Hans von Dohnanyi
Dr. Hans von Dohnanyi [do'na:ni] (* 1. Januar 1902 in Wien; † 8. April 1945 in Sachsenhausen) war ein deutscher Jurist und Widerstandskämpfer.
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2 Wirkungen 3 Literatur 4 Weblinks |
Leben
Hans von Dohnanyi wurde als Sohn des ungarischen Komponisten Ernö von Dohnányi ['doxna:nji] und dessen Frau, der Pianistin Elisabeth Kunwald geboren. Nach der Trennung seiner Eltern wuchs er in Berlin auf. Er besuchte dort gemeinsam mit Dietrich Bonhoeffer und Klaus Bonhoeffer das Gymnasium. Von 1920 - 1924 studierte er in Berlin Rechtswissenschaft.
Nach dem ersten Staatsexamen heiratete er 1925 Christine Bonhoeffer, die Schwester seiner Schulfreunde. Mit der Heirat legt er den Akzent auf dem "a" in seinem Familiennamen ab. Mit seiner Frau hatte er drei Kinder, darunter Klaus von Dohnanyi (Erster Bürgermeister von Hamburg) und Christoph von Dohnányi (Dirigent).
Nach Assisstentenzeit, Promotion und kurzer Tätigkeit beim Hamburger Senat beginnt 1929 seine Laufbahn beim Reichsjustizministerium als persönlicher Referent des Justizministers mit der Dienstbezeichnung Staatsanwalt und seit 1934 als Regierungsrat. Nach dem so genannten Röhm-Putsch sucht von Dohnanyi - ausgelöst wohl durch die planmäßige Tötung angeblicher Verschwörer auf Befehl der Regierung ohne Gerichtsverfahren und Urteil - Kontakt zu Kreisen des Widerstands. Er fertigt für sich Aufzeichnungen über Verbrechen des Regimes, um nach einem Umsturz Beweismittel für einen rechtsstaatlichen Prozess zur Hand zu haben. Als 1938 seine Kritik an der Rassenpolitik der Nationalsozialisten bekannt wird, versetzt man ihn als Reichsgerichtsrat an das Reichsgericht.
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs forderte ihn Hans Oster für das von Wilhelm Canaris geleitete Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht an, das alsbald zu einem Zentrum des Widerstands gegen Adolf Hitler wird.
Dohnanyi ermöglicht 1942 den als Juden verfolgten Berliner Rechtsanwälten Friedrich Arnold und Julius Fliess mit ihren Familienangehörigen als getarnten Agenten des Amt Ausland/Abwehr die Flucht in die Schweiz. Insgesamt 13 Personen konnten durch die von Dohnanyi veranlasste Verfälschung der so genannten Operation U-7 ungehindert ausreisen. Bei einem geheimen Besuch in der Schweiz hatte Dohnanyi die Aufnahme der Flüchtlinge vorbereitet.
Ende Februar 1943 beteiligt sich von Dohnanyi am Putsch- und Attentatsversuch Henning von Tresckows gegen Hitler. Die in Smolensk in Hitlers Flugzeug geschmuggelte Bombe versagte aber.
Am 5. April 1943 wird Dohnanyi unter dem Vorwurf angeblicher Devisenvergehen festgenommen. Das Verfahren gegen ihn wird durch Heeresrichter Karl Sack absichtlich verschleppt. 1944 wird Dohnanyi in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Nach dem das Attentat auf Hitler und der Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 scheitern, wird auch die Beteiligung Dohnanyis an diesen Plänen dem Regime bekannt. Am 8. April (manche Quellen nennen den 9. April) 1945 wird Dohnanyi in einem Standgerichtsverfahren ohne rechtsstaatliche Mindeststandards zum Tode verurteilt und gehängt.
Wirkungen
Der Vorsitzende des Standgerichts Thorbeck und der Ankläger Huppenkothen wurden nach dem Ende des NS-Regimes in der Bundesrepublik Deutschland wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Nachdem der Bundesgerichtshof zunächst zwei Freisprüche des Schwurgerichts aufgehoben hatte, wechselte er 1956 im dritten Revisionsverfahren seine Ansicht, hob die Verurteilung Thorbecks und Huppenkothens auf und sprach sie vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord durch die Beteiligung am Standgerichtsverfahren frei, weil das Standgericht ordnungsgemäß errichtet gewesen sei und nach dem damals geltenden Recht geurteilt habe, ohne dass man den Angeklagten vorwerfen könne, dieses Recht gebeugt zu haben (vgl. Rechtsbeugung). Besonderes Unverständnis löste aus, dass die Verurteilung wegen der Beteiligung an der Vollstreckung im Schuldausspruch bestätigt wurde, weil die Angeklagten versäumt hätten, vor der Tötung von Dietrich Bonhoeffer, Wilhelm Canaris und Karl Sack die Bestätigung des Urteils durch den obersten Gerichtsherrn (gemeint: Adolf Hitler) einzuholen. Wegen der Tötung von Dohnanyis (genauer: der Beteiligung an der Vollstreckung des Standgerichtsurteils) wurde Huppenkothen freigesprochen, weil im Zweifel für den Angeklagten nicht festgestellt werden könne, dass Hitler dieses "Urteil" nicht doch bestätigt habe. Der Präsident des Bundesgerichtshofs sagte über dieses Urteil im Jahre 2002 anlässlich eines Festakts aus Anlass des 100. Geburtstags von Hans von Dohnanyi, man müsse sich für dieses Urteil des Bundesgerichtshofes schämen. Die Folgen dieses Urteils seien verheerend gewesen, weil die Justizverbrechen der Nazizeit dadurch ungesühnt geblieben seien.
Der Staat Israel hat Hans von Dohnanyi am 26. Oktober 2003 aufgrund der von ihm unter eigener Lebensgefahr ermöglichten Rettung der Familien Arnold und Fliess als "Gerechten unter den Völkern" geehrt und seinen Namen in die Mauern der Gedenkstätte Yad Vashem einmeißeln lassen.
Literatur
Weblinks
Siehe auch: Liste der Beteiligten des Aufstandes vom 20. Juli 1944 Widerstand gegen den Nationalsozialismus