Hoßbach-Protokoll
Am 5. November 1937 erklärte Hitler vor der militärischen und politischen Spitze des "Dritten Reiches", dass die deutsche Raumfrage nur durch einen Krieg gelöst werden könne, den man spätestens zwischen 1943 und 1945 führen müsse. Teilnehmer der Zusammenkunft waren Kriegsminister von Blomberg, die Oberbefehlshaber von Heer, Marine und Luftwaffe, von Fritsch, Raeder und Göring, Außenminister von Neurath und Hitlers militärischer Adjutant, Oberst Hoßbach.Fünf Tage nach der Konferenz in der Berliner Reichskanzlei fertigte Friedrich Hoßbach aufgrund stichwortartiger Notizen eine Niederschrift dieser Konferenz an. Insofern spricht man korrekterweise nicht von einem Protokoll, sondern von der Hoßbach-Niederschrift. Die Überlieferungsgeschichte der Niederschrift ist kompliziert - deshalb wurde sie gelegentlich von Rechtsextremisten als Fälschung in Misskredit gebracht.
Oberst Graf Kirchbach, von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Generalstabs, ließ im November 1943 eine Abschrift des damals im Archiv des OKW verwahrten handschriftlichen Originals anfertigen. Im Januar 1944 gab er die Abschrift seinem Schwager Viktor von Martin, der sie im Herbst 1945 wiederum an die britische Militärregierung weitergab. Diese Abschrift verschwand nach 1945 zunächst spurlos, was den Fälschungsvorwürfen Nahrung gab.
Das Original war einem Team des Alliierten Oberkommandos in die Hände gefallen. Eine maschinenschriftliche Abschrift (das handschriftliche Original war nicht mehr auffindbar) wurde von der Anklagevertretung im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher als Beweisdokument PS-386 vorgelegt. Hoßbach, der dazu im März 1946 befragt wurde, erklärte, er "müsse nach Inhalt, Abfassung und Stil in summa eine Wiedergabe seiner eigenen Niederschrift als vorliegend annehmen." Gegen die inhaltliche Korrektkeit der Ausführungen erhoben auch Göring, Raeder und von Neurath im Nürnberger Prozess keine Einwände. Nach der erwähnten Konferenz entstandene Dokumente belegen ebenfalls die Richtigkeit des Inhaltes der Hoßbach-Niederschrift.
1989 fand man die Kirchbachsche Abschrift zusammen mit einem Brief Viktor von Martins an die britischen Besatzungsbehörden in bis dahin nicht zugänglichen britischen Akten. Diese Abschrift und P-386 waren absolut identisch, so dass damit jeglicher Fälschungsverdacht entkräftet werden konnte.
Auszug:
Hitler erklärte:
Das Ziel der deutschen Politik sei die Sicherung und die Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung. Somit handele es sich um das Problem des Raumes. [...] Zur Lösung der deutschen Frage könne es nur den Weg der Gewalt geben, dieser niemals risikolos sein. [...] Stelle man an die Spitze der nachfolgenden Ausführungen den Entschluß zur Anwendung von Gewalt unter Risiko, dann bleibe noch die Beantwortung der Fragen 'wann' und wie. Hierbei seien drei Fälle zu entscheiden:
Fall 1: Zeitpunkt 1943-1945.
Nach dieser Zeit sei nur noch eine Veränderung zu unseren Ungunsten zu erwarten.
Die Aufrüstung der Armee, Kriegsmarine, Luftwaffe sowie die Bildung des Offizierkorps seien annähernd beendet. Die materielle Ausstattung und Bewaffnung seien modern, bei weiterem Zuwarten läge die Gefahr ihrer Veraltung vor. [...] Sollte der Führer noch am Leben sein, so sei es sein unabänderlicher Entschluß, spätestens 1943/45 die deutsche Raumfrage zu lösen. Die Notwendigkeit zum Handeln vor 1943/45 käme im Fall 2 und 3 in Betracht.
Fall 2:
Wenn die sozialen Spannungen in Frankreich sich zu einer derartigen innenpolitischen Krise auswachsen sollten, daß durch letztere die französische Armee absorbiert und für eine Kriegsverwendung gegen Deutschland ausgeschaltet würde, sei der Zeitpunkt zum Handeln gegen die Tschechei gekommen.
Fall 3:
Wenn Frankreich durch einen Krieg mit einem anderen Staat so gefesselt ist, daß es gegen Deutschland nicht 'vorgehen' kann.
Zur Verbesserung unserer militär-politischen Lage müsse in jedem Fall einer kriegerischen Verwicklung unser 1. Ziel sein, die Tschechei und gleichzeitig Österreich niederzuwerfen, um die Flankenbedrohung eines etwaigen Vorgehens nach Westen auszuschalten.
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Schon am 27. Juni 1937 hatte Reichskriegsminister von Blomberg eine "Weisung für die einheitliche Kriegsvorbereitung der Wehrmacht" herausgegeben. Diese Weisung wurde durch einen Nachtrag mit dem Datum vom 7. Dezember 1937 bzw. (in der Anlage) vom 21. Dezember 1937 ergänzt.
Parallele Kriegsvorbereitungen
Literatur
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