Geschichte Spartas
Bronzezeit
Als älteste Einwohner werden die Pelasger genannt; frühzeitig gründeten die Phöniker Niederlassungen an der Küste Lakoniens, um die dort häufigen Purpurschnecken zu sammeln. Diesen folgten kleinasiatische Griechen, Leleger genannt, und Einwanderer von Norden her. Die durch die Einwanderungen vermehrte und veränderte Bevölkerung wird in der ältesten Überlieferung unter dem Namen "Achaier" zusammengefasst (um 1580 v. Chr). Ihr sagenhaftes Herrschergeschlecht waren die Tyndariden, dann die Atriden (der Atride Menelaos).
Infolge der Dorischen Wanderung (1104 v. Chr) besiedelten die Dorier Sparta. Nach der Sage fiel Lakonien den beiden Söhnen des Aristodemos, Eurysthenes und Prokles, zu. In Wirklichkeit war die erste dorische Eroberung eine unvollständige. Die Achaier behaupteten sich in einem großen Teil Lakoniens; die Dorier setzten sich zunächst bloß am rechten Ufer des Eurotas fest, wo sie als feste Niederlassung Sparta gründeten. Von hier aus breiteten sie sich allmählich über die übrigen Gemeinden aus und vermischten sich mit den Achäern, deren ursprüngliche Ebenbürtigkeit auch daraus sich ergibt, dass eins der spartanischen Königsgeschlechter, die Agiaden, achaiisch war.
Archaische Zeit
In der Eisenzeit (von der Zerstörung Mykenes 1050 v. Chr bis ca. 750 v. Chr, Werke des Homer) setzte ein allgemeiner Niedergang in ganz Griechenland ein. Städte und Anlagen wurden zerstört, Wissen ging verloren. Die Stämme zersplitterten zunehmend, es kam zu immer mehr Kleinkriegen. Da die Erde fruchtbar genug war, um Einzelanbau zu ermöglichen, waren die Griechen nicht zu weitreichender Kooperation gezwungen. Dem sollten die Póleis (Stadtstaaten)entgegenwirken. Durch Erbteilung konzentrierte sich der Besitz auf immer weniger Menschen, es kam schließlich deswegen zur Sklaverei aus Armut unter den Griechen.
Lykurgische Reformen
Diese unfertigen Zustände stürzten den jungen Stadtstaat Sparta in eine Verwirrung, aus der ihn erst die Gesetzgebung des Lykurgos herausriss. Diese ist freilich so, wie sie bestand, nicht auf einmal angeordnet, sondern allmählich entstanden. Sie stellte den inneren Frieden her und begründete eine neue Staatsordnung auf der Vorherrschaft und strengen Organisation der dorischen Bevölkerung, der Spartiaten. Diese wurden in der Mitte des Landes vereinigt und 4.500 (später 9.000) gleiche Ackerlose unter sie verteilt, über welche sie weder durch Kauf oder Verkauf, noch durch Schenkung oder Testament frei verfügen durften. Sinn dieser Aufteilung war die Verhinderung einer neuen Besitzkonzentration und eine neue Armut.
Durch das Übergewicht der dorischen Spartiaten wurde Lakonien erst zu einem dorischen Staat gemacht. Das gesteigerte Stammesgefühl traf zusammen mit der nur auf kriegerische Tüchtigkeit und Tatkraft gerichteten Lebensordnung, um den Eroberungsgeist in den Spartanern zu erwecken und zu nähren.
Der erneuerte Kampf mit den alten Einwohnern hatte die völlige Unterwerfung derselben zur Folge. Durch Grenzstreitigkeiten entstanden die Kriege mit Messenien (735-715 und 650-620 v. Chr), die mit der Unterjochung dieses Landes endeten.
Langwierige Kriege hatte Sparta mit Arkadien zu führen. Erst um 600 v. Chr gewannen die Spartaner die Oberhand und zwangen Tegea zur Anerkennung ihrer Hegemonie, die sich damals bereits über den größten Teil des Peloponnes erstreckte.
Die Olympischen Spiele waren das gemeinschaftliche Fest der unter Spartas Oberhoheit vereinigten Staaten.
Mit Klugheit und Umsicht waren die Spartaner darauf bedacht, durch Erhaltung der alten staatlichen Ordnungen in den Nachbarländern, namentlich durch Bekämpfung der Tyrannis, ihren politischen Einfluss zu befestigen, und wurden hierbei von der delphischen Priesterschaft unterstützt.
Im Gegensatz zu anderen Griechenstädten gründet Sparta außer Tarent keine einzige Kolonie, sondern konzentriert sich auf die Machterhaltung im pelopponesischen Bund.
Perserkriege
Beim Beginn der Perserkriege scharte sich ganz Griechenland um die Spartaner, welche den Oberbefehl führten, aber sich in denselben wenig Ruhm erwarben; aus Eifersucht auf Athen nahm Sparta an der Schlacht bei Marathon nicht teil, und nur gezwungen schlug es der Schlacht bei Salamis; sein Glanzpunkt war die Aufopferung des Leonidas und seiner Dreihundert bei den Thermopylen. Die Fortführung des Kampfes in größerem Maßstab und die Gründung eines großen hellenischen Gemeinwesens unter spartanischer Hegemonie vertrug sich nicht mit der auf strenge Abgeschlossenheit berechneten Verfassung Spartas.
So überließ es, wenn auch von Neid erfüllt, die Führung der Griechen im Seekrieg den Athenern, zumal es von inneren Erschütterungen heimgesucht wurde.
Pentekontaetie
Einen Aufstand der Arkadier und der mit diesen verbündeten Argiver dämpfte Sparta zwar glücklich; aber ein Aufstand der Messenier (464-455) lähmte des Staats Kraft im Innern und zwang ihn sogar, bei Athen Hilfe zu suchen. Als Sparta das Hilfskorps, welches Kimon von Athen 461 v. Chr zuführte, schimpflich zurückschickte, entstand offener Bruch zwischen beiden Staaten. Um den Athenern im Norden ein Gegengewicht zu beschaffen, stellte Sparta durch den Sieg bei Tanagra 457 v. Chr Thebens Vorherrschaft in Böotien her. Die Schlacht bei Önophyta vernichtete aber diese wieder, und 450 v. Chr wurde unter dem Einfluss friedfertig gesinnter Staatsmänner ein fünfjähriger Waffenstillstand mit Athen, ein 30jähriger Friede mit Argos und 446 v. Chr ein 30jähriger Friede zwischen Athen und Sparta geschlossen. In diesem garantieren sich beide Staaten den Besitz ihrer jeweiligen Hegemonie.
Peloponnesischer Krieg
Der tiefer liegende Gegensatz jedoch zwischen dem ionischen und dem dorischen, dem demokratischen und aristokratischen Element sowie der Neid der auf Athens Macht und Blüte eifersüchtigen Verbündeten Spartas, namentlich Korinths und Thebens, ließen es zu keiner dauernden Versöhnung kommen, und im Peloponnesischen Krieg (431-404) fand der schroffe Gegensatz seinen Ausdruck. Sparta ging aus demselben als Sieger und scheinbar mächtiger hervor, als es je zuvor gewesen war, und diktiert Athen härteste Bedingungen (keine Flotte, keine Stadtmauern, keine Kolonien, Bündnis mit Sparta).
Alle früheren Bundesgenossen Athens waren ihm zugefallen; aber im Innern geschwächt und durch Beseitigung der lykurgischen Gesetze der Grundlagen seiner Verfassung beraubt, verstand es nicht, den gewonnenen Besitz mit Mäßigung und Klugheit zu behaupten. Gewalt und Treulosigkeit waren die Grundsätze der Politik des Lysandros und des Agesilaos. Überall wurden unter Spartas bewaffnetem Schutz oligarchische Verfassungen eingerichtet, die feindlichen Parteien mit blutiger Gewalt unterdrückt.
Ein Hauptziel der spartanischen Politik war die Wiedergewinnung der kleinasiatischen Küste, welche im Peloponnesischen Krieg den Persern preisgegeben worden war. Deshalb unterstützten die Spartaner den jüngeren Kyros gegen Artaxerxes und sandten 399 v. Chr Thimbron, dann Derkyllidas und zuletzt Agesilaos mit Heeresmacht nach Kleinasien.
Niedergang Spartas
Aber die glänzenden Erfolge des letzteren vermochten nicht, die Stellung Spartas im Mutterland zu sichern. Auf Anstiften der Perser verbündeten sich Athen, Theben, Korinth, Argos u. a. gegen Sparta, und es entstand 395 der so genannte Korinthische Krieg, den Sparta durch den mit Persien vereinbarten Antalkidischen Frieden (387 v. Chr) beendete.
Es gab die kleinasiatischen Griechen dem persischem Zugriff preis und hoffte, durch das Verbot aller Bünde zwischen griechischen Staaten seine Herrschaft dauernd zu begründen. Es zwang Theben, seine Kolonien freizugeben, Argos, seine Besatzung aus Korinth zurückzuziehen, und schaltete im Peloponnes als unumschränkter Herr.
Die Besetzung der Kadmeia in Theben (382 v. Chr) führte jedoch den Sturz von Spartas Vorherrschaft herbei. Theben erkämpfte sich 379 v. Chr seine Freiheit und die Hegemonie über Böotien wieder. In dem Kampf, den Sparta nunmehr gegen Athen und Theben unternahm, verlor es an ersteres seine Herrschaft zur See, und die Schlacht bei Leuktra (371 v. Chr) erschütterte auch seine Macht zu Lande für immer. Der thebanische König Epameinondas verwüstete 369 v. Chr Lakonien, vernichtete seine Hegemonie über den Peloponnes, machte Messenien selbständig und brachte so Sparta an den Rand des Verderbens, aus dem es auch der Tod des Epameinondas nicht erretten konnte.
Die von Lykurg gegebene Verfassung war im Lauf der Zeit untergraben worden, und der Verkehr mit Persien und dem asiatischen Griechenland hatte sich auf die einheimische Sitte eingewirkt. Sparta wurde eine der reichsten Städte Griechenlands. Die thebanischen Soldaten fanden in den Gutshäusern der spartanischen Adligen Schätze und Geldwerte, die es laut lykurgischer Verfassung nicht geben durfte. Inwieweit diese Verfassung ohnehin real umgesetzt war, ist noch Streitpunkt der Wissenschaft, da die meisten Informationen von außerhalb (i.d.R. Athen) kamen und ideologisch geprägt waren. Sparta galt nicht etwa als Schreckensbild, sondern wurde auch häufig als Idealstaat dargestellt, da es aus damaliger Sicht die längste und stabilste Verfassung vorzuweisen hatte. Eigentlich wird bis heute die regiede Männergesellschaft Spartas herausgestellt, die quasi »kulturfrei«, eugenisch, militaristisch, sexistisch und in Bezug auf die Heloten nahezu rassistisch gewesen sei. Doch obwohl ein längere Aufenthalt von »Ausländern« verboten war, hielten sich oppositionelle Adlige aus Athen und anderen griechischen Städten auf Dauer in Sparta als Wahlexilort auf. Die Chorwettkämpfe waren eine Touristenattration. Zu Festumzügen fuhren wohlhabende Frauen (für Sparta ein Widerspruch in sich) mit eigenen Festwagen vor. Junge Mädchen konnten etwa an Laufspielen teilnehmen, wobei, als ob das für den attischen Gast nicht schon schockierend genug war, auch noch ihre bloßen Knie zu sehen sein konnten.
Infolge der immerwährenden Kriege sank aber die Zahl der männlichen Bevölkerung, und zur Zeit des Aristoteles stellte es nicht viel über 1.000 Hopliten. Wenn dieser Stand der Bevölkerung von selbst die Vermögensgleichheit aufheben musste, so wurde diese Störung noch mehr gefördert durch das Gesetz des Ephoren Epitadeus, welches durch Schenkung oder Testament frei über das Ackerlos zu verfügen gestattete.
Die Verfassung ging allmählich in eine engherzige, selbstsüchtige Oligarchie über. Im Innern krank und seiner Bundesgenossen beraubt, konnte sich Sparta seit der Schlacht bei Leuktra nie wieder zu seinem früheren Einfluss erheben.
Alexander der Große
Alexander dem Großen versagten sie zwar die Heeresfolge, aber König Agis II. machte 330 v. Chr einen fruchtlosen Versuch, die makedonische Herrschaft zu stürzen. Die Spartaner mussten sogar, um sich gegen neue Angriffe des Demetrios (296 v. Chr) und des Pyrrhos (272 v. Chr) zu schützen, ihre Stadt stark befestigen.
Die Spartiaten würdigten sich zu Mietlingen des Auslandes herab. Zur Zeit des Königs Agis III. war ihre Zahl auf 700 geschmolzen. Die schwindende Volkszahl und die überhand nehmende Sitte der Mitgiften machten das Missverhältnis im Besitz immer größer.
Wiederherstellungsversuche
Agis' III. (244-240) Versuch, die Lykurgische Verfassung wiederherzustellen, scheiterte.
Kleomenes III. begann nach seinem ruhmreichen Krieg gegen die Achaier 226 v. Chr seine Reformen mit dem Sturz der Ephoren und der Verbannung der oligarchischen Gegner. Ohne weiteres Hindernis wurden die Schulden getilgt, die Bürgerschaft durch Aufnahme von Periöken auf 4.000 gebracht, die Ländereien unter sie neu verteilt und die Lykurgische Zucht wieder eingeführt.
Auch die Hegemonie im Peloponnes und in Griechenland wollte Kleomenes seinem Vaterland wieder erkämpfen, und schon war er nach der Eroberung von Argos nahe daran, an die Spitze des Achaiischen Bund zu treten, als Antigonos Doson, von Aratos herbeigerufen, 221 v. Chr in der Schlacht bei Sellafia die Macht des kaum verjüngten Staats brach. Sparta musste sich an Antigonos ergeben, der sofort die Reformen wieder aufhob und das Ephorat wiederherstellte. Der Staat trat dem Achäischen Bund bei, behielt aber im übrigen seine Unabhängigkeit.
In dem Usurpator Machanidas (211-207) erhielt Sparta seinen ersten Tyrannen; er hob das Ephorat auf, trat als unumschränkter Herr auf und machte sich an der Spitze seiner Söldnerscharen im Peloponnes furchtbar, doch fiel er schon 207 v. Chr gegen Philopoimen bei Mantineia. Die Regierung seines Nachfolgers Nabis (206-192) war eine fast ununterbrochene Reihe von Kriegen und ein Gewebe von verräterischer Politik.
Nach der Ermordung des Nabis durch die Ätoler (192 v. Chr) gewann Philopoimen Sparta wieder für den Achäischen Bund, aber der alte Hass der Spartaner gegen die Achaier blieb. Als Sparta 188 v. Chr vom Bund abfiel und sich unter römischen Schutz stellte, rückte Philopoimen vor Sparta, ließ die Häupter der Empörung hinrichten, die Mauern niederreißen und die fremden Söldner sowie die von den Tyrannen unter die Bürger aufgenommenen Heloten entfernen. Sparta musste nun achaiische Einrichtungen annehmen.
Rom sah zu, wie sich die Achaier und Spartaner gegenseitig durch ihre Streitigkeiten entkräfteten, bis der geeignete Zeitpunkt zum Eingreifen gekommen war. Nach der Vernichtung des Achaiischen Bundes und der Unterwerfung ganz Griechenlands (146 v. Chr) teilte Sparta das ziemlich leidliche Los der übrigen griechischen Staaten; ja, es soll den Spartanern von den Römern besondere Ehre zu teil geworden sein: sie blieben frei und leisteten keine anderen als Freundschaftsdienste.
Unter den Kaisern nach Augustus blieb den Lakedaimoniern kaum noch ein Schatten von Freiheit. Die Lykurgischen Einrichtungen bestanden noch bis ins 5. Jahrhundert fort, so galten einige sportliche wie musische Wettkämpfe laut Pausanias als quasi »spätantike Touristenattraktion« zu denen für ausländische Gäste extra Tribünen erbaut wurden; erst das Christentum verdrängte die letzten Reste derselben.Rom