Zu seinem Ansatz
Hans-Georg Gadamer ist einer der prominentesten deutschen Philosophen der Gegenwart. Er gilt als Begründer einer universalen Hermeneutik, die sich sowohl gegen den einseitigen Methodologismus der traditionellen Hermeneutik von Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey als auch gegen den Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegels wendet.
Für Gadamer ist jegliches Verstehen, handele es sich um Texte, Kunst- und Bauwerke oder das Gegenüber in einem Gespräch, an die Sprachlichkeit des Seins vor dem Horizont der Zeit gebunden. Dies setzt beim Interpreten von Werken Offenheit, das Bewusstmachen der eigenen Vorurteilsstruktur sowie die Bereitschaft zum Gespräch voraus. Die philosophische Hermeneutik wurde von Gadamer so allgemein fundiert, dass sie auf prinzipiell alle ethisch-ästhetischen Aspekte und Fragen des Lebens Anwendung finden kann.
Leben
- 1909 bis 1918 Besuch der Schule zum Heiligen Geist in Breslau
- 1918: Ende der Schule und Beginn des Studiums an der Universität Breslau, u.a. bei Richard Hönigswald
- 1922: Promotion bei Natorp und Nicolai Hartmann mit einer Abhandlung zu Plato
- 1923: SS, Besuch der Vorlesungen von Edmund Husserl und Heidegger in Freiburg im Breisgau, im Sommer bei Heidegger in dessen Hütte. Heideggers Versetzung nach Marburg.
- 1924: Beginn des Studiums der klassischen Philologie bei Paul Friedländer
- 1927: Staatsexemen für das höhere Lehramt
- 1929: Habilitation bei Heidegger und Friedländer und Privatdozent in Marburg
- 1931: Veröffentlichung der Habilitationsschrift: Platos dialektische Ethik
- 1933: Reise nach Paris
- 1934: Veröffentlichung von Plato und die Dichter, das einen Durchbruch im Hinblick auf Platons Politeia darstellt, erste aber sehr deutliche Ansätze der Gadamerschen Hermeneutik zeigt und (z.B. im Motto) seine höchst kritsche Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus belegt
- 1937: apl. Professor in Marburg
- 1939: Berufung nach Leipzig, o. Professor und Direktor des Philosophischen Instituts der Universität Leipzig.
- 1945: Dekan der Philosophischen Fakultät
- 1946: bis 1947, Rektor der Universität Leipzig
- 1947: Berufung nach Frankfurt am Main
- 1949: Berufung nach Heidelberg als Jaspers' Nachfolger.
- 1950: Herausgeber der Festschrift für Heidegger.
- 1953: Begründung der "Philosophischen Rundschau" mit Helmut Kuhn und Rückkehr von Karl Löwith aus den USA
- 1960: Veröffentlichung von "Wahrheit und Methode"
- 1962: Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland, (oder 1964) Begründung der Internationalen Vereinigung zur Förderung der Hegel-Studien und deren Präsident
- 1966: Organisierung eines Kongresses über Sprache in Heidelberg als Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie
- 1967: bis 1971, Debatte mit Jürgen Habermas; bis 1977, Kleine Schriften, 4 Bde
- 1968: Emeritierung. Gadamer lehrt in Heidelberg freiwillig weiter
- 1969: bis 1972, Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften; April, Reise nach den USA
- 1971: Orden Pour le mérite und Reuchlin-Preis
- 1979: Freud-Preis und Hegel-Preis
- 1981: Debatte mit Jacques Derrida
- 1986: Jaspers-Preis
- 1993: das Großkreuz des Bundesverdienstordens
- 1996, 12. Januar: Ernennung zum Ehrenmitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig
- 1996: Ehrendoktor der Universität Leipzig
- 1999: Ehrendoktor der Philipps-Universität Marburg
- 2000: die große Geburtstagsfeier
- 2001: Gadamer-Professur (Heidelberg) beginnt
Biographien
- Autobiographie: Philosophische Lehrjahre (Frankfurt a.M., V. Klostermann, 1977; GW10), "Selbstdarstellung" (1977, GW2).
- Jean Grondin, Hans-Georg Gadamer: Eine Biographie, Tübingen, Mohr, 1999, 437S., ISBN 3-15-146855-4. (NB: Die Grondinsche Biographie ist erfolgreich und populär, wurde von Gadamer selbst aber abgelehnt und ist, besonders wegen des fehlenden Erfassens der Kontexte, von der Interpretation her nur begrenzt hilfreich.)
Weblinks