Heinrich Georg August Ewald
Heinrich Georg August Ewald (* 16. November 1803, † 4. Mai 1875) war ein deutscher Theologe und Orientalist.Heinrich Ewald gilt als einer der bedeutendsten Orientalisten des 19. Jahrhunderts. Seine Arbeiten über Hebräisch und Arabisch, die Exegese des Alten Testaments und die Geschichte des israelitischen Volkes waren bahnbrechend.
Leben
Heinrich Ewald kam in Göttingen im Königreich Hannover als Sohn des Tuchmachermeisters Heinrich Andreas Ewald zur Welt. Von 1815 bis 1820 war er Schüler des Göttinger Gymnasiums. Danach studierte er an der Universität seiner Heimatstadt als Schüler Johann Eichhornss Theologie und Orientalistik. Während des Studiums arbeitete er ab 1822 als Lehrer am Gymnasium in Wolfenbüttel. In der Wolfenbütteler Bibliothek hatte er Zugang zu orientalischen Handschriften, die er für sein Studium nutzte. 1823 beendete er das Studium in Göttingen mit der Promotion und blieb noch für 1 Jahr als Professor am Wolfenbütteler Gymnasium. Danach wechselte er als Repetent an die Theologische Fakultät der Universität in Göttingen und wurde schon mit 23 Jahren außerordentlicher Professor für orientalische Sprachen. Nach dem Tod Johann Eichhorns 1827 übernahm er dessen Position als Ordinarius an der Philosophischen Fakultät und heiratete mit 26 Jahren Wilhelmine Gauß, Tochter des Mathematikers Carl Friedrich Gauß. Unter den sechs Kindern dieses genialen Mathematikers soll Wilhelmine der Begabung ihres Vaters am nächsten gekommen sein. Anfang der 1830er Jahre war Heinrich Ewald ein geachteter und anerkannter Orientalist und Theologe, der in Göttingen auf eine große Zukunft hoffen konnte. 1833 wurde er Mitglied in der königlichen Sozietät der Wissenschaften, 1835 Professor für orientalische Sprachen und im gleichen Jahr erhielt er die Berufung in die Honorenfakultät. Am 12. Dezember 1837 fand seine Laufbahn in Göttingen jedoch ein überraschendes Ende, als er mit sechs Kollegen gegen die Änderung der Verfassung protestierte und danach als einer der Göttinger Sieben von König Ernst August I aus allen Ämtern und Ehren entlassen wurde.
Seine wissenschaftliche Reputation reichte jedoch schon weit über die Grenzen des Königreichs Hannover hinaus. Im Mai 1838 wurde er als ordentlicher Professor für Philosophie an die Universität Tübingen im Königreich Württemberg berufen und 1841 an die Theologische Fakultät versetzt. Unter seinen Studenten waren zu jener Zeit auch Schleicher und Dillmann, die er für orientalische Sprachen begeisterte. Überschattet wurde sein Aufenthalt in Tübingen durch den frühen Tod seiner Ehefrau, die 1846 im Alter von 38 Jahren verstarb. In Tübingen sind einige seiner bedeutendsten Werke entstanden und es begann seine erbitterte Fehde mit dem Theologen Ferdinand Baur und der Tübinger Schule. Die Göttinger Universität trug in den 1840er Jahren schwer an den Folgen der Entlassung ihrer sieben herausragenden Professoren. Auf die verwaisten Lehrstühle der Göttinger Sieben ließ sich kein Gelehrter von Rang berufen und die Studentenzahlen gingen drastisch um fast die Hälfte zurück. Um das Renommee der Universität wieder zu heben wurde versucht, die Sieben wieder in Göttingen zusammenzuführen. Diese Bemühungen waren jedoch nur bei dem Physiker Wilhelm Weber und bei Heinrich Ewald erfolgreich, der 1848 in seine Heimatstadt zurückkehrte und dort wieder alttestamentarische Theologie und orientalische Sprachen lehrte. 1863 war er in Frankfurt am Main einer der Mitbegründer des Deutschen Protestantenvereins.
Seine politische Überzeugung wurde 1867 erneut vor eine harte Probe gestellt. Preußen hatte sich 1866 das Königreich Hannover als Kriegsbeute einverleibt und forderte von allen Staatsdienern die Vereidigung auf den preußischen König. Heinrich Ewald war gegen die deutsche Einigung unter der Vorherrschaft Preußens, verweigerte im März 1867 den Eid und wurde deshalb aus der Philosophischen Fakultät ausgeschlossen. Allerdings erhielt er unter Beibehaltung seines Gehalts die Erlaubnis noch Vorlesungen zu halten. Wegen unbotmäßiger Äußerungen in seiner Schrift "Das Lob des Königs und des Volks" wurde ihm 1868 die Lehrerlaubnis endgültig entzogen. Seiner politischen Überzeugung ging er ab 1869 als Parlamentsabgeordneter nach. Er widersetzte sich vehement der preußischen Politik, die eine Reichseinigung mittels Blut und Eisen herbeiführte. Auch nach dem Krieg 1870-71 und der Ausrufung des Kaiserreichss blieb Heinrich Ewald ein entschiedener Gegner des triumphierenden preußischen Militarismus, der damals schon den Keim des schrecklichen Untergangs zwei Generationen später in sich trug. Heinrich Ewald verstarb im Alter von 72 Jahren in Göttingen und wurde dort auf dem Bartholomäi-Friedhof (heute Marien-Friedhof) beigesetzt.