Geschichte Spaniens im 16. bis 17. Jahrhundert
Spanien unter den Habsburgern
Erbin Ferdinands und Isabellas wurde die älteste Tochter, Johanna, welche mit ihrem Gemahl Philipp I, dem Sohn des deutschen Kaisers Maximilian I, nach Isabellas Tod (1504) zunächst in Kastilien zur Regierung kam. Mit Philipp bestieg das Haus Habsburg den spanischen Thron. Als Philipp 1506 jung starb und Johanna wahnsinnig wurde, wurde Ferdinand zum Vormund ihres Sohnes Karl erklärt, welcher 1512 Navarra mit seinem Reich vereinigte. Nach Ferdinands Tod (1516) übernahm Kardinal Jimenez die Regentschaft bis zur Ankunft des jungen Königs Karl I., welcher 1517 selbst die Regierung antrat und den verdienten Staatsmann sofort entließ. Da Karl 1519 auch zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (Karl V) gewählt wurde, verließ er Spanien jedoch 1520 wieder.
Für die Begründung einer habsburgischen Weltmacht und die Ausbreitung des römisch-katholischen Glaubens kämpften die spanischen Heere am Po, an der Elbe, in Mexiko und Peru. Dem Stolz der Spanier schmeichelte es, die gebietende Macht in Europa zu sein, ihrem Glaubenseifer, für die Ausrottung der Ketzerei, wie früher des Islam, zu streiten.
Als Karl V. 1556 die Regierung niederlegte, wurden die österreichischen Besitzungen des Hauses Habsburg und die Kaiserkrone von Spanien wieder getrennt, das in Europa nur die Niederlande, die Franche-Comté, Mailand, Neapel, Sizilien und Sardinien behielt.
Spanien wurde der Mittelpunkt einer mit großartigen Machtmitteln ins Werk gesetzten katholischen Reaktionspolitik, welche den Sieg des römischen Papismus zugleich über Türken und Ketzer erstreiten wollte. Zu diesem Zweck unterdrückte Philipp II (1556-98) den Rest der politischen Freiheiten und unterwarf alle Stände einem unumschränkten Despotismus. Die unaufhörlichen Kriege zehrten nicht nur die reichen Einkünfte der Kolonien auf, sondern zwangen den König, auf immer neue Mittel zu sinnen, seine Einnahmen zu mehren: Jedes Eigentum (außer dem der Kirche) und jedes Gewerbe wurde mit drückendsten Steuern belegt, Schulden aller Art aufgenommen, aber nicht bedient, die Münze verschlechtert, Ehren und Ämter käuflich gemacht und schließlich so genannte Donativen, Zwangsanleihen, den Einwohnern abgefordert. Doch die spanische Reaktionspolitik erzielte dabei keine wesentlichen Erfolge. Der Versuch, England wieder der katholischen Kirche zu unterwerfen, scheiterte 1588 mit dem Untergang der großen Armada.
Philipp IV (1621-1665), welcher einen prächtigen Hof hielt und die Künste pflegte und förderte, nahm die kriegerische Politik Philipps II. wieder auf. Im Bund mit Österreich wollte er die Alleinherrschaft des Papsttums wiederherstellen und ein habsburgisches Weltreich errichten. Der Krieg mit den freien Niederlanden begann von neuem. Im Dreißigjährigen Krieg kämpften wieder spanische Truppen in Deutschland und Italien, und der spanische Gesandte in Wien hatte in deutschen Angelegenheiten die entscheidende Stimme. Aber das glänzende Gebäude fiel letztendlich schmählich in sich zusammen, und es zeigte sich, dass die Weltmachtallüren Spaniens nur trügerischer Schein gewesen waren.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg musste Spanien 1648 im Westfälischen Frieden die Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande und in Deutschland die Gleichberechtigung der Protestanten anerkennen. Im Pyrenäischen Frieden (1659) verlor es einen Teil der Niederlande an Frankreich, Dünkirchen und Jamaika an England. Als nach dem Tod Philipps IV. der schwächliche Karl II (1665-1700) den Thron bestieg, erhob der französische König Ludwig XIV als Gemahl von Philipps Tochter Maria Theresia Erbansprüche auf die Spanischen Niederlande, wurde aber im Devolutionskrieg daran gehindert, sich derer ganz zu bemächtigen.
Am Ende der Regierung Karls II. war die Bevölkerung auf 5.700.000 Menschen herabgesunken, aus zahllosen Ortschaften war die Bevölkerung verschwunden, ganze Landstriche glichen Wüsten. Die Staatseinkünfte verminderten sich trotz des härtesten Steuerdrucks und fast räuberischer Finanzmaßregeln so, dass der König seine Dienerschaft nicht mehr bezahlen konnte, oft nicht einmal seine Tafel. Weder Beamte noch Soldaten wurden besoldet. Aus Geldmangel kehrte man in vielen Provinzen zum Tauschhandel zurück. So sah die Lage Spaniens aus, als die Linie der spanischen Habsburger nach 200jähriger Herrschaft am 3. November 1700 mit Karl II. erlosch, das selbstverschuldete Resultat einer selbstmörderischen katholisch-absolutistischen Politik.
Es folgte der Spanische Erbfolgekrieg in dem die anderen europäischen Herrscherhäuser die Macht über die spanische Monarchie an sich zu reißen versuchten.
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[Teilweise aus Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage, 1888-1890]