Gewaltfreie Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation ist eine Form der Konfliktlösung, die ohne psychische und physische Gewalt auskommt. So verstanden, wird und wurde sie praktiziert von vielen Menschen. Besonders hevorgetan haben sich religiöse Lehrern wie Jesus und Buddha und/oder politische wie Gandhi und Martin Luther King.
Wissenschaftlich mit dieser Form der Kommunikation beschäftigt hat sich Marshall B. Rosenberg der auch den Begriff geprägt hat. Rosenberg versteht die Gewaltfreie Kommunikation als eine Methode zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Miteinanders. Rosenberg hat in Wisconsin in Psychologie promoviert. Das Konzept der Gewaltfreien Kommuniktion entstand aus Rosenbergs Auseinandersetzung mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den frühen 60ern. Er half dabei auf friedvollem Wege die Rassentrennung an Schulen und Institutionen rückgängig zu machen. Zu diesen Zwecke gründete er das "Center for Nonviolent Communication".
Rosenberg bietet Trainings in "Gewaltfreier Kommunikation" in Schweden, der Schweiz, Italien, Deutschland, Dänemark, Malaysia, Indien, den USA und vielen weiteren Staaten an. Er ist aber auch in Krisengebieten und ökonomisch benachteiligten Regionen, wie Israel, Palästina, Serbien, Ruanda tätig.
Seit einigen Jahren gibt auch im ehemaligen Jugoslawien Leute, die nach seiner Methode arbeiten.
So haben 1994 serbische Pädagoginnen und Psychologen, unterstützt von Unicef, ein dreibändiges Werk zum Erlernen gewaltfreier Kommunikation nach Rosenbergs Methode für Kindergärten und Schulen entwickelt. Rosenberg hat auch ein speziell auf Kindern zugeschnittes Konzept des lernen der GfK entwickelt.
Viele Coaching- und Mediations-Agenturen bieten Fortbildungen-Seminare zur GfK an und nutzen sie zur Bearbeitung von Konflikten.
Die GfK steht in der Tradition der klienten-zentrierten Gesprächstherapie, die von Rosenbergs Lehrer Carl Rogers entwickelt wurde. Das einfühlsame Zuhören steht bei Rogers im Mittelpunkt, die GfK geht jedoch über den gesprächstherapeutischen Rahmen hinaus. Beeinflusst ist die GfK auch von Gandhi und seinen Überlegungen zur Gewaltfreiheit, ahimsa genannt, die auf den Upanishaden basieren. Viele Elemente der GfK finden sich auch in anderen Konfliktlösungstechniken, wie im Gütekraft-Konzept von Martin Arnold, der Mediation und den Win-win-Strategien.
Rosenberg geht davon aus, dass die Form, in der wir miteinander kommunizieren, einen entscheidenden Einfluss darauf hat, ob wir Empathie für unser Gegenüber entwickeln und unsere Bedürfnisse erfüllen können. Im Zentrum steht ein Miteinander, das nicht verurteilt, sondern gerichtet ist auf die Bedürfnisse und Gefühle, die hinter Handlungen und Konflikten stehen. Sie kann in vielen Bereichen verwendet werden, so z.B. in Schulen, Universitäten, Organisationen, Institutionen, engen Beziehungen, Therapie, Beratung, Verhandlungen, Diplomatie und bei allen Arten von Konflikten. Die GfK ist jedoch weniger als Kommunikations-Technik zu betrachten, sondern als Bewusstwerdung über Möglichkeiten der empathischen Kommunikation. So reicht es dann nicht, das Grundmodell stur anzuwenden, sondern eine veränderte Einstellung zum Gegenüber ist notwendig, um die Kommunikation und das Wohlbefinden zu verbessern. Rosenberg betrachtet zwei gegenläufige Formen der Kommunikation, nämlich die Gewaltfreie Kommunikation und die Lebensentfremdende Kommunikation.
Unter 'Lebensentfremdender Kommunikation' versteht Rosenberg Formen der Kommunikation, die langfristig zu Gewalt gegen uns selbst und anderen beitragen, wobei mit Gewalt keineswegs nur die physische gemeint ist. Sie vermindert auch die Empathie mit uns und anderen. Es sind vor allem drei Elemente, die Teil der Lebensentfremdenden Kommunikation sind:
Rosenberg geht davon aus, dass Menschen unter freien Bedingungen gerne geben und die empathische Verbindung zum Mitmenschen suchen. Die GfK soll helfen, sich ehrlich auszudrücken und empathisch zuzuhören. Empathie ist nach Rosenberg ohnehin eine Grundvoraussetzung gelingender Kommunikation und sie hilft auch mit Menschen zu kommunizieren, die selbst nicht gewaltfrei kommunizieren oder aggressiv sind. Sie gibt dem anderen die Möglichkeit, sich zu verändern ohne das Gesicht zu verlieren. Das Grundmodell kann uns also helfen, uns verständlich zu machen, aber auch genutzt werden, um die Aussagen anderer zu verstehen.
2. Dann bringen wir unsere Gefühle mit dem in Verbindung, was wir beobachten. Wir erklären dem anderen, was wir dabei fühlen und können Ihn auch nach seinem Gefühl fragen. Ob wir nun bei unserem oder seinem Gefühl bleiben, beides hilft, um in einen empathischen Kontakt kommen. Ich fühle mich einsam wäre hierbei die Äußerung eines Gefühls, ich fühle mich vernachlässigt dagegen die Äußerung eines Pseudogefühls . Wichtig ist es hierbei, Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen. Manchmal reagieren wir oder andere auf bestimmte Situationen mit mehreren Gefühlen. Hier hilft es, die Gefühle nacheinander zu betrachten.
3. Nun betrachten wir Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche, aus denen Gefühle entstehen. Hinter bestimmten Gefühlen stehen nach Rosenberg immer Bedürfnisse. Vielleicht steht hinter dem Gefühl der Einsamkeit das Bedürfnis, beachtet und geliebt zu werden. Oftmals sind die Bedürfnisse aber nicht auf den ersten Blick erkennbar und bleiben uns selbst und anderen verborgen, dann können wir uns ratend den Bedürfnissen des anderen nähern. Gerade bei Handlungen oder Aussagen, die uns ärgern, hilft es uns, die dahinter liegenden Bedürfnisse zu erfragen und zu verstehen. Möglicherweise lehnen wir z.B. rassistische Aussagen ab, verstehen wir jedoch die dahinter liegenden Bedürfnisse, kommt es zur Empathie. Wir können dann unsere Wertvorstellung durchaus verteidigen, die aus unseren Bedürfnissen entspringt, ohne den Kontakt zum anderen zu verlieren.
4. Zum Schluss äußern wir eine konkrete Handlung um die wir bitten mögen, "damit unser Leben reicher" wird. Um Bitten verständlich zu äußern, müsse man sie mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen in Verbindung bringen. Rosenberg schlägt vor, Bitten in einer "positiven Handlungssprache" zu formulieren. Zum einen bedeutet dies nicht zu sagen, was jemand tun oder nicht tun sollte, sondern was man sich von jemandem erbittet. Wenn ich sage: Ich möchte dass du nicht mehr die ganze Zeit weg bist!, dann ist noch lange nicht sicher, ob er verstanden hat, was ich eigentlich möchte. Umso konkreter die Handlung um die gebeten wird ist, umso besser: Ich bitte dich, dass du in der nächsten Woche einige Abende mit mir verbringst. Auch hier hilft es, das gesagte paraphrasieren zu lassen, um herauszufinden, ob es Missverständnisse gab.
Rosenberg fast die Kommunkationsart der GfK in folgendem Satz zusammen:
Anwendung der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg
Theoretischer Hintergrund
Erläuterung des Konzepts von Rosenberg
Lebensentfremdende Kommunikation
Grundmodell der GfK
1. Zuerst beschreiben wir eine konkrete Handlung, die wir beobachten und die unser Wohlbefinden beeinträchtigt. Hierbei ist es wichtig, tatsächlich eine Beobachtung zu äußern und sie nicht mit einer Bewertung zu vermischen. So ist die Aussage Du beachtest mich nicht in einer Ehe keine Beobachtung. Erstens impliziert sie eine Bewertung, ein Urteil über den anderen, und zweitens ist sie zu abstrakt und allgemein. Du hast in der letzten Woche keinen Abend mit mir verbracht spezifiziert die Aussage, ohne den anderen zu bewerten. Wird eine Beobachtung mit einer Bewertung vermischt, neigt das Gegenüber dazu, nur die Kritik zu hören. Die Chance, dass unsere Bedürfnisse gehört werden und dass auch wir die Bedürfnisse des anderen hören, verringert sich. Es kommt vor, dass trotz bewertungsfreier Äußerungen vom Gegenüber eine Kritik herausgehört wird. Hier hilft es, den anderen das Gesagte paraphrasieren zu lassen (siehe auch: aktives Zuhören).
An unserem Beispiel:
Dieses Grundmodell soll nach Rosenberg nicht stur angewendet werden, variiert in der Reihenfolge und ist eher eine Hilfe, in soziale Beziehungen mit einem anderen Bewusstsein zu treten, als eine Technik. Die GfK ist nicht von heute auf morgen anwendbar und bedarf einer gewissen Übung. Ob man mit der GfK bei massiven Übertretungen durch den anderen Grenzen ziehen kann, darüber wird gestritten. Sie ist jedoch in der Praxis ein bewährtes Mittel, um in konfliktreicher Kommunikation die Chance zu erhöhen, empathisch miteinander umzugehen, und die gegenseitigen Bedürfnisse zu erfüllen.
Gewaltfreie Kommunikation: | Lebensentfremdende Kommunikation | |
Situation | Konkrete Handlungen, die wir beobachten und die unser Wohlbefinden beeinträchtigen.
| Beobachtung und Bewertung werden vermischt:
Personifizierung.
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Gefühl | Die Gefühle werden mit dem in Verbindung gebracht, was wir beobachten.
| Keine Erläuterung über Zusammenhang der Situation mit dem Gefühl, sondern: Eine Interpretation wird als Gefühl geäußert. Schuldzuweisungen, Vorwürfe, Pauschalierungen.
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Bedürfnis | Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche, aus denen Gefühle entstehen, werden betrachtet und mitgeteilt.
| Das Bedürfnis wird nicht (klar) geäußert, stattdessen wird der andere moralisch verurteilt.
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Bitte/Forderung | Um eine konkrete Handlung wird gebeten.
| Es wird eine Forderung gestellt. Bei nicht beachten drohen Sanktionen.
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Siehe auch: Win-Win, 9-Stufen eines Konflikts, Dramadreieck, Mediation, Gewaltfreiheit, Gütekraft, Wahrheitskommission
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