Hans Werner Richter
Hans Werner Richter (* 12. November 1908 in Bansin auf Usedom, † 23. März 1993 in München) war ein deutscher Schriftsteller.Richter ist weniger mit eigenen Werken bekannt geworden, dafür gelangte er als Initiator, Spiritus Rector und "graue Eminenz" der Gruppe 47, der wichtigsten bundesdeutschen Schriftstellergruppierung der Nachkriegszeit zu weltweiter Berühmtheit und Anerkennung.
Table of contents |
2 Schriftstellerisches Werk 3 Hans Werner Richter und die Gruppe 47 |
12.11.1908: Hans Werner Richter wird als Sohn eines Fischers im Fischerdorf und "Kaiserbad" Bansin auf Usedom geboren.
1924-27: Buchhändlerlehre in Swinemünde (heute polnischer Teil Usedoms), danach Arbeit als Buchhandelsgehilfe in Berlin.
1930-1932: Hans Werner Richter ist Mitglied der KPD, dann Parteiausschluss wegen Trotzkismus.
1933: Hans Werner Richter erkennt früh das Fatale der Nazi-Bewegung, als er Zeuge eines braunen Aufmarsches auf dem Tempelhofer Feld in Berlin wird. Daraufhin versucht er, mit seiner Freundin nach Paris zu emigrieren. Dieser "Fluchtversuch" scheitert an seiner aussichtslosen finanziellen Lage dort. Nach seiner Rückkehr
1934-1940: Tätigkeit als Buchhändler und Lektor.
1940: Hans Werner Richter wird nach einer vorübergehenden Verhaftung durch die Gestapo, die ihm ihren Vorwurf des "Pazifismus" nicht nachweisen kann, zum Kriegsdienst eingezogen.
Trotz des mehrjährigen Kriegseinsatzes überleben alle vier Richter-Brüder den Krieg - ihr Vater hatte ihnen jegliche "Heldentaten" ausdrücklich verboten.
1943-1946: Hans Werner Richter befindet sich in amerikanischer Kriegsgefangenschaft.
1946-1947: Zusammen mit Alfred Andersch und René Hocke Herausgeber der Zeitschrift "Der Ruf". Nachdem diese wegen zu linker Einstellungen von der amerikanischen Besatzungsmacht verboten wurde, gründet sich
1947 die Gruppe 47 - ein sich auf informelle Einladung (Postkarte) durch Hans Werner Richter halbjährlich zusammenfindender DichterInnenkreis wechselnder Besetzung.
In die erste Jahre der Gruppe 47 fällt auch die mengenmäßig produktivste Phase im Schriftstellerleben des Hans Werner Richter.
1967: Der Rhythmus der halbjährlichen oder jährlichen Gruppentagungen wird unterbrochen.
1977: Auf Initiative von Günter Grass findet eine allerletzte Gruppentagung statt.
23.3.1993: Hans Werner Richter stirbt in München.
Richters Romane und Erzählungen sind meist linear und eher konventionell erzählt und inhaltlich fast vollständig autobiographisch - so wird etwa in "Rose weiß, Rose rot" die Erfahrung aus seiner Pariser Zeit erzählt. Weil seine Bücher nie zur literarischen Avantgarde gehörten, ist HWR als Schriftsteller nie wirklich ernst genommen worden - dennoch hat er ein nicht nur historisch interessantes und zudem spannendes und gut lesbares Kompendium er- und gelebter Geschichte(n) hinterlassen.
Die Gruppe 47 war das Lebenswerk Richters, sein Name ist von dem der Gruppe 47 kaum zu trennen. Durchgehend wird er als die alleinige Authorität der Gruppe anerkannt. Es gibt die Meinung, dass das Geheimnis für Richters Durchsetzungskraft nicht nur sein Charisma, seine Liebenswürdigkeit und seine Kommunikationsfreude waren, sondern auch die Tatsache, dass Richter als Romanautor den anderen Schriftstellern nie eine ernsthafte Konkurrenz war (oder sein wollte).
HWR verschickt die Einladungen, entscheidet damit, wer kommen darf, bestimmt Ort & Zeit und auch den Ablauf des Geschehens. Von seinem thronartigen, scherzhaft "Richterstuhl" genannten Sitz leitet er die Lesungen junger Dichterinnen und Dichter sowie die sich jeweils anschließende Kritikerrunde, bei der alle anderen Anwesenden ihre spontane, unvorbereitete Meinung sagen sollten. Auf diese Weise wurden viele ganz Große entdeckt (z.B. Ingeborg Bachmann), aber auch übersehen (z.B. Paul Celan, der bei der Lesung wegen seiner pathetischen Sprachmelodie und seiner hohen Stilebene, die einigen der Schriftsteller nicht gefiel, gnadenlos durchfiel); ferner wurden viele hoffnungsvolle Jungpoeten durch ihr traumatisches Erlebnis bei der Gruppentagung doch noch von ihrem Berufswunsch abgebracht. HWR hielt es für eines der beiden größten Verdienste der Gruppe 47, auf solche Weise "viel schlechte Literatur verhindert" zu haben.
1967 tagt die Gruppe zum vorerst letzten Mal, es kommt zu harmlosen Störungen durch gegen das Establishment protestierende Studierende. Die Gruppe wird aber nicht gesprengt oder aufgelöst - HWR verschickt einfach keine Einladungs-Postkarten mehr. Im Rückblick scheint es fast, als habe Richter instinktsicher den richtigen Zeitpunkt getroffen, um aufzuhören - die Avantgarde fand mittlerweile anderswo statt, und der ständig anwachsende Medienrummel macht ein ruhiges, klausurartiges Arbeiten unmöglich.Vita
Schriftstellerisches Werk
Hans Werner Richter und die Gruppe 47