Gouvernementalität
Unter Gouvernementalität (frz. gouvernement = Regierung; mente = Denkweise) versteht man einen umfassenden Begriff von Regierung. Mit dem Zusammenziehen der Begriffe Regierung und Denkweise zu dem Ausdruck Gouvernementalität wird die spezifische Form betont, die das Führen von Menschen heutzutage besitzt. Der Begriff geht zurück auf Michel Foucault, der ihn erstmals in seiner Vorlesung am Collège de France im Studienjahr 1977-1978 verwendet.
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2 Anwendung 3 Literatur 4 Weblinks |
Bedeutung
Foucault will mit dem Begriff Gouvernementaltiät drei zusammenhängende Erscheinungen beschreiben, die charakteristisch für die Regierungsweie spätkapitalistischer Gesellschaften sind.
Mit Gouvernementalität meint er dreierlei:
1. politische Rationalität
Erstens soll der Begriff ein spezifisches Gefüge von Institutionen beschreiben, das Zusammenwirken von codifizierten Verfahren, formalen Gesetzen und unbewussten Gewohnheiten. (In der klassischen Dreiteilung der Politikwissenschaft entspräche dieser erste Aspekt wohl der polity)
2. Machttypus
Schon in seinen früheren Arbeiten (vgl. Sexualität und Wahrheit) plädiert Foucault vehement für eine Neukonzeption der Machtanalyse. "Die Macht ist nicht eine Institution, ist nicht eine Struktur, ist nicht eine Mächtigkeit einiger Mächtiger" (ebd., 114). Die gängige Suche nach einer verbietenden Potenz (souveräne Macht) oder kontrollierenden Überwachung (disziplinare Macht) beschränkt unser Verständnis von dem, wie Macht außerdem noch wirken kann.
Mit dem Begriff Gouvernementalität betont Foucault also zweitens die besondere Machtform 'Regierung', die in der modernen Gesellschaft ihre Wirkung entfaltet. Diese Regierung ist gekennzeichnet durch das Zusammenwirken einer Fremdführung von außen und einer Selbstführung der Individuen.
3. historischer Prozess
Zum dritten beinhaltet Gouvernementalität noch eine Perspektive auf die spezifische historische Entwicklung moderner Gesellschaften. Aus Sicht der Gouvernementalität erscheint der geschichtliche Prozess als Übergang von einem 'Gerechtigkeitsstaat' im Mittelalter zu einem 'Verwaltungsstaat' in der frühen Neuzeit, der sich nun allmählich 'gouvernementalisiert'.
Anwendung
Seit Anfang der 90er Jahre im anglo-amerikanischen Sprachraum und gegenwärtig zunehmend auch in Deutschland werden sog. governmentality studies populär. Die Kategorien von Foucault werden dabei als Hintergrund benutzt, um die neoliberale Umgestaltung des Staates zu beschreiben.
Literatur
Weblinks