Herzogtum Geldern
Geldern ist ein ehemaliges deutsches Herzogtum am Niederrhein und an der Ijssel, grenzte an Friesland, Westfalen, Brabant, Holland und den Zuidersee. Es bestand im wesentlichen aus den drei Niederquartieren Nimwegen, Arnheim und Zutphen und dem Oberquartier Roermond. Die heutige Provinz Gelderland in den Niederlanden deckt einen Großteil des ehemaligen Territoriums ab. Das Herzogtum ist nach der Stadt Geldern benannt, die heute in Deutschland liegt.
Geldern wurde ursprünglich von Sigambrern und Batavern, später von Franken bewohnt und bildete einen Teil des Königreichs Austrasien. Nach dem Untergang der karolingischen Monarchie gehörte das spätere Geldern zum Herzogtum Lothringen und kam durch den Vertrag von Mersen 870 an Deutschland.
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entwickelte sich auch hier eine Territorialgewalt; als erster Graf von Geldern gilt Gerhard I. von Wassenberg (um 1096, benannt nach dem Ort bzw. der Burg Wassenberg). Dessen Enkel Heinrich I (gest. 1182) erbte 1179 die Stadt Zutphen. Seine Nachfolger Otto I und Gerhard III vergrößerten diesen Besitz durch mannigfache Erwerbungen in den Landschaften Veluwe und Betuwe. Otto II, der Lahme, befestigte mehrere Städte und bedachte sie mit bedeutenden Privilegien zur Hebung des Handels, auch erhielt er von Wilhelm von Holland 1248 den pfandweisen Besitz der Vogtei über die Reichsstadt Nimwegen.
Sein Sohn und Nachfolger Rainald I erhob gegen Adolf, Grafen von Berg, Ansprüche auf das Herzogtum Limburg. In dem hieraus entstehenden Krieg kam es am 5. Juni 1288 bei Worringen zur Schlacht, in welcher Rainald I. gefangen wurde. Er musste sich die Freiheit mit Verzichtleistung auf alle Ansprüche auf Limburg erkaufen. 1310 erhielt er von Heinrich VII für seine Besitzungen das Privilegium de non evocando, wodurch seine Untertanen von der Gewalt ausländischer Gerichte befreit wurden. Da er infolge einer in der Schlacht bei Woeringen erhaltenen Wunde gemütskrank war, erhob sich 1316 ein Aufstand in Geldern, an dessen Spitze sein Sohn Rainald II stand. Derselbe bemächtigte sich 1320 des Vaters durch List und warf ihn ins Gefängnis, worin er 1326 starb.
Rainald II. wurde 1339 vom Kaiser Ludwig dem Bayern zum Herzog von Geldern erhoben und gleichzeitig mit Ostfriesland belehnt. Als er 1343 starb, folgte ihm sein zehnjähriger Sohn Rainald III unter Vormundschaft des Grafen Adolf II. von der Mark. Es bildeten sich zwei Parteien, die nach zwei vornehmen Familien benannt wurden: die Hekeren, an deren Spitze Herzog Rainald stand, und die Bronkhorsten, welche dessen Bruder Eduard anführte. In der Schlacht bei Tiel 1361 wurde Rainald besiegt und gefangen genommen; Eduard übernahm nun die Regierung, verlor aber in einer Fehde mit Brabant das Leben (1371). Jetzt wurde der bisher gefangen gehaltene Rainald III. wieder zur Regierung berufen, doch starb auch er noch in demselben Jahr ebenfalls kinderlos. Während sich nun die Hekeren für Mathilde, Tochter Rainalds II. und Witwe des Grafen Johann I. von Kleve, erklärten, suchten die Bronkhorsten Wilhelm von Jülich, dem siebenjährigen Neffen des letzten Herzogs, zur Regierung zu verhelfen, woraus der geldernsche Erbfolgekrieg entstand, welcher erst 1379 zu gunsten Wilhelms endete, der sodann 1383 von König Wenzel (HRR) als Herzog von Geldern anerkannt wurde. 1393 fiel ihm das Herzogtum Jülich als Erbschaft zu; er starb 1402. Sein Bruder und Nachfolger Rainald IV musste die Stadt Emmerich am Rhein einem frühern Versprechen zufolge dem Herzog von Kleve überlassen.
Da auch er kinderlos starb (1423), so kam die Regierung an seinen Großneffen Arnold von Egmond, über welchen dessen Vater Johann von Egmond, Herr von Arkel, die Vormundschaft führte. Auch der Kaiser Sigismund (HRR) hatte 1424 diese Nachfolge bestätigt, doch schon 1425 widerrief er diese Bestätigung und setzte den Herzog Adolf von Berg und Jülich als Herzog von Geldern ein. Ein langjähriger Krieg war die Folge hiervon, da nun auch Arnold Ansprüche auf Jülich erhob; derselbe endete schließlich damit, dass sich das Haus Egmond in Geldern und Adolf und seine Erben in Jülich behaupteten. Herzog Arnold lag mit seinen Städten, besonders mit Nimwegen, in fortwährendem Hader, und da er dem Lande drückende Steuern auferlegte, bildete sich eine Verschwörung gegen ihn, an der seine eigene Gemahlin, die herrschsüchtige und gewaltthätige Katharina von Kleve, und sein Sohn Adolf teilnahmen. Anfangs gewann Arnold das Übergewicht, und Adolf musste das Land räumen; allein nachdem er zurückgekehrt war, bemächtigte er sich des Vaters durch Verräterei 1465 und hielt ihn auf Schloss Büren in harter Gefangenschaft. Karl der Kühne von Burgund benutzte die willkommene Gelegenheit, sich einzumischen, wozu ihm der allgemeine Unwille über Adolfs Grausamkeit den Vorwand bot; er zwang diesen zur Freigebung des Vaters und setzte ihn gefangen (1471), worauf er Arnold 1472 das Herzogtum Geldern für 92.000 Goldgulden abkaufte. Adolf erhielt indes nach dem Tod Karls des Kühnen (1477) die Freiheit wieder und ward von den Gentern an die Spitze einer Partei gestellt, die eine Heirat zwischen Maria von Burgund und ihm erzwingen wollte; doch fand er bald darauf bei der Belagerung von Tournai seinen Tod. Nun suchte zwar Katharina, Adolfs Schwester, für dessen Sohn Karl die Regierung zu führen; doch vermochte sie sich gegen Maximilian von Österreich, auf den durch seine Vermählung mit Maria von Burgund die burgundischen Ansprüche übergegangen waren, nicht zu behaupten, und dieser nahm 1483 das Land in Besitz. Allein Karl gab seine Ansprüche nicht auf, sondern sammelte mit französischer Unterstützung ein Heer und bemächtigte sich 1492 und 1493 seines väterlichen Erbes wieder. Alle Versuche Maximilians, Geldern wiederzuerobern, waren vergeblich, und auch die niederländischen Statthalter, Erzherzog Philipp und nachher Margarete, vermochten nichts gegen Karl auszurichten, welcher 1507 in Brabant und Holland eindrang, 1511 Harderwijk und Bommel eroberte, 1512 vor Amsterdam erschien und 1514 Groningen einnahm. Erst 1528 ward er von Karl V gezwungen, in dem Vertrag von Gorinchem Geldern und Zütphen von jenem zu Lehen zu nehmen.
1534 machte Herzog Karl, da er kinderlos war, den Versuch, Geldern an Frankreich zu bringen; allein dem widersetzten sich die Stände aufs heftigste und nötigten ihn zur Abtretung des Landes an den Herzog von Kleve, Wilhelm den Reichen, 1538; noch in demselben Jahr starb Karl. Mit den Franzosen verbündet, behauptete sich Wilhelm längere Zeit mit Glück; endlich erschien aber Karl V. selbst am Niederrhein und nötigte ihn, in einem Vertrag vom 7. September 1543 Geldern nochmals an ihn abzutreten, das nun definitiv mit den habsburgisch-burgundischen Niederlanden vereinigt wurde.
Die niederländische Revolution hatte eine Trennung Gelderns zur Folge, indem der nördliche Teil desselben 1579 der Utrechter Union beitrat und daher holländisches Geldern genannt wurde, der südliche Teil aber Spanien treu blieb und daher spanisches Geldern hieß. Während das holländische Geldern fortwährend das Schicksal der Generalstaaten teilte, kam das spanische Geldern (das so genannte Oberquartier Geldern, jetzt zum Regierungsbezirk Düsseldorf gehörig) durch den Utrechter Frieden (1713) samt der Hauptstadt Geldern an Preußen außer Venlo, das an die Generalstaaten, und Roermond, das nebst den übrigen spanischen Niederlanden an Österreich fiel. Im Frieden von Basel (1795) jedoch fiel ein Teil desselben und 1801 im Lunéviller Frieden das Ganze als Departement Roer an Frankreich. Im Frieden von Paris (1814) wurde Geldern zum Teil mit Holland, zum Teil mit Preußen vereinigt.
Table of contents |
2 Literatur 3 Weblinks |
(Aufzählung: Regentschaft von bis, Name, geboren+gestorben, Familie, etc.)
Herrscher Gelderns
Grafen von Geldern
Haus Wassenberg
Herzöge von Geldern und Grafen von Zutphen
Haus Wassenberg
Haus Jülich-Hengebach
Haus Egmond
Haus Valois (Burgundisch)
Haus Egmond
Haus Habsburg (Burgundisch)
Haus Egmond
Haus Kleve-Mark
Haus Habsburg (Burgundisch-Spanisch)
ab hier Teilungen
Literatur
Weblinks
Dieser Artikel basiert in Teilen auf dem Artikel Geldern, in: Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl. 1888-90, Bd. 7, S. 52