Grippeimpfung
Die Grippe-Impfung ist die effektivste Maßnahme zur Verhinderung einer Influenza-Erkrankung, die nicht mit einem banalen "grippalen Infekt" (einer Erkältung) verwechselt werden darf.Da aber in weiten Teilen der Bevölkerung die Bezeichnungen "Grippe" und "Erkältung" synonym gleichbedeutend verwendet werden und es klinisch kaum möglich ist, eine mild verlaufende Influenza von einem fieberhaften Infekt der Atemwege abzugrenzen, raten Laien und manche Ärzte in Unkenntnis oder Fehldeutung der Fakten oft von einer Influenza-Impfung ab.
Fakten
Dabei sprechen die Tatsachen für sich:
Das Risiko für gesunde Säuglinge und Kleinkinder, während der Grippesaison aufgrund von Erkrankungen des Atemtrakts in ein Krankenhaus aufgenommen werden zu müssen, ist ähnlich hoch wie bei erwachsenen Hochrisikopatienten oder bei Älteren (Izurieta HS et al, NEJM 2000; 342:232-9), was eine routinemäßige Impfung rechtfertigt.
Wirksamkeit der Impfung
Die Influenzaimpfung verhindert bei jungen, immun-kompetenten Personen in etwa 80 % eine Influenza-Erkrankung. Aber gerade bei denjenigen, die auf einen Schutz gegen Influenza besonders angewiesen wären - den geschwächten älteren Personen mit entsprechend beeinträchtigtem Immunsystem - kann eben aufgrund dieser im Alter nachlassenden Immunantwort die Effektivität der Impfung auf bis zu 30 - 40% abnehmen. Allerdings wurde auch in dieser Bevölkerungsgruppe nachgewiesen, dass die Impfung wenn schon nicht vor der Erkrankung selbst so doch vor den wichtigsten Komplikationen schützt, nämlich vor Krankenhauseinweisungen und dem Tod.
Deshalb wird einerseits empfohlen, diese Personen vorsichtshalber 2 mal zu impfen bzw. wurde andererseits ein spezieller sog. adjuvierter Impfstoff - Addigrip® - für ältere Menschen entwickelt, der zu einer deutlich höheren Antikörper-Bildung führt, allerdings auch teurer ist.
Influenza-Impfstoffe, die frei von Hühnereiweiß sind (da z.B. auf Zellkulturen gezüchtet), sind zwar mehrfach publiziert worden, aber bisher nicht zugelassen. Ein Influenza-Impfstoff, der nicht injiziert, sondern in die Nase gesprüht werden sollte, wurde nach Markteinführung in der Schweiz aufgrund von gehäuften Nebenwirkungen wieder zurückgezogen. Ein ähnlicher Nasal-Impfstoff gegen Influenza ist seit Mitte 2003 in den USA mit Einschränkungen zugelassen.
Nebenwirkungen
Nebenwirkungen treten bei einer Influenza-Impfung in ca 13% der Geimpften auf. Diese beschränken sich allerdings, wie in randomisierten, kontrollierten -also auch doppelblinden- Studien bewiesen wurde, auf lokale Beschwerden wie Rötung, Schwellung oder Schmerzen an der Einstichstelle, die etwa 1-3 Tage anhalten und den betroffenen Menschen nicht weiter stören. Leichte Allgemeinbeschwerden wie Fieber, Gliederschmerzen, Mattigkeit usw. kann bei Personen auftreten, die noch nie mit einem Grippe-Virus in Kontakt gekommen sind, also v.a. bei Kindern.
Der Impfstoff selbst kann weder eine Influenza noch andere Erkrankungen auslösen, schützt jedoch und selbstverständlich vor diesen anderen Erkrankungen auch nicht, die somit bei Geimpften ebenso häufig auftreten wie bei Ungeimpften.
Beim Guillain-Barre Syndrom (GBS) handelt es sich um eine Erkrankung des Nervensystems mit Lähmungserscheinungen, die sich in 85% der Fälle wieder vollständig zurückbilden, in bis zu 6% der Fälle aber auch zum Tode führen. Die Ursache dieser Erkrankung, die in den USA mit einer Häufigkeit von 10 - 20 Fällen pro 1 Million und Jahr auftritt - ist letztlich unbekannt. Einige Studien lassen vermuten, dass pro Jahr um 1 - 2 Fälle pro 1 Million Impfungen auftreten. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Vermutungen, da eine randomisierte, kontrollierte Studie mit mehreren Millionen Teilnehmern durchgeführt werden müsste, um diese Aussagen zu bestätigen. Dies ist allerdings ethisch nicht zu vertreten, da der Nutzen der Influenza-Impfung eindeutig belegt ist.
Wer geimpft werden sollte
In der aktuellen Empfehlung der STIKO (08. Aug. 2003), die seit dem Infektionsschutzgesetz in Deutschland amtlich-verbindlichen Charakter hat, wird die Influenza-Impfung unverändert nur für Personen über 60 Jahre als Standard-Impfung (S) empfohlen. Für andere Personen in Deutschland ist die Influenza-Impfung durch die STIKO ausdrücklich nur bei Vorliegen einer "Indikation" empfohlen, z.B. bei Grundleiden oder Epidemie (I), oder bei "erhöhter Gefährdung" durch vermehrte Exposition (B/I). Empfehlungen zur Influenza-Impfung an "alle, die nicht krank werden wollen", sind daher in Deutschland arzt- und haftungsrechtlich unbegründet. Dies gilt insbesondere bezüglich der Influenza-Impfung von Kindern ohne Grundleiden außerhalb von Epidemien: Bisher fehlen Langzeituntersuchungen zu Nebenwirkungen einer bereits im Kindesalter begonnenen jedes Jahr erneuten Impfung. Wer nicht geimpft werden sollte
Kontraindiziert ist die Impfung bei Menschen mit einer nachgewiesenen schweren Allergie gegen Hühnereiweiß, da herstellungsbedingt im Impfstoff Spuren von Hühnereiweiß enthalten sein könnten. Ebenso soll bei bekannten Überempfindlichkeitsreaktionen gegen andere Impfstoffbestandteile nicht geimpft werden.
Für diese Personen steht die neuen Substanzklasse der Neuraminidase-Hemmer zur allfälligen Verfügung.Zusammensetzung des Impfstoffs für die Saison 2003/2004
Für 2003/04 sind von der WHO folgende Stämme empfohlen:
Impfmodus
Impfungen gegen Influenza müssen jedes Jahr neu erfolgen. Selbst gegen diejenigen Virus-Varianten, für die der Impfstoff aktuell gerade optimal zusammen gesetzt ist, nimmt die Schutzwirkung nach weniger als 1 Jahr schon wieder ab. Außerdem führen Drift und Shift der Virus-Immunoberflächen im Laufe der Saison und erst recht bis zur nächsten Saison zur Abnahme der Wirksamkeit des Impfstoffes. Diese große Veränderlichkeit des Grippevirus (v.a. seiner Oberflächenproteine - siehe Influenza und Immunsystem -) stellt an die Entwicklung und Verteilung der Influenza Impfstoffe große Anforderungen.
Ungeklärte Fragen
Impfungen gegen Influenza müssen jedes Jahr neu verabreicht werden. Damit nimmt die Influenza-Impfung eine absolute Sonderstellung ein, denn jährlich immer wieder neu zu verabreichende Impfungen gibt es gegen keine andere Infektionskrankheit. Obwohl also Influenza-Impfungen seit Jahrzehnten weltweit jedes Jahr Millionen von Menschen verabreicht werden, gibt es bisher keine überzeugenden Längsschnitt-Untersuchungen bei solchen jedes Jahr erneut Geimpften. Die bisherige "Spontanerfassung" der Nebenwirkungen durch die Anbieter reicht nicht. Selbst schwerwiegende Nebenwirkungen können über Jahrzehnte hinweg unerkannt bleiben, wenn man nicht gezielt untersucht (aktuelles Beispiel: Ergebnisse der WHI zur Hormonersatzbehandlung bei Klimakterium). Eine japanische Untersuchung, die schon nach einer Influenza-Impfung bei einer "beträchtlichen Anzahl" der Geimpften eine Zunahme an potentiell gefährlichen Antikörpern gegen Impf-Bestandteile (Hühnereiweiß) nachwies (Yamane und Uemura, Epidemiology and Infection, 100 (2) 291-9 /1988) mahnt zur Vorsicht, blieb bisher aber ohne Replikation.
Siehe auch: Grippeimpfung (Studien) - Impfmüdigkeit - Impfkritik