts weiterem Schaffen werden sollte. Die anderen Serien und Geschichten Pratts gerieten mehr und mehr in den Hintergrund, Corto Maltese wurde nicht nur der Comic, der von der Kritik enthusiastisch gefeiert wird, sondern auch ein Verkaufserfolg: Ende der achtziger Jahre verkaufte Pratt pro Jahr fast eine halbe Million seiner Alben. 1984 zog Pratt nach Grandvaux bei Lausanne. Er arbeitete weiter an neuen Geschichten um Corto Maltese, erneuerte und verbesserte aber auch peu à peu — ganz im Stile von Hergé — ältere Arbeiten. Zu seinen letzten Arbeiten zählt die Geschichte vom letzten Flug von Antoine de Saint Exupéry: Der letzte Flug.
1995 erlag Hugo Pratt in Lausanne einem Krebsleiden. Neben zahllosen anderen Preisen und Auszeichnungen wurde Pratt als einziger Nicht-Franzose neben Samuel Beckett zum Chevalier des Arts et Lettres geschlagen. Das ist die höchste Auszeichnung die einem Künstler in Frankreich verliehen werden kann.