Großdeutsch
Großdeutsch war die Bezeichnung für das Bestreben, alle Deutschen in einen Nationalstaat zu vereinen. Dabei wurden in der Regel die Deutsch-Schweizer ausgeklammert. Eine andere Variante dieses Begriffes ist als Alldeutsch bekannt geworden, die vor allem in Preußen verbreitet war. Die Anhänger des Großdeutschen Gedankens wurden als Großdeutsche bezeichnet und sie waren vor allem in den süddeutschen Ländern (Baden, Württemberg, Bayern und Österreich verbreitet. Die politische Ausrichtung der Großdeutschen war als national-liberal zu bezeichnen.Die Vertreter des nördlichen "Großdeutschtums" wurden Alldeutsche genannt und standen in politischer Ausrichtung im Gegensatz zu den Großdeutschen.
- siehe auch: Alldeutscher Verband
Geschichte
Das Wort Großdeutsch wurde erstmals vom jüdischen Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung, Eduard von Simson verwendet.Von Simson war wie fast alle 1848er Demokraten, die ihren Sitz in der Paulskirche einnahmen, großdeutsch gesinnt. Weil es aber damals unmöglich war, das gesamte Österreich-Ungarn in das zukünftige Deutsche Reich einzubringen - dieses hätte Millionen von Nichtdeutschen in seinen Grenzen bedeutet - wurde schließlich versucht, die kleindeutsche Lösung durchzusetzen.
(Vor allem Österreich-Ungarn wollte der damit verbundenen Zerschlagung seines Gebietsstandes nicht zustimmen und schlug seinerzeit die "mitteleuropäische Lösung" der deutschen Frage vor: Mit der Schaffung eines "70-Millionen-Reiches" hätte das zukünftige Deutsche Reich alle damals als "deutsch" empfundenen Menschen Europas umfaßt - nur die Deutschschweiz hätte gefehlt. Allerdings wären auch Abermillionen Nichtdeutscher innerhalb der Grenzen Deutschlands gelebt.
Daraufhin begann man mit der Vorbereitung auf die "kleindeutsche Lösung"!)
Nach 1918 waren fast alle politischen Parteien der Weimarer Republik und der ersten Republik in Österreich gesamt- oder großdeutsch ausgerichtet. Der Friede von Versailles 1919 verhinderte ein demokratisches Großdeutschland.
Hitler schuf mit der Vereinigung Deutsches Reich und Österreich jenes Großdeutschland, das sich die alten '48er erträumt hatten -- nur waren die Vorzeichen ganz anders. Es war offensichtlich, daß das Großdeutsche Reich Adolf Hitlers über das Großdeutsche Volksreich zum Germanischen Reich deutscher Nation ausgebaut werden sollte und das Millionen von Nichtdeutschen umfaßt hätte.
Nach 1945 bemühte man sich in allen deutschen Nachfolgestaaten des Deutschen Reiches (Österreich, Bundesrepublik und "DDR") den Begriff "großdeutsch" nicht mehr zu verwenden - zu sehr war der einstige national-liberale und werte-konservative Begriff mit der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten behaftet; an seine Stelle trat nun "Gesamtdeutsch".
In Österreich wurde großdeutsche Politik mit dem Staatsvertrag von 1955 verboten, in der Bundesrepublik und der damaligen "DDR" galt er als rechtsextrem bzw. faschistisch. Dabei reichte die großdeutsche Gesinnung und Tradition von den Befreiungskriegen über die Demokraten des Jahres 1848 bis zur Wiener und Weimarer Demokratie - darüber hinaus waren alle Männer des 20. Juli 1944 großdeutsch eingestellt.