Freie Liebe
Die freie Liebe definiert Sexualität als natürliches Körperbedürfnis, das frei von gesellschaftlichem Druck und Zwängen ausgelebt werden soll.Dazu gehört, dass sexuelle Beziehungen ausschließlich von den an ihnen Beteiligten definiert werden und ansonsten keinen Vorgaben unterliegen, was etwa die Dauer, die Anzahl der Beteiligten und die Intensität betrifft. Theoretisch hat Wilhelm Reich mit seiner Analyse der von ihm so bezeichneten sexuellen Zwangsmoral und seinen Schriften zur sexuellen Revolution zur Idee der freien Liebe ebenso beigetragen wie Herbert Marcuse, der sich für freie Ausübung der Sexualität und, damit verbunden, eine Auflösung der Kleinfamilie aussprach.
Marcuse und Reich beeinflussten wesentlich die Sexuelle Revolution und die Hippie-Bewegung, die sich selbst auch als love generation bezeichnete und mit dem Slogan Make love - not war unter anderem gegen die etablierten gesellschaftlichen Normen protestierte. Diese Forderungen nach freier Liebe stießen auf zeitgleich stattfindende Liberalisierungen der gesellschaftlichen Realität, die in der Sexwelle, also der Sexualisierung größerer Lebensbereiche und in der Kommerzialisierung sexueller und körperlicher Bedürfnisse ihren Ausdruck fanden und nur teilweise mit der ursprünglichen Forderung nach freier Liebe als Ausdruck der Gesamtpersönlichkeit und freier Liebe als Protest gegen sexuelle und gesellschaftliche Beschränkungen harmonierten.
Bereits der Frühsozialist Charles Fourier (1772-1836) propagierte Gemeinschaften (Phalanstères), in denen Menschen gemeinsam leben und arbeiten sollten, unter anderem motiviert und zusammengehalten durch die freie Liebe. Aus solchen Überlegungen heraus entwickelts ich die Bewegung der Polyamorie.
Befürworter des Konzepts freier Liebe führen an, sie hätten die Spontaneität menschlicher Liebe und Sexualität endlich von den Zwängen einer bürgerlich und religiös definierten Moral befreit. Liebe sei das, was gemeinsam Spass mache und Lust bereite, unabhängig von den dabei angewandten Mitteln und Wegen der sexuellen Bedürfnisbefriedigung.
Themen wie vorehelicher Geschlechtsverkehr, wilde Ehen, gemischte Wohngemeinschaften, Homosexualität, Fremdgehen, Ehescheidungen wurden zu einem gewissen Grade durch die Bewegung der freien Liebe in der Gesellschaft und Gesetzgebung enttabuisiert.
Von Kritikern wird eingewandt, dass die menschliche Freiheit nicht unbegrenzt sei und auch die menschliche Sexualität eine Zielbestimmtheit (Finalität) aufweise, die nicht willkürlich umdefiniert werden könne. Die Kehrseite der in der so genannten "freien Liebe" intendierten Auflösung der Kleinfamilien seien zerrüttete Ehen und Familien, ohne andere Möglichkeiten eines solidarischen Miteinander zu finden.
siehe auch: Swingerclub, Seitensprung, Sexualmoral, Kommune 1, Nacktheit