Günther Anders
Günther Anders (* 12. Juli 1902 als Günther Stern in Breslau (heute Wroclaw, Polen); † 17. Dezember 1992 in Wien) war ein bedeutender Philosoph und Essayist des 20. Jahrhunderts.Statt sich der Philologie und Interpretation der Philosophiehistorie zuzuwenden, wie es die Mehrzahl der Philosophieprofessoren traditionell tut, stellte er sich konsequent den neuen technischen und ethischen Herausforderungen der Gegenwart, besonders des Nachkriegszeitalters. Der Pionier der Technologie- und Medienphilosophie und Pazifist war außerdem Mitbegründer und führende Persönlichkeit der Antiatombewegung. Sein noch heute aktuelles, durchgehendes Hauptthema war die "Zerstörung der Humanität". Auch als Erzähler und Lyriker trat er hervor, wofür er in den USA ungleich bekannter ist denn als kritischer Philosoph.
Table of contents |
2 Philosophie 3 Einordnung und Würdigung 4 Literarische Preise 5 Bibliografie 6 Sekundärliteratur 7 Siehe auch 8 Weblinks |
Günther Stern war der Sohn eines jüdischen deutschen Psychologenehepaares (William Stern und Clara Stern), das in ihr renommiertes Standardwerk "Psychologie der frühen Kindheit" viele akribische Beobachtungen an ihm und seinen Geschwistern einfließen ließ. Als 15-jähriger erlebte er die erste prägende Zäsur seines Lebens in Gestalt verstümmelter Soldaten und Opfer des 1. Weltkriegs am Wege während einer Frankreich-Einsatzfahrt mit Gleichaltrigen. Das machte ihn, sagt er, zum lebenslangen Antikriegskämpfer, Moralistenen und Völkerbundbefürworter. Zu dritt gründeten sie 1917 "Europa Unita", den Bund für ein vereinigtes Europa ohne Grenzen.
Er studierte Philosophie bei Martin Heidegger und Edmund Husserl, und promovierte als 21-jähriger bei letzterem 1923 an der Universität Freiburg über Phänomenologie. Danach lebte er einige Jahre von philosophisch-essayistischen Vorträgen, journalistischer und belletristischer Arbeit für Fachzeitschriften, Radio und Zeitungen von Paris bis Berlin. Beim hauptstädtischen damaligen Börsen-Courier schrieb er besonders nach seiner Eheschließung mit Hannah Arendt 1930 derart viel, dass der Feuilletonchef fand, sie könnten nicht die Hälfte der Artikel unter seinem Namen bringen. Das war die Geburt des Künstlernamens Günther Anders.
Zugleich arbeitete er an einer systematischen philosophischen Anthropologie sowie an Themen der Natur- und Kunstphilosophie. Im Jahr 1930 beabsichtigte er sich in Frankfurt am Main bei Paul Tillich oder Karl Mannheim mit einer Musikphilosophie zu habilitieren. Beide hätten gewollt, berichtete er 1979 im Gespräch mit Mathias Greffrath, aber ihn vertrösten wollen, ein, zwei Jahre später, wenn die Nazis abgewirtschaftet hätten, die akademischen Prozeduren in Ruhe vorzunehmen. Es kam anders.
Wegen der einsetzenden systematischen Judenverfolgung emigrierte er noch im März 1933 nach Paris. Dies, die Machtergreifung Hitlers sowie die Meldung über die Einrichtung von Konzentrationslagern, war nach seiner eigenen Darstellung die zweite große Zäsur seines Lebens, die ihn erbitterte und zum ausgeprägt politischen Menschen und Schriftsteller machte. Während er in den drei Pariser Jahren an dem aus Geschichten komponierten Roman "Die molussische Katakombe" über die Wirkmechanismen des Nationalsozialismus schrieb, entstand aus der Feder seiner Ehefrau das Buch "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft", aus denen sie sich gegenseitig vorlasen. Das einzige deutschsprachige Verlagshaus in Paris, von Parteimarxisten geleitet, lehnte eine Publikation ab, da es nicht "linientreu" sei. Auch die Novelle "Learsi" über die Außenseitersituation der jüdischen Menschen, im Frühjahr 1933 entstanden, kam nicht unter. Nahezu einzig der Vortragstext "Pathologie de la Liberté" erschien 1936 in der Fachzeitschrift "Recherches Philosophiques". Jean-Paul Sartre hat diesem Text Einfluss auf die Entstehung seines Existenzialismus eingeräumt.
Unter den wirtschaftlich wie menschlich sehr schweren Bedingungen des gemeinsamen Quartier Latin-Lebens zerbrach schließlich die Ehebeziehung und beide emigrierten 1936 in Erwartung eines heraufziehenden neuen Weltkriegs weiter nach New York. Sein Vater William Stern, der eine Professur in in North Carolina bekommen hatte, half ihm in der ersten Zeit. Ärger mit der US-Bürokratie, die ihm, der nie Marxist gewesen war, bereits vor der McCarthy-Zeit wegen linker Verdächtigungen die Einbürgerungspapiere erst nach vielen Jahren gewährte, und vielerlei Gelegenheitsarbeiten prägten die folgenden 11 Jahre im transatlantischen Exil. Außer seiner Ex-Frau Hannah Ahrend und Herbert Marcuse, so berichtet er 1979, seien alle deutschsprachigen prominenten Emigranten nicht zur englischen Sprache gewechselt, vielmehr in der eigenen Muttersprache verankert geblieben und hätten weiter deutsche Literatur geschrieben. Die deutsche Sprache sei in 14 Exiljahren sein eigentliches Zuhause gewesen.
Günther Anders war Hauslehrer bei Irving Berlin, versuchte sich mehrfach erfolglos als Drechbuchautor für Hollywood, war Museumsmitarbeiter, arbeitete zeitweise in Fabriken in Los Angeles. Über seine lebendigen, genauen Schilderungen in den Tagebüchernn hinaus hat er die dort gemachten Erfahrungen fruchtbar gemacht in seinem Hauptwerk "Die Antiquiertheit des Menschen". Um einen Job beim damaligen "Office for War Information" (OWI) anzutreten, kehrte er aus Kalifornien nach New York zurück. In dieser Regierungsstelle wurden in vielen Sprachen jene Informationen und Propagandasendungen hergestellt, die in das von den Nazis besetzte Europa hinein per Rundfunk verbreitet werden sollten. Nach mehreren Monaten warf der unbeugsam gewissenhafte Philosoph den Bettel hin mit der Begründung, er sei nicht vor dem Faschismus geflohen, "um nun amerikanische faschistische Broschüren für Deutschland herzustellen" (Original-Zitat aus M. Greffrath 1979). Es gelang Günther Anders zu guter Letzt doch, einen akademischen Job als Dozent ("lecturer") zu ergattern. Seine Vorlesungen an der New Yorker New School for Social Research handelten von Kunstphilosophie.
Die Gegenstandsbreite seiner Vortrags- und Seminarreihe umfasste Interpretationen zu Rembrandts Gemälde "Segen Jakobs" ebenso wie Analysen von Liedern Franz Schuberts. Sie galt zugleich als sensationell wie auch als suspekt. In der extrem arbeitsteiligen US-Tradition war diese europäische Art breiter Allgemeinbildung nicht üblich. Für die Studenten, die ständig mit einer Fülle von Zwischenprüfungen zu kämpfen hatten, machte es die Breite des Stoffgebiets unerwünscht schwieriger. Auch die Störung der studentischen Spontaneität durch Breitbandgebrauch der psychoanalytischen Redeweisen (Ödipus-Komplex) als Dietrich für alles und jedes vermerkt Günther Anders. Über seine ergiebigen Beobachtungen an der studentischen US-Jugend der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts schreibt er ein scharfsinniges Buch "Lieben heute", veröffentlicht unter dem Titel "Lieben gestern", auf deutsch erstmals 1986 publiziert.
Der 6. August 1945, der Tag des Abwurfs der Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima, markiert den dritten Wendepunkt im Leben des Günther Stern-Anders, den "Tag Null einer neuen Zeitrechnung" (original zitiert nach Greffrath 1979). Er sagt, er habe zunächst als Schriftsteller jahrelang nicht darauf reagieren können, weil seine Seele, sein Vorstellungsvermögen, sogar sein Körper "streikte". Denn rein intellektuell verstanden hatte er sehr wohl, da ihm ein Kernphysiker den potentiellen Sachverhalt bestätigt hatte, dass nun eine Möglichkeit in der Welt sei, das gesamte Leben auf der Erde schlicht auszulöschen. Erst nachdem er nach Europa dauerhaft zurückgekehrt war, im Jahr 1950 gelang ihm eine Darstellung des Ereignisses. Es wurde daraus das Kapitel "Über die Ursachen unserer Apokalypseblindheit" in der "Antiquiertheit des Menschen, Band I". Dies wurde bestimmender Ausgangspunkt der weiteren viereinhalb Jahrzenhnte seines Schaffens.
Günther Anders lebte ab 1950 dauerhaft in Wien und wurde "naturalisierter" österreichischer Staatsbürger. Weder das Deutschland Adenauers noch Ulbrichts DDR gefielen ihm als Lebensumfeld. Die ihm von Ernst Bloch angetragene Professur für Philosophie in Halle (Saale) in der DDR schlug er aus, da er schon seit Freiburger Tagen "unter Allergie gegen stereotype philosophische Schulausdrücke litt, dort gar nicht meinen Mund würde aufmachen können" (O-Ton in Greffrath 1979). Er zog es vor, seinen und seiner zweiten Ehefrau Lebensunterhalt als freiberuflicher Schriftsteller zu verdienen. Vor allem als Rundfunkautor und als Bühnenstück-Übersetzer kam Geld herein. Seine "ernsthafte" Arbeit allerdings sah er - wie Franz Kafka - nicht in der Erwerbsarbeit, die er sehr gut machte, vielmehr in seinen Tagebüchern, philosophischen Gedankenformgebungen und Büchern. Sein Buch "Kafka pro und kontra" erschien 1951 beim Beck-Verlag in München.
Er blieb sich treu, porträtierte das Nachkriegs-Wien und seine Menschen, die Verwerfungen durch den Nationalsozialismus. Der erste Band seines Opus Magnum "Die Antiquiertheit des Menschen" erschien 1956. Als politische Persönlichkeit war er Mitinitiator der internationalen Antiatombewegung, fuhr 1958 persönlich zum Jahrestag nach Hiroshima. Seine Erlebnisse und Gedanken dort schilderte sein "Der Mann auf der Brücke" von 1959, heute im 1982 publizierten Buch "Hiroshima ist überall" enthalten. Er begann 1959 mit dem verantwortlichen ehemaligen Bomberpiloten Claude Eatherly einen Offenen Briefwechsel ("Off Limits für das Gewissen"). Dieser fühlte sich nachträglich schuldig und von den Tausenden von Toten verfolgt, unternahm zwei Selbstmordversuche und war ausgesprochen dankbar, endlich auf einen "verstehenden" Briefpartner zu treffen. Einen Ruf auf eine Professur an der Freien Universität Berlin schlug Günther Anders 1959 aus.
Leben
Bücher über George Grosz 1961 und Bert Brecht 1962, die er aus seiner Berliner Zeit sowie aus dem Exil persönlich kannte, folgten, verlegt in der Schweiz. Ein sich mit Auschwitz und der prozessualen Aufarbeitung der gewesenen Morde befassendes Buch "Wir Eichmannsöhne" erschien 1964. "Philosophische Stenogramme" 1965 brachte eine Vielzahl seiner passageren, kurzen Essays und Beobachtungs-Notate, ähnlich denen Theodor W. Adornos. Die "Tagebücher 1942-1966" wurden 1967 publiziert, im Jahr darauf "Der Blick vom Turm. Fabeln" (1968, überwiegend nicht an La Fontaine sondern an Brecht und Jonathan Swift erinnernde, gewitzigte Swiftiaden. Zur gleichen Zeit war Anders an Lord Bertrand Russells Tribunal gegen Kriegsverbrechen (Russell-Tribunal) als Juror beteiligt. Sein 1968 vorgelegtes Essay-Buch "Visit beautiful Vietnam" entsprach dem Zeitgeist der Studentenbewegung, enthielt viele Fakten und Reflektionen von einem profunden Kenner der Sache zusammengestellt.
Ebenfalls ganz auf der Höhe der Zeit und Technikentwicklung war sein nächstes Buchprojekt "Der Blick vom Mond. Reflexionen über Weltraumflüge" 1970, das die erste menschliche Mondlandung kulturwissenschaftlich untersuchte. Zwei Jahre später kam "Endzeit und Zeitenende. Gedanken zur atomaren Situation" 1972 auf den Buchmarkt, das in der zweiten Auflage 1981 dann in "Die atomare Drohung" umbenannt wurde. Ein Kapitel in dem von Hans Jürgen Schultz herausgegebenen Sammelband "Mein Judentum" stammt von Anders, schildert seine Herkunftserinnerungen im liberalen Reformjudentum. Beim Suhrkampverlag kam 1978 seine "Kosmologische Humoreske. Erzählungen" heraus, bei C.H. Beck 1979 "Besuch im Hades. Auschwitz und Breslau 1966. Nach Holocaust 1979", das sich mit der Erinnerungskultur an den Orten des vergangenen Terrors und Mordens im Heute befasste. Ebenfalls 1979 kam das für diese Biografie so ergiebige Rowohltbuch "Die Zerstörung einer Zukunft. Gespräche mit emigrierten Sozialwissenschaftlern" von Mathias Greffrath auf den Markt.
Der zweite Band seines Hauptwerks "Die Antiquiertheit des Menschen: Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution" erschien 1980. Es enthält nach einer Einleitung, in der "Die drei industriellen Revolutionen" erläutert werden, insgesamt 25 Essays in der vollen Breite zeitgenössischer Technik, Wissenschaft und Humanitätsvorstellungen. Die Themen reichen von Aussehen, Produkte, Sinn über Materialismus, Arbeit, Privatheit, Freiheit bis hin zu Raum und Zeit, Sterben und philosophische Anthropologie. Die Essays widmen sich jeweils der Untersuchung und Beweisführung, wieweit eine Antiquiertheit der überkommenen, bislang für gültig gehaltenen Begriffe und Vorstellungen zu diesen Pfeilern der Wirklichkeitskonstruktion vorliegt. Renommee und öffentliche Aufmerksamkeit für Günther Anders stiegen. Dennoch blieb er angesichts der nicht leichtverdaulichen Lesekost ein Geheimtipp für besonders Interessierte.
Neben Zweitauflagen füherer Bücher zu Hiroshima und Atomzeitalter unter neuem Namen erschienen Anfang der 80er Jahre die "Ketzereien" 1982, die der erlebten Begegnung und Auseinandersetzung mit Vertretern der Religionen und Weltanschauungen heitere, undogmatische Seiten abgewannen. Zwei Jahre später kam auch bei C.H. Beck in München "Mensch ohne Welt. Schriften zur Kunst und Literatur" 1984 sowie beim Diogenes-Verlag Zürich "Das Günther Anders Lesebuch", welches einen exzellenten Einstieg und Querschnitt in Anders Formen- und Themenvielfalt ermöglicht. "Tagebücher und Gedichte" kam 1985 auf den Buchmarkt, danach die essayistische Studie "Lieben gestern. Notizen zur Geschichte des Fühlens" 1986. Eine weitere literarische Facette bot "Mariechen. Eine Gutenachtgeschichte für Liebende, Philosophen ..." 1987.
Das voluminöse Frühwerk aus den 30ern, der aus Geschichten komponierte Roman "Die molussische Katakombe" kam erst 1992, dem Jahr an dessen Ende Günther Anders sein langes, produktives Leben beschloss, in die Buchläden und Bibliotheken. Es bietet eine der tiefschürfensten Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus, den psychologischen Wirkmechanismen die ihn ermöglichten und die ehemaligen Prognosen widerlegten. Posthum aus dem Nachlaß veröffentlicht folgte 2001 "Über Heidegger", die Auseinandersetzung mit seinem Hochschullehrer vor 1920/21, der damals in der deutschen akademischen Philosophenzunft als führend galt und heute sehr umstritten ist. Und 2002 kam mit "Übertreibungen in Richtung Wahrheit. Stenogramme, Glossen, Aphorismen" ein weiteres Buch aus dem Nachlass.
· Prometheische Scham - Technikphilosophie
Günther Anders ist einer der eigenständigsten, gewissenhaftesten und traditionsskeptischten unter den deutschsprachigen Philosophen und Essayisten des 20sten Jahrhunders gewesen. Sein Leben umspannte eine glückliche Kindheit vor dem ersten Weltkrieg, schaffensfrohe, anregungsreiche junge Erwachsenenjahre in der Weimarer Republik, eine Verdüsterung durch die Nazizeit und seine Emigrantenjahre in Paris und USA, seine lebenslange Selbstverpflichtung zur Bewahrung der Welt vor der Auslöschung nach Hiroshima, sein überaus produktives literarisches, politisches und philosophisches Schaffen in gut viereinhalb Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg. Unbeirrbar durch Erschwernisse, von einem hohen Pflichtethos, sich selbst und der Wahrheit nach bestem Wissen und Gewissen treu zu bleiben, weigerte er sich, zum Opportunisten zu werden und bequeme Wege einzuschlagen. Zweimal schlug er den Beamtenstatus eines Professors aus, behauptete sich lieber als freiberuflicher Literat am Markt und blieb dabei doch abseits der Traditionen, Moden, Schnellschüsse und trivialen Bestseller. Ein "Dünnbrettbohrer" war er nie.
Als Philosoph ging er überwiegend abseits der Schulen und Traditionslinien, ein Solitär wie Michel de Montaigne. Seine Autonomie-Betonung erinnert an Jean-Paul Sartre, sein Pflichtethos an Kant und Marc Aurel, seine kämpferische aufklärerische Grundhaltung und Politikkritik einschließende Weltoffenheit an Voltaire, seine Liebe zum Detail an seinen Phänomenologie-Lehrer Husserl. Er beackerte Bereiche der Erkenntnistheorie, Ethik, Conditio Humana und Lebenskunstphilosophie, die sich aus den historisch neuen technischen und industriegesellschaftlichen Rahmenbedingungen nach dem 2. Weltkrieg ergaben. Er wurde darin zum Pionier der Technikkritik und Medienphilosophie, die er eigenständig und neu begründete. Da er sich nicht davor scheute, nicht nur seine Thesen und Reflexionen kompromisslos unverwässert zu vertreten, auch politisch immer klar Stellung zu nehmen, wurde er von den Massenmedien und damit auch vom breiten Publikum als "schwierig" wahrgenommen und wenig beachtet. Bei seinen akademischen Kollegen Philosophen galten schon seine Themen als untauglich und unerwünscht, denn sie waren gewiss nicht auf ein akademisches Karrieremachen berechnet. Erst allmählich finden nachwachsende Generationen, dass die philophische Beschäftigung mit Medientheorie, Industrie-Ästhetik, Technik und Krisenerfahrung, die gerade sein Denken auszeichnete, erlaubt neue wissenschaftliche Wege zu gehen. Dabei wäre Günther Anders, wenn nicht Nazizeit, Exil und Hiroshima ihn zu lebensgeschichtlichen Wendepunkten veranlasst hätten, viel lieber eine Koryphäe der Kunstphilosophie und philosophischen Anthropologie geworden. Gerade in dieser Richtung hat er ja viele Texte hinterlassen.
Anders erhielt zahlreiche Literaturpreise, u. a. den Amsterdamer Novellenpreis der Emigration (1936), den Premio Omegna der Resistanza Italiana (1962), den Deutschen Kritikerpreis (1967), den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1978), den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik (1979), den Preis der Stadt Wien für Kulturpublizistik (1980) und den Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt (1983).
Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, Anarchismus, Antiatombewegung, Antifaschismus, Noam Chomsky, Emigration, Exil, Hiroshima, Medienphilosophie, Neil Postman, Horst-Eberhard Richter, Technikkritik, Zukunftsblindheit
Philosophie
methodische Ansätze
Inhalte
--> Identität des Menschen besteht darin, keine Identität zu haben
--> Voraussetzung zur Freiheit und zur Schaffung einer eigenen Welt/Umwelt, Wissenschaft, Kunst, Technik, Historizität
--> Kompensation der Folgen erforderlich, vgl. Freizeitkultur, (Extrem-) Sport
Beispiele
--> Bumerang Effekt: Wenn die Welt sich nach dem Bild richtet, die Wirklichkeit zum Abbild verzerrter Bilder wird – dann stimmt es plötzlich, was im Fernsehen zu sehen war. Die Lüge hat sich wahr gelogen.
--> menschlicher Traum erfüllt: Allmacht (aber negativ) wir besitzen die Macht, einander das Ende zu bereiten: Herren der Apokalypse
Moral
--> keine blinde Technikfeindlichkeit, sondern vernünftige Reflexion, wichtig: Aktion, notfalls mittels Gewalt
--> „Keine Arbeiten anzunehmen und durchzuführen, ohne diese zuvor darauf geprüft zu haben, ob sie direkte oder indirekte Vernichtungsarbeiten darstellen,; die Arbeiten, an denen wir gerade teilnehmen, aufzugeben, wenn diese sich als solche direkten oder indirekten Vernichtungsarbeiten erweisen sollten.“ (die atomare Drohung, S. 137)
Aufschlussreiche Originalzitate
Einordnung und Würdigung
Literarische Preise
Bibliografie
Sekundärliteratur
Siehe auch
Weblinks