Good Governance
Good Governance bezeichnet ein gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie Staat oder Gemeinde.
Bedeutung
Für den aus dem Englischen kommenden Begriff Governance gibt es keine deutsche Entsprechung; Eindeutschungsversuche wie "Gouvernanz" haben sich nicht durchgesetzt. Der Ausdruck ist alternativ zum Begriff Government (Regierung) entstanden und soll ausdrücken, dass innerhalb der jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Einheit Steuerung und Regelung nicht nur vom Staat ("Erster Sektor"), sondern auch von der Privatwirtschaft ("Zweiter Sektor") und vom "Dritten Sektor" (Vereine, Verbände, Interessenvertretungen) wahrgenommen wird. (Unter Corporate Governance versteht man die Kontroll- und Steuerungsstruktur innerhalb privatwirtschaftlicher Unternehmen.)
Geschichte
Das Konzept Good Governance entstand in den 1980er Jahren in den internationalen Finanz- und Entwicklungshilfeorganisationen wie Weltbank, IMF, UNDP (das Vereinte Nationen-Entwicklungsprogramm) und OECD als positive Umkehrung der negativen Erfahrung, die diese Organisationen in "Entwicklungsländern" damit gemacht hatten, dass finanzielle Hilfen keinen Effekt zu haben schienen. Hieraus schloss man auf eine Abwesenheit von Institutionen, Prinzipien und Strukturen, deren Gesamtheit als Governance bezeichnet wurde – und als "Good Governance", wenn sie besonders gut funktionierte. Eine einheitliche Definition des Begriffs Good Governance gibt es – selbst innerhalb der einzelnen Organisationen – nicht; zu den guten Prinzipien gehören aber häufig Begriffe wie Transparenz, Effizienz, Partizipation, Verantwortlichkeit, Marktwirtschaft, Rechtsstaat, Demokratie und Gerechtigkeit. Die Demonstration der Einrichtung bzw. Entwicklung von derartigen Institutionen, Prinzipien und Strukturen wurde bald zur Voraussetzung für weitere Zahlungen.
Kritik
Good Governance ist nun keineswegs ein ideologiefreies Konzept, sondern –bereits im Ausdruck Governance allein – ist eine Abwendung vom zentralen Steuerungsinstrument 'Staat' angelegt. Entstaatlichung und Ökonomisierung werden impliziert als wünschenswert dargestellt. Kritiker zumal aus den "Entwicklungsländern" sowie - wenn auch seltener - den Transformationsländern Zentral- und Osteuropas, die den funktionierenden Staat für notwendig halten, sehen im Konzept der Good Governance daher auch eine Form von neokolonialistischem Imperialismus und Teil der negativen Globalisierung.
In den internationalen Sozialwissenschaften übertrug man den Begriff der Governance alsbald auf die "Erste Welt", also auf den "Westen". Auch hier sollte die darin eingeschlossene Entstaatlichung schon vom Ansatz her bemerkt werden. Allerdings wird - rein empirisch - das Wort Governance häufig oder sogar meistens nicht in irgendeinem definierten Sinne, sondern als modische Alternative zu "Government" (Regierung) verwendet.