Geschichte der Militärmusik
Kurze Geschichte der deutschen MilitärmusikVorläufer der Militärmusik war die im Altertum auf Kriegszügen und in Schlachten gebräuchliche Signalgebung durch Trompeten und hornartige Blasinstrumente, die der Nachrichten- und Befehlsübermittlung diente. Für die späteren zahlreichen Repräsentations- und Unterhaltungsfunktionen waren ferner die Tätigkeiten der im Tross jeder Armee mitziehenden Spielleute zuständig. Besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Militärmusik übten die im Mittelalter an allen Höfen angestellten Trompeter und Pauker aus, die neben dem Hofsignaldienst auch für musikalische Unterhaltung bei Tisch und anderen Gelegenheiten zu sorgen hatten. Die Zahl dieser Musiker hing vom Ansehen und von der Größe eines Hofes ab. Hatte jedoch ein Hoftrompeter einen Feldzug seines Herrn mitgemacht, so durfte er sich Feldtrompeter nennen und als solcher auch Jugendliche zur Ausbildung annehmen. Die Trompeter bekleideten zugleich eine Vertrauensstellung. Als Abgesandte ihres Herrn hatten sie auch wichtige Botschaften zu überbringen. Daraus ergaben sich die besondere Stellung bei Hofe wie auch die über Jahrhunderte geltenden Privilegien der Trompeter- und Paukerzunft, die erstmals 1623 vom römisch-deutschen Kaiser Ferdinand II erlassen wurden.
Zur Unterhaltung der Landsknechte im Felde dienten Spielleute (Trommler und Pfeifer), die mit ihren zum Teil zweckgebundenen Musikstücken zum Wecken, Begleiten des Fähnleins sowie auf dem Marsch und zur Bekanntgabe des Zapfenstreichs den Anfang der eigentlichen Militärmusik bildeten. Den Spielleuten der Landsknechte sind auch die ersten Märsche zuzuschreiben. Im 17. Jahrhundert gesellten sich zu den Spielleuten die Schalmeibläser, deren Instrumente um 1700 durch die aus Frankreich stammende Oboe ersetzt wurden. Von dieser Zeit an bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts führten alle Musiksoldaten, gleich welches Instrument sie spielten, die Berufsbezeichnung „Hautboist“. Die Oboe blieb fast während des ganzen 18. Jahrhunderts das führende Melodieinstrument der Militärkapellen. Um 1730 kamen nach und nach 2 Hörner und 1 Trompete hinzu. Mit dieser Besetzung erlebte die Militärmusik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen ersten Höhepunkt. Sie hatte zu dieser Zeit ihre festen Aufgaben, nicht nur im Felde, sondern auch bei Hofe. In diesem Zusammenhang wurde in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts insbesondere die so genannte „Harmoniemusik“ von Bedeutung. Mit der Vergrößerung des Instrumentariums zog die Klarinette in die Militärkapellen ein, verdrängte die Oboe von der führenden Melodiestimme und bildete den Grundstock für eine immer größer werdende Holzblasinstrumentengruppe.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfuhr die deutsche Militärmusik eine Differenzierung in verschiedene instrumentale Besetzungen. Aus den Hoftrompetern und Paukern, die ihre Privilegien in Preußen 1810 durch Kabinettsordre von Friedrich Wilhelm III., in Sachsen 1831 durch Aufhebung des Zunftwesens und in Österreich 1878 durch Auflösung des Vereins der Hoftrompeter verloren, entstanden die Trompeterkorps der Kavallerie; aus den Horngruppen, die den Signaldienst versahen, die Waldhornmusik der Jägertruppen. Diesen Gruppierungen war keine weitere Entwicklung beschieden. Die Jägermusikkorps hatten ihren Höhepunkt zur Zeit ihres Gründers und Förderers Johann Gottfried Rode (1797-1857). Trompeter- wie Jägermusikkorps wurden zwar 1936 bei Gründung der Wehrmacht noch einmal aufgestellt, gingen jedoch bald in Umgliederungen auf. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und später behauptete sich vor allem das Infanteriemusikkorps, die so genannte „Janitscharenmusik“. Diese Besetzung bestand 1805 in Preußen aus 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, 2 Inventionshörnern, 2 Inventionstrompeten und 2 Bassposaunen. Kurz danach kamen die Piccoloflöte, eine hohe Klarinette in Es, Kontrafagott und Serpent sowie die Janitschareninstrumente große Trommel, Triangel und Becken hinzu. Das Repertoire der Militärkapellen umfasste um 1800 vor allem kleinere Märsche, Menuette, Parthien (mehrteilige Originalkompositionen) sowie „Pieces d’Harmonies“(Bläserbearbeitungen einzelner Stücke aus bekannten Opern und anderen Kompositionen). Mit der instrumentalen Erweiterung der Musikkorps der Infanterie zum symphonischen Blasorchester in der Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte die Militärmusik zu hohem Ansehen. Vor allem der Direktor der Garde-Musikkorps in Berlin, Wilhelm Wieprecht (1802-1872), der in Zusammenarbeit mit dem Instrumentenmacher C. Moritz in Berlin die Basstuba entwickelte und damit das Bassproblem im Blasorchester löste, trug mit seinem persönlichen Einsatz für die Militärmusik und seinen zahlreichen Kompositionen und Bearbeitungen großer symphonischer Werke für Blasorchester wesentlich dazu bei. Die von den Militärkapellen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gespielten Stücke waren in erster Linie Bearbeitungen großer symphonischer Werke. Daneben Märsche (zum Teil nach Motiven oder Melodien aus Opern und anderen Werken). An großen originalen Werken -namentlich von bedeutenden Komponisten- stammen nur wenige aus dieser Zeit: z. B. L. van Beethoven, Märsche (WoO 18-24, darin der so genannte Yorck’sche Marsch); L. Spohr, Notturno op. 34; C. M. von Weber, Marsch von 1826; F. J. Gossec, mehrere konzertante Stücke und Märsche; Für den militärischen Bereich schuf Friedrich Wilhelm III. mit Kabinettsordre von 1817 eine „Armeemarschsammlung“; Sie besteht aus drei Abteilungen (genannt: Sammlungen): langsame Märsche für die Infanterie; schnelle Märsche für die Infanterie und Kavalleriemärsche.
Während sich noch im 19. Jahrhundert musikalische Auftritte der Militärmusik in Friedens- und Kriegszeiten des hohen Ansehens wegen entsprachen, hatten die Militärmusiker im 1. Weltkrieg häufig die Funktionen von Hilfssanitätern wahrzunehmen. Wo es noch zu Musikauffführungen kam, geschah dies zur Betreuung verwundeter Soldaten oder zur Auffrischung der Moral der Truppe. Die Begrenzung der Reichswehr nach dem 1. Weltkrieg auf 100 000 Soldaten bedeutete auch für die Militärmusik eine erhebliche Reduzierung sowohl hinsichtlich der Anzahl der Musikkorps als auch ihrer Besetzungsstärke. Erst die Gründung der Wehrmacht und die Wiederaufrüstung Deutschlands verstärkte die Anzahl der Infanterie- und Marinemusikkorps, zu denen ab 1935 noch Luftwaffenmusikkorps hinzukamen.
Die instrumentale Besetzung der großen Luftwaffenmusikkorps der Wehrmacht war 1955 Vorbild bei der Aufstellung der 19 Bundeswehrmusikkorps. Ihre 60 Musiker als ständige Mitglieder bildeten die größten Besetzungen, die je deutsche Musikkorps aufwiesen. Als neue Instrumente wurden die bereits in den Luftwaffenmusikkorps der Wehrmacht verwendeten Saxofone eingeführt. Daneben wurden wesentlich das Klarinetten- und das Trompetenregister verstärkt. Als weitere Einheiten kamen 1957 ein „Stabsmusikkorps“ mit 80 Musikern nebst eines Spielmannszuges, 1969 ein Ausbildungsmusikkorps sowie 1970 eine Big-Band mit 26 Musikern hinzu. Bei der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 blieb die Gesamtzahl der Musikkorps erhalten. Für die vier Musikkorps, die in den alten Bundesländern aufgelöst wurden, entstanden vier Musikkorps in den neuen Bundesländern. Fachlich unterstehen alle Musikkorps der Bundeswehr dem „Leiter des Militärmusikdienstes (Musikinspizient)“.
Quelle: Dr. Bernhard Höfele, die Deutsche Militärmusik - Ein Beitrag zu ihrer Geschichte - www.militaermusik-online.de.