Helvetismus
Als Helvetismus (neulat. Helvetia - Schweiz und -ismus) bezeichnet man- jede sprachliche Besonderheit, die typischerweise in der Schweiz und nicht im gesamten deutschen Sprachgebiet verwendet wird und
- Wörter, die ursprünglich aus dem Deutschschweizer Sprachgebiet stammen (Beispiele: Müsli, Putsch). In diesem Fall wird der Begriff analog zu Wörtern wie Anglizismus verwendet (vgl. unten Punkt 5; Siehe auch: Lehnwort).
Häufig wird der Begriff Helvetismus nur auf abweichenden Wortschatz angewendet, man kann damit aber auch phonetische, grammatische und orthographische Besonderheiten bezeichnen.
Analog zu Helvetismen gibt es auch Austriazismen und Teutonismen (auch missverständlich "Germanismen" genannt), welche die jeweilige nationale Varietät prägen.
Dafür gebraucht das schweizerische Deutsch einen Buchstaben, der im deutschen Deutsch so nicht vorkommt: Doppel-gg für die nicht aspirierte Fortis /k/. Wenn ein Deutscher also schweizerische Namen wie Toggenburg, Jäggi, Weggis annähernd korrekt aussprechen will, dann müsste er es als ein ck lesen, auf keinen Fall aber als ein g wie in den deutschen Wörtern Bagger, Egge.
In der Schweiz werden französische und italienische Lehnwörter auch nach der Rechtschreibreform in der französischen respektive italienischen Form geschrieben, z.B. Mayonnaise oder Spaghetti. Die NZZ hat sich für die Schreibung placieren entschieden, um nicht neuerdings platzieren schreiben zu müssen.
Geographische Namen wie Straßennamen werden meist zusammengeschrieben: Baslerstrasse, Genfersee, Zugerberg usw., aber auch Schweizergrenze, Schweizervolk (sehr häufig) usw.
Umlaute am Wortanfang werden bei schweizerischen Eigennamen als
Schliesslich gibt es auch einzelne Besonderheiten wie z.B.
Generell häufiger als in Deutschland oder Österreich ist die Verwendung weiblicher Berufsbezeichnungen anstelle des generischen Maskulinums (z.B. Bundesrätin Ruth Metzler, Frieda U. wurde zur Primarlehrerin gewählt). Auch das Binnen-I wird nicht bloß von Anhängern einer politisch korrekten Ausdrucksweise verwendet.
Relativpronomen: Das sonst im deutschen Sprachraum als altertümlich und schwerfällig geltende Relativpronomen welche(r) wird ohne diese Konnotation verwendet, z.B. in Damit wurde in der Schweiz ein Kompetenzzentrum für Klimafragen geschaffen, welches verstärkt die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellt. (aus dem der ETH Zürich). Da in den schweizerdeutschen Dialekten nur ein unveränderliches Relativpronomen wo existiert, wird dieser Gebrauch von welche(r) offensichtlich in der Schule gefördert.
Wortschatz
Helvetismen können etwas bezeichnen, für das es keinen gemeindeutschen Ausdruck gibt, sie können neben einem gemeindeutschen Wort verwendet werden oder ein solches ersetzen. Einige Wörter haben neben einer Grundbedeutung eine schweizerische Zusatzbedeutung. Auch der umgekehrte Fall existiert: So bezeichnet Paprika in der Schweiz nur ein Gewürz. Das Gemüse wird ausschließlich Peperoni genannt, während die scharfen Peperoni als Peperoncini bekannt sind.In den Wörterlisten verwendete Abkürzungen
anderes Wort
(anstelle oder neben einem gemeindeutschen Wort gebraucht; in anderen Teilen des deutschen Sprachgebiets - v.a. im Süden - sind manche dieser Ausdrücke auch bekannt, jedoch seltener gebraucht)
(beim Fußball auffallend viele Anglizismen; vgl. österr.)
andere (Zusatz-)Bedeutung
im übrigen Sprachgebiet (oder Teilen davon) veraltet
Redewendungen
Schweizerische Sachspezifika
In den Bereichen Küche, Volkskultur und Politik finden sich zahlreiche Besonderheiten, die außerhalb der Schweiz nicht bekannt sind und für die deshalb gemeindeutsche Ausdrücke fehlen.
Aussprache
Abweichende Betonung
In der Schweiz werden einige Wörter auf anderen Silben betont als im restlichen deutschsprachigen Raum (in der Folge mit Akzent gekennzeichnet):
Laute
Grundsätzlich ist bei jedem Sprecher ein starker Einfluss des schweizerdeutschen Basisdialekts merkbar, doch bestehen starke bildungsabhängige Unterschiede. Die Kenntnis des Bühnendeutschen ist praktisch unbekannt; seine Verwendung im täglichen Leben außerhalb des Theaters bei Schweizern wird als unschweizerisch abgelehnt; dies bezieht sich auf die Sprecher des staatlichen Radios und Fernsehens. Grundsätzlich gilt:
Akzent
Dem Schweizer Hochdeutschen eigen ist ein "singender" Tonfall; d.h. bei jedem Wort wird die betonte Silbe nicht bloß durch höhere Lautstärke gekennzeichnet, sondern auch durch eine deutliche Veränderung des Stimmtons: normalerweise sinkt die Tonhöhe der betonten Silbe. Beispiele:
Orthographie
Die Orthographie unterscheidet sich am deutlichsten vom übrigen Sprachgebiet durch das Fehlen des Eszett. Auch nach langem Vokal oder Diphthong wird also immer Doppel-s geschrieben, zum Beispiel ausser, bloss, reissen, oder auch Masse (sowohl für "Masse", als auch für "Maße"). Begonnen hat diese Entwicklung im Kanton Zürich, dessen Erziehungsrat 1935 für die Schulen des Kantons Zürich das "ß" abschaffte. Wie in der föderalistischen Schweiz ohne eigenes Erziehungsministerium üblich, dauerte die flächendeckende Abschaffung Jahrzehnte -- bei der einflussreichen, konservativen Tageszeitung NZZ bis 1974.
Einige der oben erwähnten Spezialitäten sind auf die allgemeine Einführung der Schreibmaschine in Wirtschaft und Verwaltung zurückzuführen. Da mit einer deutschschweizerischen Schreibmaschine auch französische und italienische Texte geschrieben wurden, reichte die begrenzte Anzahl der Typen nicht für alle Sonderbuchstaben dieser Sprachen. Aus diesem Grund wurden das Eszett sowie die grossen Umlaute (Ä, Ö und Ü), aber auch die grossen akzentuierten Vokale wie À oder É weggelassen.Grammatik
Abweichungen existieren z.B. beim Genus (das E-Mail, das Tram und das SMS statt die) oder bei der Verbvalenz (jmdn. anfragen statt bei jmdm. anfragen).Schweizer Ausdrücke, die ins Standarddeutsche übernommen wurden
Wie nicht weiter verwunderlich, bezeichnen die meisten Ausdrücke Eigentümlichkeiten aus Fauna, Flora, Küche und Politik, die mitsamt der bislang unbekannten Sache auch anderswo im deutschen Sprachraum bekannt wurden.
Siehe auch
Weblinks