Generalbauinspekteur
Die Generalbauinspektion (G.B.I.) (auch GBI) war während der Zeit des Dritten Reiches die oberste Planungsbehörde, die unter Albert Speer dazu eingesetzt wurde, Berlin im Sinne nationalsozialistscher Machtpräsentationswünsche in die neue "Welthauptstadt Germania" umzugestalten.
Schon seit 1936 bearbeitete Albert Speer im Auftrag von Adolf Hitler im geheimen an Entwürfen für die Umgestaltung Berlins, die so genannte Welthauptstadt Germania. Zugleich arbeitete er auch ein Arbeits- und Personalkonzept aus, mit dem die Neubebauungspläne umgesetzt werden konnten. Bis zum 30. Januar 1937 waren die Pläne soweit fortgeschritten, dass Hitler ein Reichsgesetz erließ, in dem er die Position eines Generalbauinspekteurs für die Reichshauptstadt Berlin schuf. Zum Generalbauinspekteur ernannte er Prof. Albert Speer.
Auch bei anderen Projekten wie der Neuen Reichskanzlei in Berlin und den Bauten für die Reichsparteitage in Nürnberg arbeitete Speer schon eng mit Hitler zusammen. Er wurde als "Architekt des Führers" bezeichnet und die Position des Generalbauinspekteurs wurde ihm praktisch auf den Leib geschneidert, damit er Hitlers und seine Vorstellungen vom zukünftigen Berlin ungehindert ausführen konnte.
Schon mit der Einrichtung des Generalbauinspekteurs war dieser mit umfangreichen Rechten ausgestattet, die mehrmals erweitert wurden. Seine Aufgabe war neben der Aufstellung eines Gesamtentwicklungsplanes für ganz Berlin die Sicherstellung, dass alle Maßnahmen auch mit diesem übereinstimmten. So stand ihm ein quasi-Vetorecht bei allen Parkanlagen, Straßenzügen und Bauten zu, die das Stadtbild beeinflussen konnten. Darüber hinaus war er berechtigt, alle Maßnahmen und Anordnungen zu treffen, die zum Erreichen des geplanten einheitlichen Gesamtbildes nötig waren. Da Speer direkt von Hitler eingesetzt wurde und nur diesem gegenüber verantwortlich war, kam sein Rang dem eines Ministers gleich.
Die Germania-Planungen waren durch die rechtliche Verankerung des Generalbauinspekteurs praktisch von jeder rechtlichen Kontrolle ausgenommen, sie unterlagen weder bauplanungs- oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften, noch waren sie in das bestehende Planungssystem eingebunden. Als der Berliner Oberbürgermeister Lippert sich 1940 weigerte, von der Generalbauinspektion einseitige Weisungen entgegenzunehmen und auf einer gegenseitigen Abstimmung und Zusammenarbeit bestand, wurde dieser kurzerhand von Hitler entlassen.
Nach Schätzungen Speers hätten die Baumaßnahmen ein Volumen von insgesamt rund vier bis sechs Milliarden RM gehabt, wobei versucht wurde, die Kosten auf möglichst viele Etats zu verteilen. So hatte die Generalbauinspektion selbst ein jährliches Budget von 60 Millionen Reichsmark allein für die Planungsleistungen erhalten. Schon die Berliner Stadtverwaltung musste für die Realisierung der GBI-Planungen 1938 90 Millionen Reichsmark ausgeben, auch andere Institutionen sollten die zukünftig von ihnen genutzten Gebäude selbst finanzieren.
Um Platz für die ungeheure Menge an geplanten Neubauten zu schaffen, mussten notgedrungen ganze Stadtviertel abgerissen werden. 1937 wurde ein Gesetz erlassen, das eine Enteignung zur Neugestaltung deutscher Städte ermöglichte. Auf dieser Grundlage ging die Generalbauinspektion 1938 daran, im Spreebogen und in Tempelhof Gebäude abzureißen; trotz eines großen Wohnungsbedarfs in Berlin von mehr als 100.000 Wohnungen. Mit den Abrissen sollte Platz geschaffen werden für die neue Große Halle und den Südbahnhof in Tempelhof. 1941 sahen die Planungen der GBI vor, in Berlin insgesamt 52.144 Wohnungen für die Neugestaltung abzureißen, das wären mithin 3,63% des geschätzten Wohnungsbestandes in Berlin gewesen. Bei der damaligen Belegung wären dadurch rund 150.000 bis 200.000 wohnungslos geworden.
Da die Stellung von Ersatzwohnungen schwierig und die Entschädigungen teuer waren, kam Speer 1938 auf die Idee, die für die Umsiedlung notwendigen Wohnungen durch die zwangsweise Ausmietung von Juden verfügbar zu machen. Auf diese Art und Weise wurden in den Folgemonaten schätzungsweise 15.000 bis 18.000 Wohnungen arisiert. Die aus ihren Wohnungen vertriebenen Juden wurden größtenteils in Konzentrationslager verschleppt. Um die Aussiedlung von Juden und die Neuvergabe der Wohnungen besser organisieren zu können, wurde schließlich eine eigene Durchführungsstelle bei der Generalbauinspektion eingerichtet.
Nach dem Kriegsbeginn 1939 verfügte Speer einen generellen Abrißstop, die Räumung von Wohnungen jüdischer Mieter und Besitzer ging jedoch unvermindert weiter.
Durch die Rüstungsanstrengungen war 1938 schon eine gewisse Verknappung an Arbeitskräften zu spüren, die sich mit Kriegsbeginn noch verschärfte. Allein für die Abrißarbeiten war zur damaligen Zeit noch ein enormer Personalaufwand nötig und gleiches galt für die beginnenden Baumaßnahmen. So begann ab 1939 auch die Generalbauinspektion auf ausländische Zwangsarbeiter zurückzugreifen. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion kamen verstärkt auch Kriegsgefangene zu den Arbeitern. Einer Planung der GBI von 1940 entsprechend sollte der Einsatz der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen nach dem Krieg auf über 180.000 Personen ansteigen.
Für seine Rolle als Generalbauinspekteur bei der Verschleppung von Juden, dem Einsatz von Zwangsarbeitern und seine Funktion als Reichsminister für Bewaffnung und Munition ab 1942 wird Albert Speer bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen zu 20 Jahren Festungshaft in Spandau verurteilt, die er bis 1966 ableistet.
Hitler schrieb schon in Mein Kampf, dass heutige Städte im Gegensatz zur Antike nicht mehr über Wahrzeichen verfügten, über "Monumente des Stolzes" und vertrat die Ansicht, dass der Staat wieder stärker mit seinen Bauten in die Öffentlichkeit treten sollte. Die geplanten Monumentalbauten sollten dem NS-Staat zur Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung dienen, mit den Generalplänen für München, Linz oder eben auch für Berlin wollte er seinen Machtanspruch manifestieren. Die bisherigen Planungen sahen ein Kreuz von breiten Verkehrsachsen vor, an dessen Schnittpunkt die Reichskanzlei liegen sollte. Insbesondere die Nord-Südachse sollte als Prachtstraße ausgebaut werden. Als Ersatz für die wegfallenden Flächen in der Innenstadt sollten im Grunewald eine neue Hochschulstadt und im Süden der Stadt ein kompletter neuer Stadtteil entstehen.
Die 12 km lange Ost-West-Achse sollte von der TH Charlottenburg (heute TU Berlin) am Knie (heute Ernst-Reuter-Platz) entlang der Charlottenburger Chausee (heute Straße des 17. Juni) über den Großen Stern, über das Brandenburger Tor und Unter den Linden bis zum Frankfurter Tor verlaufen. Auf Intervention Hitlers wurde aber die östliche Fortführung verworfen. An der Museumsinsel sollte die Ost-West-Achse im eine Reihe von Museumsbauten erweitert werden, am Kupfergraben war ein Weltkriegsmuseum und ein Rassekundemuseum vorgesehen.
Die Ost-West-Achse war der erste Teil der Planungen, die 1939 fertiggestellt wurde. Die Charlottenburger Chausee wurde entsprechend der vorgesehenen Verkehrslast von 80 auf 200 m verbreitert, am großen Stern wurde die Siegessäule aufgestellt, die ursprünglich auf dem Königsplatz vor dem Reichstag stand. Bei dieser Gelegenheit wurde sie gleich um 6,5 m erhöht. Da keine Beleuchtung die Straße überspannen sollte, entwarf Speer eine Straßenbeleuchtung links und rechts der Straße, die heute noch steht.
Als eigentliche Prachtstraße war die Nord-Süd-Achse vorgesehen, die von einem neuen Nordbahnhof im Norden Moabits bis zu einem ebenfalls neuen Südbahnhof in Tempelhof reichen sollte. Neben dem Nordbahnhof war ein 1.200 x 400 m großes Wasserbecken vorgesehen, hinter in dem sich die Große Halle im Wasser spiegeln sollte. Im Spreebogen, etwas nördlich des Reichstages war das wichtigste Gebäude der Germania-Planungen vorgesehen, die Große Halle. Das dem Pantheon in Rom nachempfunden Gebäude sollte eine Höhe von 320 m erreichen, der Innenraum einen Durchmesser von 250 m. Der im Inneren gedachte "Kultraum" sollte bis zu 180.000 Menschen Platz bieten; er hätte wegen seiner schieren Größe sein eigenes Klima gehabt. Der Vorplatz der großen Halle sollte Adolf-Hitler-Platz heißen, eingefasst von zahlreichen wichtigen Verwaltungsgebäuden, darunter die neue Neue Reichskanzlei und das Reichstagsgebäude, klein im Vergleich zu den anderen.
Auf der 120 m breiten Nord-Süd-Achse war bis zum Südbahnhof noch ein kolossaler Triumphbogen vorgesehen, der 117 m hoch und 170 m breit werden sollte, im Anschluss daran die so genannte Beutewaffenallee einen triumphalen Abschluss bilden. Entlang der Nord-Süd-Achse sollten alle wichtigen Reichs- und Parteibehörden angesiedelt werden
Im Grunewald, südlich des Olympiastadions wurde 1937 mit dem Bau der Wehrtechnischen Fakultät begonnen. Sie war als erster Teil einer großen Hochschulstadt geplant, die die Wehrtechnische Fakultät nach Westen fortsetzen sollte. Als Teil der Hochschulstadt war ein gigantisches, an die Akropolis erinnerndes Auditorium Maximum, die Langemarckhalle geplant. Außerdem der große Neubau einer Universitätsklinik, die als Ersatz für die in der Stadt wegfallende Charité dienen sollte.
Die Wehrtechnische Fakultät ist nicht über einen Rohbau hinausgekommen, dessen Ruine nach dem Krieg mit Trümmerschutt überdeckt wurde. Heute liegt an dieser Stelle der 120 m hohe Teufelsberg, ein Naherholungsgebiet. Der Trümmerschutt wurde mit tausenden von Bäumen bepflanzt und von seiner Spitze haben die amerikanischen Streitkräfte jahrelang den Funkverkehr im Ostblock belauscht.
In Verlängerung der geplanten Nord-Süd-Achse war die so genannte Südstadt vorgesehen, hier sollten Wohnungen für ca. 210.000 Einwohner und Arbeitsplätze für ca. 100.000 Arbeiter geschaffen werden. Die Südstadt sollte über den begonnenen Autobahnring angebunden werden. Der Autobahnring, der von der Generalbauinspektion vorgesehen war, wurde auch nach dem Krieg weitergebaut.Entstehung der GBI
Reichshauptstadt Germania
Ost-West-Achse
Nord-Süd-Achse
Wehrtechnische Fakultät und Hochschulstadt
Südstadt