Geschichte Lettlands
Seit dem 9. Jahrhundert siedelten Letten im Gebiet des heutigen Lettland. Sie lebten unter lokalen Fürsten, hatten aber keine einheitliche Regierung, was aufgrund der dadurch bedingten politischen und militärischen Schwäche schwedische, Kiewer und deutsche Interessen anzog.
Table of contents |
2 Deutscher Orden 3 Hanse 4 Reformation 5 Schweden und Polen 6 Unabhängigkeitsbewegung 7 1934-45 8 Lettische SSR 9 Erneute Unabhängigkeit |
Christianisierung
Das heutige Lettland gehörte bis ins 12. Jahrhundert zu den letzten verbliebenen heidnischen Gebieten in Europa. Die Hansestadt Lübeck begann um 1158 mit der Konstruktion einer Handelsniederlassung an der Dünamündung, der im Jahre 1185 der Versuch der Christianisierung der Letten von Bremen aus folgte. Bischof Albert I. von Buxhoeveden gründete 1202 in Riga den Schwertbrüderorden (fratres militiae Christi de Livonia), um die baltischen Gebiete zu erobern und zwangsweise zu christianisieren.
Nach der Besetzung weiter Teile des heutigen Lettland wurde mit den Schlachten von Treiden 1211 und Fellin (1217) auch die Eroberung des heutigen Estland abgeschlossen. Danach übernahm eine deutsche Oberschicht die Regierung der bestehenden kleinen Fürsten- oder Herzogtümer. Das entstandene Staatsgebilde wird als Livland bezeichnet. Zum Ende des 14. Jahrhunderts erstreckte sich das Gebiet Livlands damit auf das Territorium der heutigen Staaten Estland und Lettland. Der Name 'Lettland' (lett. Latvija, lat. Lettia, Lettonia) taucht im Mittelalter nur vereinzelt auf, verschwindet im 15. Jahrhundert nahezu völlig; er wird von 'Livland' verdrängt und erst im 16. Jahrhundert nach dem Untergang Alt-Livlands gelegentlich gebraucht, bleibt aber auch dann selten und wird erst im 19. Jahrhundert in der Literatur, seit 1918 als Staatsbezeichnung verwendet.
Deutscher Orden
Die Niederlage von 1237 des Schwertbrüderordens gegen Litauen führte zur Übernahme Lettlands durch den Deutschen Orden und der Angliederung Livlands an den Ordensstaat, wobei einige Landesteile in der Hand des Bischofs von Riga bzw. der Stadt Riga blieben.
Mit der Unterwerfung der Stämme der Liven, Kuren und Semgaller durch den Deutschen Orden kamen deutsche Einwanderer nach Livland. Diese deutsche Oberschicht stellte jahrhundertelang das Stadtbürgertum und den Großgrundbesitz und somit auch die gesamte Intelligenz.
Hanse
Im Mittelalter verbanden sich die livländischen Städte Riga usw. in der livländischen Konföderation mit der Hanse und waren wirtschaftlich durch die Ostseehandelsverbindungen nach Dänemark, Skandinavien und Russland geprägt.
Reformation
In Folge der Reformation wurde der Ordensstaat ein Herzogtum; Livland wurde dabei lutherisch. Livland (als Teil des Ordensstaates) wurde nach Ende des livländisch-litauischen Krieges im Vertrag von Wilna (28. November 1561) aufgeteilt: Estnische Landesteile gingen an Schweden, einige kleinere Gebiete fielen an Dänemark oder kamen unter polnische Hoheit; Kurland wurde als Erbherzogtum vom letzten Deutschordensmeister Herzog Gotthard Kettler unter polnischer Oberherrschaft geführt, der restliche Teil kam zum vereinten Polen-Litauen. Riga kam nach kurzer Unabhängigkeit, ebenso wie einige der dänischen Besitzungen, ebenfalls zu Polen.
Schweden und Polen
1629 eroberte Schweden Livland, Kurland blieb ein selbständiges Herzogtum unter polnischer Oberhoheit. Auch der südöstlichste Teil Livlands um Dünaburg blieb polnisch.
Der (Dritte) Nordische Krieg von 1700 bis 1721 brachte dann einen erneuten Herrschaftswechsel. Durch den Frieden von Nystad wurden Livland und Estland russische Provinzen. Durch die Dritte Polnische Teilung 1795 kam auch Kurland und Polnisch Livland (Lettgallen) zu Russland. Kurland und Livland bildeten gemeinsam mit Estland die Ostseegouvernements, die eine gewisse Sonderstellung hatten: sie waren von deutschen Oberschichten geprägt und protestantisch; die städtische Selbstverwaltung war stärker ausgeprägt.
Unabhängigkeitsbewegung
Ein erwachendes Nationalgefühl der von Russland dominierten Letten führte zu
Unabhängigkeitsbewegungen.
Im Jahre 1917 wurden Gebiete im Baltikum umstrukturiert: Livland trat seinen estländischen Teil an Estland ab, bekam dafür aber im Süden Kurland angegliedert.
Nach der deutschen Besatzung am Ende des Ersten Weltkrieges kam es zur Unabhängigkeitserklärung (18. November 1918) durch den Lettländischen Volksrat.
Die Rote Armee konnte den Anspruch der Sowjetunion gegen das von Esten und Deutsch-Balten unterstützte Lettland nicht durchsetzen und musste sich aus dem Baltikum zurückziehen.
Einem gescheiterten Putschversuch der deutsch-baltischen Minderheit folgt dann eine lettische Regierung, die am 11. August 1920 im Friedensvertrag von Rīga auch die Anerkennung durch die Sowjetunion erreichte.
Die in diesem Vertrag durch die Sprachgrenze bestimmte Grenzziehung spricht Lettland auch Lettgallen zu.
Das damals über eine tolerante Minderheitsgesetzgebung verfügende Land erlebte eine wirtschaftliche wie kulturelle Blüte.
1934-45
1934 endete diese Zeit durch einen Staatsstreich, nach dem Karlis Ulmanis autoritär regierte.
Während der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg sah sich Lettland dann zunehmend unter Druck der Sowjetunion und Deutschlands. Am 5.10. 1939 zwingt die Sowjetunion Lettland ein Beistands- und Stützpunktabkommen auf. Am 31. 10. 1939 wurde ein Umsiedelungsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Lettland unterzeichnet, von dem 48.600 Baltendeutsche betroffen waren. Die Aktion wird am 15. 12. 1939 für abgeschlossen erklärt.
Lettland geriet im Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes in die Einflusssphäre der Sowjetunion und musste der Stationierung von Sowjettruppen zustimmen, welche Lettland am 17. Juni 1940 besetzte. 100.000 Letten wurden nach Sibirien deportiert.
Eine prosowjetische Regierung ersuchte um Eingliederung in die Sowjetunion, ein Vorgang, der international als Annexion betrachtet und nicht anerkannt wurde.
1941 bis 1945 während des Zweiten Weltkriegs besetzte die deutsche Wehrmacht Lettland. Das Land trat als Generalbezirk Lettland im Rahmen des Reichskommissariats Ostland unter deutsche Zivilverwaltung, und zwar zum 25. Juli 1941 westlich der Düna (ohne Riga) und ab 1. September 1941 östlich davon. Damit begannen Vernichtungsaktionen der deutschen Besatzungsmacht und gegen Juden unter freiwilliger Beteiligung von lettischen SS-Männern, die zur fast völligen Vernichtung der Juden Lettlands führten. Auch die verbliebenen Reste der deutschen Minderheit wurden ausgesiedelt, die jahrhundertelang die Bildungsschicht des Landes gestellt hatte. Lettische Freiwillige, später Zwangsrekrutierte kämpften auf deutscher Seite. Im Herbst 1944 wurde das Land fast völlig von der Roten Armee zurückerobert. Daraufhin erfolgte eine erneute Verschleppung von Letten ins Innere der Sowjetunion. Bis 1953 wurden rund 120.000 Letten getötet, vor allem aus der Ober- und Mittelschicht, inhaftiert oder deportiert. Zehntausende entzogen sich diesem Schicksal durch Flucht in den Westen, v.a. nach Deutschland, Schweden, und später weiter in die USA und nach Australien. In diesen Ländern entstanden diverse Exilanten-Gemeinden.
Am 20. September stimmten in einem Referendum 67% der Letten für den Beitritt ihres Landes am 1. Mai 2004 zur EU, 32% stimmten dagegen und 0,7% enthielten sich, bei einer Wahlbeteiligung von 72,5%. Am 29. März 2004 wurde Lettland auch Mitglied der NATO.Lettische SSR
In der Nachkriegszeit wurde eine Lettische SSR errichtet, die vom Westen zwar nicht anerkannt, aber hingenommen wurde. In dieser Zeit versuchte die sowjetische Zentralregierung, die lettische Bevölkerung gezielt zur Minderheit in ihrem eigenen Land zu machen und siedelte Bürger aus anderen Regionen der UdSSR in Lettland an. Deshalb lebten 1989 nur noch 52% Letten, aber 34% Russen, 4,5% Weißrussen, 3,5% Ukrainer, 2,3% Polen, 1,3% Litauer im Lande. 1935 lebten 77% Letten, 8,8% Russen, ca. 5% Juden, ca. 4% Deutsche, 2,5% Polen, 1,4% Weißrussen und nur 0.1% Ukrainer im Lande.Erneute Unabhängigkeit
Im Jahr 1990 erklärte Lettland seine Unabhängigkeit, die 1991 zusammen mit der Litauens und Estlands von der Sowjetunion anerkannt wird.
Anfangs galt Lettland politisch und wirtschaftlich als instabil. Insbesondere die inzwischen restriktive Minderheitenpolitik wurde international wiederholt bemängelt. Im Laufe der 90er Jahre wurde diese jedoch europäischen Normen angepasst und die Wirtschaft erlebte einen Aufschwung.