Georg von Hertling
Georg von Hertling (* 31. August 1843 in Darmstadt; † 4. Januar 1919 in Ruhpolding, Oberbayern) war ein deutscher Politker und Philosoph.
Georg Friedrich Freiherr (seit 1914: Graf) von Hertling, ein aus einer katholischen, rheinpfälzischen Familie stammender Sohn eines hessichen Hofgerichtsrates, studierte Philosophie in München, Münster und Berlin, wo er 1864 promovierte. Nach seiner Habilitation 1867 in Bonn wurde der bekennende Katholik wegen des Kulturkampfes dort erst 1880 auf eine außerordentliche Professur berufen, eine Erfahrung, die dazu beitrug, daß sich H. führend an der Gründung der "Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland" beteiligte, deren Präsident er bis zum seinem Tode 1919 blieb. H. erhielt 1882 einen Ruf auf eine ordentliche Professur nach München.
Inzwischen war neben die akademische auch eine politische Tätigkeit getreten, H. gehörte von 1875-1890 und von 1896-1912 als Vertreter des Zentrums dem Reichstag an, wo er sich erst sozialpolitischen, später vor allem außen- und finanzpolitischen Fragen widmete; von 1909-1912 war er, der sich für die Ausöhnung des deutschen Katholizismus mit dem preußisch-protestantisch geprägten Nationalstaat einsetzte, Vorsitzender der Zentrumsfraktion.
Am 9. Februar 1912 berief der Prinzregent Luitpold H. zum Vorsitzenden des bayerischen Staatsministeriums; die Beauftragung eines Vertreters der Mehrheitsfraktion im Landtag mit dem Amt des Ministerpräsidenten deutete auf eine "Parlamentarisierung" Bayerns hin.
Während des Ersten Weltkriegs unterstützte H. die Positionen des Reichskanzlers Bethmann Hollweg und lehnte es 1917 nach dessen Sturz die Übernahme der Reichskanzlerschaft ab. Erst nach dem Scheitern von Bethmanns Nachfolger Michaelis übernahm der körperlich bereits hinfällige H. doch noch die Ämter des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten. Die Regierung H. schien einen weiteren Schritt zur Parlamentarisierung des Reiches darzustellen, da der neue Kanzler sein Regierungsprogramm vorab mit den Mehrheitsparteien des Reichstages abstimmen mußte und mit dem Linksliberalen von Payer als Vizekanzler und dem Nationalliberalen Friedberg als stellvertretender Ministerpräsident zwei altgediente Parlamentarier als Verbindungsmänner zu den Parteien in die Kabinette aufgenommen wurden. Doch gelang es in der Folgezeit H. weder gegen die Oberste Heeresleitung einen Frieden ohne Annexionen durchzusetzen (siehe: Friede von Brest-Litowsk, Friede von Bukarest), noch die von den Mehrheitsparteien geforderte Wahlrechtsreform in Preußen (siehe: Dreiklassenwahlrecht) voranzutreiben. Am 3.Oktober 1918 wurde H. als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident von Prinz Max von Baden abgelöst.
Aus H.'s Ehe mit Anna von Biegeleben (1845-1919) gingen ein Sohn und fünf Töchter (davon eine früh verstorben) hervor.