Herero
Die Herero sind ein zur Bantu-Sprachgruppe zählendes Volk von heute etwa 120.000 Menschen. Die Mehrheit von ihnen lebt in Namibia, einige auch in Botswana und Angola. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt meist als Arbeiter auf großen Farmen oder in den Städten als Händler und Handwerker. Eine oft als Untergruppe behandeltes Volk sind die Himba, auch Ova-Herero genannt.Am 11. Januar 1904 erhoben sich die Herero zu einem Aufstand gegen die Besatzer, weil dem Hirtenvolk durch die Ausbreitung der Siedler immer weniger Weidegrund zur Verfügung stand. Ca. 150 deutsche Siedler wurden ermordet, die Schutztruppe der Kolonie von 766 Mann war den Aufständischen nicht gewachsen. Ein Expeditionskorps unter Generalleutnant Lothar von Trotha von insgesamt ca. 15.000 Mann wurde eilig aus Deutschland entsandt. Ein konzentrischer Angriff auf die im Raum Waterberg lagernden Herero führte am 11. August 1904 zur Schlacht am Waterberg, bei welcher Generalleutnant von Trotha sein Ziel, die Vernichtung der waffentragenden Hereros, jedoch nicht erreichte. Es gelang einem Großteil des Hererovolkes zunächst, nach Osten in die wasserarme Omaheke-Steppe zu entkommen. Die Verfolgung der Hereros nach der Schlacht am Waterberg blieb ebenfalls erfolglos.
Am 2. Oktober 1904 gab Generalleutnant Lothar von Trotha in einer Proklamation den Befehl zur völligen Vernichtung der Herero: "Ich, der große General der Deutschen Soldaten sende diesen Brief an das Volk der Herero. Die Herero sind nicht mehr Deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten, und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder, der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangen abliefert, erhält tausend Mark, wer Samuel Maharero bringt, erhält fünftausend Mark. Das Volk der Herero muss jedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der Deutschen Grenzen wird jeder Herero mit und ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber oder Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück, oder lasse auf sie schießen. Dies sind meine Worte an das Volk der Herero. Der große General des mächtigen Deutschen Kaisers." (Quelle: Bundesarchiv Potsdam, Akten des Reichskolonialamtes, 10.01 2089 Bl.7, Abschrift Kommando Schutztruppe 1 Nr. 3737, Osombo-Windhuk, 2.10.1904; zitiert nach: Gunter Spraul: Der Völkermord an den Herero. Untersuchungen zu einer neuen Kontinuitätsthese; in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 12/1988, S. 713-739, hier S. 728)
Nachdem die Deutschen die Wasserstellen besetzt hatten, verdurstete ca. 2/3 des gesamten Volkes in der Omaheke. Die Reste wurden nach dem Vorbild der Briten im Burenkrieg in Konzentrationslager interniert.
Insgesamt sind bei dem Aufstand zwischen 25.000 und 100.000 Hereros und 1749 Deutsche umgekommen. Von den 20.000 Nama, die sich im Herbst 1904 unter ihren Anführern Hendrik Witboi und Jakob Morenga gegen die Kolonialmacht erhoben, überlebten weniger als die Hälfte. Die Zahlen der einheimischen Opfer sind allerdings mit einer gewissen Vorsicht zu behandeln, da sie auf einer britischen Schätzung aus dem Jahr 1918 basieren, in der die Unfähigekeit Deutschlands zur Verwaltung von Kolonien belegt werden sollte.
2002 reichten US-Anwälte im Auftrag einiger Nachkommen von beim Aufstand umgekommenen Hereros Zivilklage gegen die Bundesrepublik Deutschland als vorgeblicher Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs nach dem Alien Tort Claims Act vor einem US-Gericht ein mit der Forderung auf Schadensersatz in Gesamthöhe von mehreren Milliarden Dollar. Die Klage wurde jedoch 2004 ohne Angabe von Gründen oder einen etwaigen Vergleich zurückgezogen.
Siehe auch: Genozid